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Kolibri

Kolibri

Titel: Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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der sich das Gesicht mit einem Taschentuch abwischte, das er anschließend in seiner Hose verschwinden ließ.
    â€žDarf ich vorstellen?“, sagte Fritz und deutete auf den stämmigen Mann. „Das ist Erich Widmaier, Freund und Kollege.“
    Maria nickte ihm zu.
    â€žSie sind die Reporterin, richtig?“, sagte Widmaier und begutachtete sie kritisch.
    â€žRichtig“, sagte Maria, „und ich hoffe, ich habe den Test bestanden.“
    â€žMit Bravour“, sagte Widmaier und zwinkerte Drechsler zu.
    Drechsler, dem das Ganze unangenehm war, griff in seine Tasche und umklammerte die Kette. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, sie ihr zu geben, dachte er, aber er wollte den Moment ein wenig zelebrieren und Maria das Geschenk nicht einfach so in die Hand drücken, vor Erich, der nur wieder einen blöden Kommentar abgeben und die Stimmung zunichte machen würde.
    â€žWer war denn der Typ, der es plötzlich so eilig hatte wegzukommen?“, fragte Widmaier.
    â€žNiemand“, sagte Maria, „nur so ein Penner.“
    â€žEin Penner mit Timberlands?“, fragte Widmaier.
    â€žEin Wichtigtuer“, sagte Drechsler und merkte zu seinem Erstaunen, dass er sauer war. Da riefen sie ihn an, an seinem freien Abend, Erich und er rasten hier raus, zu einem gottverdammten
Friedhof
, und dann stellte sich heraus, dass bereits ein anderes Team hier war. Ein Fehler in der Kommunikation, hatte die lapidare Erklärung gelautet. Fritz hatte gerade sein Handy gezückt, um Maria anzurufen, als er sie gesehen hatte, neben einer Gruppe Polizisten, bedrängt von einem Mann. Obwohl Fritz dem Typen am liebsten von hinten eine in die Nieren geknallt hätte, hatte er sich zusammengerissen und versucht, die Situation halbwegs elegant zu lösen, aber dieses strahlende, überlegene Grinsen des Reporters hatte sein Vorhaben vereitelt.
    â€žDu solltest dich in solche Sachen nicht so reinsteigern“, sagte Widmaier und klopfte ihm auf die Schulter. „Ist doch nur ein Niemand.“
    â€žIch mag solche Typen nicht“, sagte Drechsler und kratzte sich am Bart. „Die glauben, sie schweben über allem.“
    â€žUnd was willst du dagegen tun?“
    â€žDie Rolle der Schwerkraft übernehmen und sie wieder auf den Boden zurückholen“, sagte Drechsler.
    â€žMein Held“, zirpte Widmaier und verdrehte die Augen.
    Maria lachte. Ihrer Meinung nach hätte sie die Situation mit Penninger auch ohne die Hilfe von Fritz unter Kontrolle gebracht, aber dennoch gefiel es ihr, wie er sich, ohne groß nachzufragen, sofort auf ihre Seite gestellt hatte. Sie mochte entschlussfreudige Männer. Vor allem, wenn sie auch noch gut aussahen.
    Mit Blick auf die Fabrik, die mittlerweile im Dunkeln lag, sagte sie: „Wisst ihr was Genaues über den Mann und die Bombe, die er angeblich hat?“
    Drechsler schüttelte den Kopf. „Kein bisschen“, sagte er und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
    â€žIst nicht unsere Bombe“, sagte Widmaier und deutete auf zweiMänner, die ein wenig abseits standen und sich gegenseitig in schwere Schutzanzüge halfen. „Die haben das ganze Vergnügen.“
    Maria nickte und blickte sich um. Die Straße war mittlerweile mit rot-weißem Trassenband, hinter dem sich die üblichen Schaulustigen versammelt hatten, abgesperrt, auf dem Platz vor dem Haupttor des Zentralfriedhofs wimmelte es von Polizisten. Maria entdeckte einige Journalisten, die sie vom Sehen kannte, und nickte ihnen zu, aber niemand kam zu ihr, was sie nicht erstaunte; sollten sie Infos haben, würden sie diese nicht weitergeben, sollte Maria welche haben, würde sie sie ebenfalls für sich behalten.
    â€žWie geht’s jetzt weiter?“, fragte sie schließlich.
    â€žKommt drauf an“, sagte Drechsler und kratzte sich am Bart. „Gibt es eine Bombe oder nicht, welcher Art ist sie, wo ist sie, wie stark ist sie, unter welchen Umständen wäre der Unbekannte bereit, sie zu zünden oder sich davon abbringen zu lassen.“
    Maria seufzte. „Mit einem Wort, jetzt wird erst mal endlos geredet, richtig?“
    Widmaier grinste. „Sind Sie sicher, dass Sie nicht bei der Polizei arbeiten?“, fragte er.
    Maria streckte die Hand aus und sagte: „Jetzt, wo wir uns kennen, können wir auf Formalitäten verzichten, oder? Ich bin Maria.“
    Widmaier nahm die Hand und schüttelte sie.

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