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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Mit anderen Worten: Die Manager von Stillwater taten das, was nach ihrer eigenen Einschätzung dem Interesse des Unternehmens am besten diente, und handelten Nachbarschaftsabkommen aus. Die meisten anderen großen amerikanischen Bergbauunternehmen dagegen schätzen ihre Interessenlage ganz anders ein: Sie leugnen Verantwortlichkeiten, gehen mit Hilfe bezahlter Lobbyisten gegen staatliche Vorschriften vor, und wenn nichts anderes mehr hilft, melden sie Konkurs an.
    Dennoch zeigten sich 1998 einige Spitzenmanager aus den größten internationalen Bergbaukonzernen beunruhigt, ihre Branche könne weltweit »die gesellschaftliche Betriebserlaubnis verlieren«, wie es formuliert wurde. Sie gründeten eine Initiative, die als Mining Minerals and Sustainable Development (MMSD) bezeichnet wurde, gaben mehrere Studien über nachhaltigen Bergbau in Auftrag, setzten einen bekannten Umweltschützer (den Präsidenten der National Wildlife Foundation) als Projektleiter ein und versuchten vergeblich, auch breitere Kreise der Umweltschutzbewegung einzubeziehen. Diese lehnten allerdings ab, weil sie aus historischen Gründen eine Abscheu gegen Bergbauunternehmen empfanden. Im Jahr 2002 gelangten die Untersuchungen zu einer Reihe von Empfehlungen, aber dann lehnten es die meisten beteiligten Bergbauunternehmen leider ab, die Ratschläge umzusetzen.
    Eine Ausnahme machte nur der britische Bergbaukonzern Rio Tinto: Dort entschloss man sich auf Initiative des CEO und unter dem Druck der britischen Aktionäre, einige Empfehlungen auf eigene Faust weiter zu verfolgen. Man hatte auch noch in frischer Erinnerung, welche katastrophalen finanziellen Auswirkungen ökologische Schäden für die unternehmenseigene Kupfermine Panguna in Bougainville gehabt hatten. Genau wie Chevron in den Verhandlungen mit der norwegischen Regierung, so rechnete auch Rio Tinto mit wirtschaftlichen Vorteilen, wenn das Unternehmen in Sachen gesellschaftlicher Verantwortung als Vorreiter galt. Seine Boraxmine im kalifornischen Death Valley ist heute vielleicht der umweltfreundlichste Bergbaubetrieb der Vereinigten Staaten.
    Einen Gewinn hat Rio Tinto bereits eingefahren: Bei der Juwelierkette Tiffany & Co. fürchtete man, Umweltschützer könnten vor den Läden mit Transparenten demonstrieren und daraufhinweisen, dass der Goldbergbau zur Freisetzung von Cyanid und zum Fischsterben führt; deshalb legte man bei der Auswahl eines Bergbauunternehmens, mit dem man einen Vertrag über Goldlieferungen schloss, auf ökologische Erwägungen besonderen Wert. Und wegen dieses Rufes als umweltfreundliches Unternehmen entschied man sich bei Tiffany für Rio Tinto. Außerdem war man bei Tiffany teilweise durch genau die gleichen Überlegungen motiviert, die ich auch bereits als Beweggründe für Chevron Texaco erwähnt habe: Man wollte dem Markennamen einen guten Ruf verschaffen, motivierte und hoch qualifizierte Arbeitskräfte an sich binden, und die Verantwortlichen im Unternehmen waren umweltfreundlich eingestellt.
    Das letzte aufschlussreiche Beispiel ist der US-Konzern Du Pont, weltweit der größte Abnehmer für metallisches Titan und Titanverbindungen, die zur Herstellung von Farben, Flugzeugtriebwerken, Hochleistungsflugzeugen, Raumfahrzeugen und anderem verwendet werden. Große Mengen Titan werden in Australien aus Sand von den Stränden gewonnen, der viel Rutil enthält - dieses Mineral ist nahezu reines Titandioxid. Du Pont ist kein Bergbauunternehmen, sondern eine Herstellerfirma, die das Rutil von australischen Bergbaukonzernen kauft. Aber auf allen Produkten, auch auf titanhaltigen Fassadenfarben, steht der Name Du Pont, und das Unternehmen möchte verhindern, dass alle seine Produkte ein schlechtes Image bekommen, nur weil die Titanlieferanten mit ökologisch schädlichen Verfahren den Zorn der Verbraucher herausfordern. Deshalb hat der Konzern in Zusammenarbeit mit VerbraucherInteressengruppen eine Reihe von Abnahmeverträgen und Verhaltensregeln ausgearbeitet, die für alle seine Titanlieferanten in Australien gelten.
    An den Beispielen Tiffany und Du Pont wird eine wichtige allgemeine Erkenntnis deutlich. Die einzelnen Verbraucher haben in ihrer Gesamtheit eine gewisse Macht über die Ölkonzerne und (in geringerem Ausmaß) auch über die Kohlebergbauunternehmen, denn die Allgemeinheit kauft Benzin unmittelbar von den Ölkonzernen und Strom von den Stromversorgern, die ihrerseits Kohle kaufen. Deshalb wissen die Verbraucher, wen sie bei einer Ölpest oder einem

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