Kolibri
der sich das Gesicht mit einem Taschentuch abwischte, das er anschlieÃend in seiner Hose verschwinden lieÃ.
âDarf ich vorstellen?â, sagte Fritz und deutete auf den stämmigen Mann. âDas ist Erich Widmaier, Freund und Kollege.â
Maria nickte ihm zu.
âSie sind die Reporterin, richtig?â, sagte Widmaier und begutachtete sie kritisch.
âRichtigâ, sagte Maria, âund ich hoffe, ich habe den Test bestanden.â
âMit Bravourâ, sagte Widmaier und zwinkerte Drechsler zu.
Drechsler, dem das Ganze unangenehm war, griff in seine Tasche und umklammerte die Kette. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, sie ihr zu geben, dachte er, aber er wollte den Moment ein wenig zelebrieren und Maria das Geschenk nicht einfach so in die Hand drücken, vor Erich, der nur wieder einen blöden Kommentar abgeben und die Stimmung zunichte machen würde.
âWer war denn der Typ, der es plötzlich so eilig hatte wegzukommen?â, fragte Widmaier.
âNiemandâ, sagte Maria, ânur so ein Penner.â
âEin Penner mit Timberlands?â, fragte Widmaier.
âEin Wichtigtuerâ, sagte Drechsler und merkte zu seinem Erstaunen, dass er sauer war. Da riefen sie ihn an, an seinem freien Abend, Erich und er rasten hier raus, zu einem gottverdammten
Friedhof
, und dann stellte sich heraus, dass bereits ein anderes Team hier war. Ein Fehler in der Kommunikation, hatte die lapidare Erklärung gelautet. Fritz hatte gerade sein Handy gezückt, um Maria anzurufen, als er sie gesehen hatte, neben einer Gruppe Polizisten, bedrängt von einem Mann. Obwohl Fritz dem Typen am liebsten von hinten eine in die Nieren geknallt hätte, hatte er sich zusammengerissen und versucht, die Situation halbwegs elegant zu lösen, aber dieses strahlende, überlegene Grinsen des Reporters hatte sein Vorhaben vereitelt.
âDu solltest dich in solche Sachen nicht so reinsteigernâ, sagte Widmaier und klopfte ihm auf die Schulter. âIst doch nur ein Niemand.â
âIch mag solche Typen nichtâ, sagte Drechsler und kratzte sich am Bart. âDie glauben, sie schweben über allem.â
âUnd was willst du dagegen tun?â
âDie Rolle der Schwerkraft übernehmen und sie wieder auf den Boden zurückholenâ, sagte Drechsler.
âMein Heldâ, zirpte Widmaier und verdrehte die Augen.
Maria lachte. Ihrer Meinung nach hätte sie die Situation mit Penninger auch ohne die Hilfe von Fritz unter Kontrolle gebracht, aber dennoch gefiel es ihr, wie er sich, ohne groà nachzufragen, sofort auf ihre Seite gestellt hatte. Sie mochte entschlussfreudige Männer. Vor allem, wenn sie auch noch gut aussahen.
Mit Blick auf die Fabrik, die mittlerweile im Dunkeln lag, sagte sie: âWisst ihr was Genaues über den Mann und die Bombe, die er angeblich hat?â
Drechsler schüttelte den Kopf. âKein bisschenâ, sagte er und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
âIst nicht unsere Bombeâ, sagte Widmaier und deutete auf zweiMänner, die ein wenig abseits standen und sich gegenseitig in schwere Schutzanzüge halfen. âDie haben das ganze Vergnügen.â
Maria nickte und blickte sich um. Die StraÃe war mittlerweile mit rot-weiÃem Trassenband, hinter dem sich die üblichen Schaulustigen versammelt hatten, abgesperrt, auf dem Platz vor dem Haupttor des Zentralfriedhofs wimmelte es von Polizisten. Maria entdeckte einige Journalisten, die sie vom Sehen kannte, und nickte ihnen zu, aber niemand kam zu ihr, was sie nicht erstaunte; sollten sie Infos haben, würden sie diese nicht weitergeben, sollte Maria welche haben, würde sie sie ebenfalls für sich behalten.
âWie gehtâs jetzt weiter?â, fragte sie schlieÃlich.
âKommt drauf anâ, sagte Drechsler und kratzte sich am Bart. âGibt es eine Bombe oder nicht, welcher Art ist sie, wo ist sie, wie stark ist sie, unter welchen Umständen wäre der Unbekannte bereit, sie zu zünden oder sich davon abbringen zu lassen.â
Maria seufzte. âMit einem Wort, jetzt wird erst mal endlos geredet, richtig?â
Widmaier grinste. âSind Sie sicher, dass Sie nicht bei der Polizei arbeiten?â, fragte er.
Maria streckte die Hand aus und sagte: âJetzt, wo wir uns kennen, können wir auf Formalitäten verzichten, oder? Ich bin Maria.â
Widmaier nahm die Hand und schüttelte sie.
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