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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Regel viel zu wenig beachtete Konsequenzen. Am Beispiel Chinas werden auch andere Themen dieses Buches deutlich werden: die zwölf Kategorien von Umweltproblemen in der modernen Welt, die in Kapitel 16 genauer erläutert werden und die in China alle stark oder sogar extrem ausgeprägt sind; die Auswirkungen der Globalisierung auf ökologische Probleme; die Tatsache, dass ökologische Themen nicht nur für die kleinen Gesellschaften von Bedeutung sind, die ich in den meisten anderen Kapiteln meines Buches als Beispiel gewählt habe, sondern auch für die größte Gesellschaft unserer Zeit; und realistische Gründe, warum trotz einer Fülle deprimierender statistischer Daten durchaus Anlass zur Hoffnung besteht. Ich werde zunächst einige kurze Hintergrundinformationen über China liefern; anschließend erörtere ich die verschiedenen ökologischen Probleme des Landes, ihre Auswirkungen auf das chinesische Volk und die übrige Welt, Chinas Reaktionen darauf und meine Prognose für die Zukunft.
    Verschaffen wir uns zunächst einen kurzen Überblick über Chinas Geographie, Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaft. Die chinesische Umwelt ist vielgestaltig und an manchen Orten sehr empfindlich. Zu den vielen geographischen Besonderheiten gehören die größte und höchste Hochebene der Welt, einige der weltweit höchsten Berge, zwei der längsten Flüsse (Jangtse und Gelber Fluss) viele Seen, eine lange Küste und ein großes Kontinentalschelf. Das Spektrum der Lebensräume reicht von Gletschern und Wüsten bis zu tropischen Regenwäldern. Innerhalb dieser Ökosysteme befinden sich Regionen, die aus unterschiedlichen Gründen sehr empfindlich sind: In Nordchina schwankt beispielsweise die Niederschlagsmenge stark, gelegentlich treten Wind und Dürre zur gleichen Zeit auf, und die hoch gelegenen Graslandschaften sind anfällig für Staubstürme und Bodenerosion; umgekehrt ist es in Südchina feucht, aber hier können schwere Unwetter an Berghängen für Bodenerosion sorgen.
    Was Chinas Bevölkerung angeht, sind vor allem zwei Tatsachen allgemein bekannt: Sie ist die größte der Welt, und die chinesische Regierung hat (als Einzige in der ganzen modernen Welt) eine obligatorische Geburtenkontrolle eingeführt, durch die das Bevölkerungswachstum bis zum Jahr 2001 drastisch auf nur noch 1,3 Prozent im Jahr gesunken ist. Damit stellt sich die Frage, ob auch andere Länder die gleiche Entscheidung treffen werden; manche schrecken zwar entsetzt vor einer solchen Lösung zurück, aber dadurch könnten sie möglicherweise in eine Situation geraten, die noch drastischere Lösungen für ihre Bevölkerungsprobleme erfordert.
    Viel weniger bekannt ist eine andere Tatsache, die aber für die Auswirkungen der Menschen auf die Umwelt ebenfalls bedeutsame Folgen hat: Die Zahl der Haushalte ist in China während der letzten 15 Jahre trotz allem um 3,5 Prozent im Jahr gewachsen, mehr als doppelt so schnell wie die Gesamtbevölkerung. Die Größe eines Haushaltes ist von durchschnittlich 4,5 Personen je Haus im Jahr 1985 auf 3,5 im Jahr 2000 gesunken und wird den Vorausberechnungen zufolge bis 2015 auf 2,7 zurückgehen. Wegen dieser verminderten Haushaltsgröße gibt es in China heute 80 Millionen Haushalte mehr, als es sonst der Fall gewesen wäre, eine Zunahme, die größer ist als die Gesamtzahl der Haushalte in Russland. Die Abnahme der Haushaltsgröße ist eine Folge sozialer Veränderungen: Die Bevölkerung altert, die Paare haben weniger Kinder, Scheidungen - früher fast unbekannt - nehmen zu, und die alte Sitte der Mehrgenerationenhäuser, in denen Großeltern, Eltern und Kinder unter einem Dach lebten, ist auf dem Rückzug. Gleichzeitig hat sich die Pro-Kopf-Wohnfläche fast verdreifacht. Insgesamt hat diese Zunahme von Zahl und Wohnfläche der Haushalte zur Folge, dass die Menschen in China trotz des geringen Bevölkerungswachstums ihre Umwelt immer stärker beeinträchtigen.
    Der letzte Aspekt der chinesischen Bevölkerungsentwicklung, der besonderer Erwähnung bedarf, ist die schnelle Verstädterung. Während sich die Gesamtbevölkerung des Landes von 1953 bis 2001 »nur« verdoppelte, hat sich der Prozentsatz der Bevölkerung, der in Städten lebt, von 13 auf 38 Prozent fast verdreifacht, sodass die Einwohnerzahl der Städte um den Faktor sieben gewachsen ist und heute fast eine halbe Milliarde beträgt. Die Zahl der Großstädte hat sich auf knapp 700 verfünffacht, und die Fläche der vorhandenen Städte ist stark

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