Kollaps
dort jedoch die Mengenverhältnisse der Knochen, weil sich herausstellte, dass manche Tierarten mit den Verhältnissen in Grönland und Island schlechter zurechtkamen als andere: Die Zahl der Rinder ging im Lauf der Zeit zurück, Schweine verschwanden fast völlig, aber die Zahl der Schafe und Ziegen nahm zu.
Je weiter man in Norwegen im Norden lebt, desto wichtiger wird es, dass man das Vieh im Winter in Ställe bringt und es dort mit Futter versorgt, statt es im Freien selbst nach Nahrung suchen zu lassen. Die heldenhaften Wikingerkrieger konnten also nicht nur die Schlachten schlagen, mit denen sie berühmt wurden, sondern sie mussten im Sommer und Herbst viel Zeit auf die häusliche Tätigkeit verwenden, Gras zu mähen, zu trocknen und einzusammeln, damit sie ihre Tiere im Winter mit Heu füttern konnten.
Wo das Klima mild genug war und die Anlage von Feldern gestattete, bauten die Wikinger auch kältetolerantes Getreide an, insbesondere Gerste. Weniger wichtig (weil weniger widerstandsfähig) waren Hafer, Weizen und Roggen, die Gemüsesorten Kohl, Zwiebeln, Erbsen und Bohnen, Flachs zur Herstellung von Leinen und Hopfen zum Bierbrauen. In weiter nördlich gelegenen Regionen Norwegens nahm die Bedeutung der Nutzpflanzen im Verhältnis zur Viehzucht immer weiter ab. Wichtige zusätzliche Proteinlieferanten neben dem Vieh waren wilde Tiere, insbesondere Fische, die in den Abfallhaufen der norwegischen Wikinger mindestens die Hälfte aller Tierknochen ausmachen. Gejagt wurden aber auch Robben und andere Meeressäuger, Rentiere, Elche und kleine Landsäugetiere; Seevögel holte man aus den Brutkolonien, außerdem wurden Enten und andere Wasservögel gefangen.
An Wikinger-Ausgrabungsstätten hat man Eisengegenstände entdeckt, an denen man ablesen kann, dass das Metall zu vielen Zwecken verwendet wurde: für schwere landwirtschaftliche Geräte wie Pflüge, Schaufeln, Äxte und Sicheln; für kleine Haushaltsgegenstände wie Messer, Scheren und Nähnadeln; für Nägel, Nieten und andere Eisenwaren; und natürlich für militärische Gerätschaften, insbesondere für Schwerter, Speere, Streitäxte und Rüstungen. Aus den Überresten von Schlackehaufen und Gruben zur Holzkohleherstellung, die man an den Orten der Eisenverarbeitung gefunden hat, können wir die Produktionsmethoden der Wikinger rekonstruieren. Das Eisen wurde nicht im industriellen Maßstab in zentralen Fabriken gewonnen, sondern im Rahmen kleiner Familienunternehmen auf den einzelnen Bauernhöfen. Als Ausgangsmaterial diente das in Skandinavien weit verbreitete so genannte Raseneisenerz, das heißt Eisenoxid, das in Wasser gelöst war und dann in Sümpfen und den Sedimenten von Seen unter sauren Bedingungen oder durch Bakterien ausgefällt wurde. Im heutigen Eisenbergbau verarbeitet man Erze mit einem Eisenoxidgehalt von 30 bis 95 Prozent, die Schmiede der Wikinger gaben sich aber auch mit weit schlechterem Erz zufrieden, dessen Oxidgehalt manchmal nur ein Prozent betrug. Hatte man ein solches »eisenreiches« Sediment gefunden, wurde das Erz getrocknet; dann erhitzte man es in einem Ofen bis zur Schmelze, um das Eisen von Verunreinigungen (der Schlacke) zu befreien, hämmerte es zur nochmaligen Beseitigung von Verunreinigungen und schmiedete es dann in die gewünschte Form.
Holz als solches liefert beim Verbrennen nicht die hohe Temperatur, die man zur Eisenverarbeitung braucht. Man muss daraus vorher Holzkohle herstellen, die dann ein ausreichend heißes Feuer speist. Messungen aus verschiedenen Ländern zeigen, dass man durchschnittlich vier Kilo Holz benötigt, um ein Kilo Holzkohle herzustellen. Deshalb und wegen des geringen Eisengehalts im Raseneisenerz brauchten die Wikinger zur Eisengewinnung, Werkzeugherstellung und sogar zur Reparatur von Eisenwerkzeugen riesige Holzmengen, und diese Notwendigkeit wurde im Grönland der Wikinger, wo Bäume knapp waren, zu einem limitierenden Faktor.
Das Gesellschaftssystem, das die Wikinger aus ihrer skandinavischen Heimat in die neuen Siedlungen mitbrachten, war hierarchisch aufgebaut: Am unteren Ende der Klassenleiter standen die Sklaven, die man bei Überfällen gefangen genommen hatte, dann kamen die freien Männer und ganz oben die Häuptlinge. Gerade zur Zeit der Wikingerexpansion entstanden in Skandinavien die ersten vereinigten Königreiche (im Gegensatz zu kleinen, regionalen Herrschaftsgebieten, deren Häuptlinge sich hier und da den Titel eines Königs zulegten), sodass die Siedler in Übersee
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