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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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die Vertuschung dieses Skandals zu verhindern. Und waren der Bürgermeister, der Umweltstadtrat und Qualtinger zu Beginn noch verärgert wegen der Anrufer gewesen, hatten sie ihren Zorn nach und nach auf das ihrer Meinung nach auslösende Moment dieses ganzen Schlamassels gerichtet: Patrick Berger. Gesagt hatte natürlich keiner etwas, aber die Blicke, die sie ihm zuwarfen, bestätigten Bergers These. So wie es aussah, hatte er nur noch einen einzigen Verbündetenim Kampf seines Lebens: Bernhard Schrempf. Eben jenen Schrempf, der ihn vor wenigen Minuten angerufen hatte, um ihm mitzuteilen, dass sich der Behälter immer noch in der Fabrik befinde, da Baumgartner und diese Journalistin zu früh ins Büro zurückgekehrt waren. Berger hatte einen Fluch unterdrückt und Schrempf angewiesen, sich irgendwo in der Fabrik zu verstecken und auf eine neuerliche Chance zu warten. Patrick Berger hob den Kopf, den er die letzten paar Minuten zwischen seinen Händen vergraben hatte, und starrte genau in dem Moment nach vorne auf die anderen, als der Bürgermeister aufgeregt auf den Fernseher deutete und sagte: „Baumgartner steht auf der Terrasse und hält eine Rede!“
    â€žGott sei Dank“, sagte Dolores Hightower, als sie Karl Michael Baumgartner auf der Terrasse auftauchen sah. „Jetzt wird er vernünftig.“
    â€žSie meinen, er gibt endlich auf?“, fragte Widmaier.
    Hightower schüttelte den Kopf und lachte. „Nein“, sagte sie, „der gibt noch nicht auf. Der ist auf einer Art Mission.“
    â€žUnd was ist daran so toll?“, fragte Drechsler.
    â€žEr tut genau das, was ich an seiner Stelle auch tun würde“, sagte Hightower.
    â€žNämlich?“, fragte Kollaritz und kraulte Nubia, die sich an sein Bein schmiegte, hinter den Ohren.
    â€žEr stellt Bedingungen“, sagte Hightower mit einem triumphierenden Lächeln.
    Dolores Hightower und der etwas pummelige Mann, der sich als Daniel Kollaritz, Arzt und Baumgartners bester Freund, vorgestellt hatte, waren vor ein paar Minuten neben Drechsler und Widmaier aus der Dunkelheit aufgetaucht, gefolgt von Nubia, die steifbeinig hinter ihnen hergetrottet war, die Nase immer dicht über dem Boden. Nachdem sich alle vorgestellt hatten, hatte die Amerikanerin erklärt, die Menschenmassen würden ihnen auf die Nerven gehen und sie würden die Gesellschaft von zwei schweigsamen Polizisten vorziehen, falls es genehm war. Es war.
    Jetzt standen sie alle zusammen vorne an der Straße, an das rostige Absperrgitter gelehnt, das die Straßenbahngleise von der Straße trennte, und starrten gebannt hinüber zur Fabrik, auf deren Terrasse vor wenigen Augenblicken Karl Michael Baumgartner aufgetaucht war, mit wirrem Haar, nach wie vor nur mit einem T-Shirt und einer Trainingshose bekleidet.
    â€žDas scheint Sie ja richtiggehend zu freuen, dass er Bedingungen stellt“, sagte Kollaritz, der ganz nah bei Hightower stand, was diese nicht zu stören schien.
    Hightower wedelte ein paar aufdringliche Mücken vor ihrem Gesicht weg, woraufhin Drechsler sich eine seiner Nelkenzigaretten anzündete, in der Hoffnung, die kleinen Monster durch den Rauch fernzuhalten. Hightower fächelte sich ein wenig von dem Rauch zu, ehe sie Kollaritz einen mitleidigen Blick zuwarf und sagte: „Das einzig Vernünftige, das Ihr Freund tun kann.“
    â€žVersteh ich nicht“, sagte Kollaritz.
    â€žDas hält ihm die WEGA für eine Weile vom Hals“, sagte Widmaier und richtete sich ein wenig auf, da das Gitter sich unter seinem Gewicht bedenklich zu neigen begann.
    Drechsler blickte hinüber zur Fabrik und sein Herzschlag beschleunigte sich, als er an Maria dachte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass dieser dünne, so harmlos aussehende junge Mann dort auf der Terrasse ihr etwas antun könnte. Er erinnerte sich an ihr Haar, diesen strubbeligen dunklen Pelz auf ihrem Kopf, und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Mach dir keine Sorgen, sagte er sich. Soweit er Maria kannte, musste das, was sie umhauen konnte, erst noch erfunden werden.
    Er nahm einen Zug von seiner Zigarette, blies den Rauch in die dunkle Nacht, deutete mit dem Kinn über die Straße und sagte: „Bin gespannt, was er zu sagen hat.“
    Was unten, im Labor, vor einer knappen halben Stunde, als spontaner Einfall begonnen hatte, hatte sich auf dem Weg nach oben in Bergers Büro allmählich

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