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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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diese Formen wurden auf den Denkmälern beschrieben oder dargestellt, denn Könige und Adlige waren immer beteiligt. Dagegen hielt man die Konflikte zwischen einfachen Leuten einer Beschreibung nicht für wert; sie waren aber vermutlich noch häufiger: Als die Überbevölkerung zunahm und Landflächen knapp wurden, stritt man sich um deren Verteilung.
    Um die Zusammenbrüche bei den Maya zu verstehen, muss man aber auch ein zweites Phänomen in Betracht ziehen: die immer wiederkehrenden Dürreperioden, die insbesondere von Mark Brenner, David Hodell, dem verstorbenen Edward Deevey und ihren Kollegen von der University of Florida untersucht und kürzlich in einem Buch von Richardson Gill genauer beschrieben wurden. Sedimentbohrkerne aus Seen der Mayazeit lieferten zahlreiche Messwerte, aus denen wir auf Trockenperioden und Umweltveränderungen schließen können. So fällt beispielsweise gelöster Gips (Calciumsulfat) in einem See aus und bildet Sedimente, wenn seine Konzentration durch die Verdunstung während einer Dürreperiode einen bestimmten Wert überschreitet. Auch Wasser, das Sauerstoff-18 enthält, ein schweres Isotop dieses Elements, reichert sich bei Trockenheit an, Wasser mit dem leichteren Isotop Sauerstoff-16 dagegen verdunstet. Weich- und Schalentiere in dem See nehmen Sauerstoff auf und bauen ihn in ihre Gehäuse ein; diese bleiben später in den Sedimenten des Sees erhalten und warten noch lange nach dem Tod der kleinen Tiere darauf, dass Klimaforscher die Sauerstoffisotope analysieren. Durch Radiokarbondatierung der Sedimentschichten kann man ungefähr feststellen, in welches Jahr die Dürreoder Niederschlagsperiode fiel, auf die man aufgrund der Gips- und Sauerstoffisotopenmessungen schließen kann. Die gleichen Sedimentbohrkerne aus den Seen liefern den Pollenforschern auch Informationen über die Waldzerstörung (die sich als Abnahme des Pollens aus Waldbäumen zugunsten einer Zunahme von Gräserpollen bemerkbar macht) und über Bodenerosion (die man an dicken Lehmablagerungen und Mineralstoffen aus dem ausgewaschenen Boden erkennt).
    Auf der Grundlage solcher Untersuchungen an radiokarbondatierten Schichten aus Sedimentbohrkernen ziehen die Klimaforscher und Paläoökologen den Schluss, dass es im Gebiet der Maya zwischen 5500 und 500 v. Chr. relativ feucht war. Die nachfolgende Periode von 475 bis 250 v. Chr. unmittelbar vor dem Aufstieg der präklassischen Mayakultur, war eine Trockenzeit. Der Aufstieg in der präklassischen Zeit wurde vermutlich dadurch erleichtert, dass nach 250 v. Chr. wieder bessere Wetterbedingungen herrschten, danach jedoch fiel eine Dürre von 125 v. Chr. bis 250 n. Chr. mit dem Zusammenbruch der präklassischen Kultur in El Mirador und anderen Orten zusammen. Auf diesen Zusammenbruch folgten wiederum bessere Wetterbedingungen, und nun wurden die klassischen Mayastädte gebaut, unterbrochen nur vorübergehend durch eine Dürreperiode um 600 n. Chr. die man an einem Niedergang in Tikal und anderen Orten ablesen kann. Um 760 n. Chr. schließlich begann die schlimmste Dürre der letzten 7000 Jahre, und die Zeit um 800 n. Chr. als sie ihren Höhepunkt erreichte, ist verdächtig genau die Phase des klassischen Zusammenbruchs.
    Bei sorgfältiger Analyse der Dürreperioden im Gebiet der Maya stellt man fest, dass sie in der Regel in Abständen von ungefähr 208 Jahren wiederkehrten. Diese Zyklen der Trockenheit dürften ihre Ursache in kleinen Schwankungen der Sonneneinstrahlung haben und verstärkten sich im Gebiet der Maya möglicherweise dadurch, dass die Grenze der unterschiedlichen Niederschlagsmengen auf Yucatan (im Norden trockener, im Süden feuchter) sich nach Süden verlagerte. Man sollte damit rechnen, dass solche Veränderungen der Sonneneinstrahlung sich nicht nur auf das Mayagebiet auswirkten, sondern in unterschiedlich starkem Ausmaß auf die ganze Welt. Tatsächlich konnten die Klimaforscher feststellen, dass auch einige andere Zusammenbrüche prähistorischer Kulturen weitab von der Region der Maya offensichtlich mit dem Höhepunkt solcher Dürreperioden zusammenfallen; dies gilt beispielsweise für den Zusammenbruch des weltweit ersten Großreiches (des Akkaderreiches in Mesopotamien) um 2170 v. Chr. für den Zusammenbruch der Kultur Moche IV an der Küste Perus um 600 n. Chr. und für den Zusammenbruch der Tiwanaku-Zivilisation in den Anden um 1100 n. Chr.
    Nach der naivsten Form der Hypothese, dass Dürre zum klassischen Zusammenbruch beitrug, könnte man

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