Kollaps
sie, müsse man die Rekultivierung nur noch fünf oder zehn Jahre hinausschieben, dann werde sie ohnehin keine Rolle mehr spielen. Meine Bekannten in der Bergbauindustrie haben die derzeitigen Einstellungen mit zahlreichen farbigen Formulierungen beschrieben: »Greif-und-Klau-Einstellung«, »Mentalität von Räuberbaronen«, »der wilde, heldenhafte Kampf des Menschen gegen die Natur«, »die konservativsten Geschäftsleute, die mir begegnet sind«, und »die Einstellung von Spekulanten, dass die Mine dazu da ist, damit die Manager würfeln und sich persönlich bereichern können, wenn sie wieder einmal auf eine Erzader stoßen, statt des Mottos der Ölkonzerne, die Vermögenswerte für die Aktionäre zu stärken«. Behauptungen, es gebe in den Minen Giftmüllprobleme, werden von der Branche regelmäßig geleugnet. In der Ölindustrie würde heute niemand mehr abstreiten, dass ausgetretenes Öl schädlich ist, Bergbaumanager dagegen leugnen die Schäden durch ausgetretene Metalle und Säuren.
Als dritter Faktor neben wirtschaftlichen Gründen und den Einstellungen der Verantwortlichen steht hinter der ökologischen Praxis der Bergbauunternehmen auch die Haltung von Behörden und Gesellschaft: Sie gestatten es der Branche, ihre eigenen Einstellungen beizubehalten. Im Grundsatz wird der Bergbau in den Vereinigten Staaten immer noch durch den 1872 verabschiedeten General Mining Act geregelt. Dieses Gesetz sieht massive Subventionen für Bergbauunternehmen vor: Bodenschätze im Wert von einer Milliarde Dollar dürfen kostenlos auf staatseigenem Land abgebaut werden, in manchen Fällen gestattet es die unbegrenzte Nutzung öffentlicher Flächen zur Abfallentsorgung und weitere Subventionen, die den Steuerzahler jedes Jahr eine viertel Milliarde Dollar kosten. Die detaillierten »3809 Regeln«, die 1980 von der Bundesregierung aufgestellt wurden, verlangen von den Bergbauunternehmen keine finanzielle Absicherung der Aufräumkosten, und auch für Rekultivierung und Schließung von Minen gibt es keine genauen Definitionen. Im Jahr 2000 schlug die scheidende Clinton-Regierung neue Vorschriften für den Bergbau vor, die diese beiden Ziele verfolgten und gleichzeitig die Selbstgarantie der Unternehmen als finanzielle Absicherung ausschlössen. Im Oktober 2001 jedoch gab die Bush-Administration mit einem Gesetzentwurf fast alle diese Vorschläge wieder auf; erhalten blieb nur die Forderung nach finanzieller Absicherung, und die war ohnehin bedeutungslos, weil die Kosten für Aufräumarbeiten und Rekultivierung, die durch die Versicherung abgedeckt werden sollten, nicht genau definiert waren.
Nur in seltenen Fällen ist es unserer Gesellschaft gelungen, die Bergbauindustrie wirksam für Schäden zur Rechenschaft zu ziehen. Es fehlt an Gesetzen, Behördenpraxis und politischem Willen, um die Spitzbuben im Bergbau zu verfolgen. Die Regierung des Bundesstaates Montana war lange Zeit berüchtigt für ihre nachgiebige Haltung gegenüber den Bergbaulobbyisten, und für die Regierungen von Arizona und Nevada gilt das noch heute. Der Bundesstaat New Mexico schätzte die Kosten für die Rekultivierung der Chino-Kupfermine, die der Phelbs-Dodge Corporation gehört, auf rund 780 Millionen Dollar, aber nach politischem Druck des Unternehmens wurde die Schätzung auf 391 Millionen korrigiert. Wenn Öffentlichkeit und Regierungen derart wenig Forderungen an die Bergbauindustrie stellen, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass diese Industrie freiwillig so wenig unternimmt.
Bisher habe ich mit meinem Bericht über den Erzbergbau vielleicht den falschen Eindruck erweckt, als sei die Branche in ihren Einstellungen ein einheitlicher Block. Das stimmt natürlich nicht, und wenn man untersucht, warum manche Bergbaukonzerne und ähnliche Unternehmen sich mittlerweile umweltfreundlicher verhalten oder zumindest darüber nachdenken, gewinnt man interessante Aufschlüsse. Ein halbes Dutzend solcher Fälle möchte ich kurz erwähnen: den Kohlebergbau, die Betriebe der Anaconda Copper Company in Montana und ihren derzeitigen Zustand, die Platin- und Palladiumminen in Montana, die neue Initiative der MMSD sowie die Unternehmen Rio Tinto und du Pont.
Der Kohlebergbau ähnelt dem Erzbergbau auf den ersten Blick sogar noch stärker als die Ölindustrie, denn er zieht ebenfalls zwangsläufig schwere ökologische Auswirkungen nach sich. Kohlegruben hinterlassen in der Regel noch stärkere Verwüstungen als Erzminen, denn im Vergleich zu diesen werden jedes
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