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Kollaps

Kollaps

Titel: Kollaps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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die Baumwolle erst 400 n. Chr. Die Menschen hielten auch Truthähne; gewisse Meinungsverschiedenheiten gibt es dabei in der Frage, ob diese Tiere zuerst in Mexiko domestiziert wurden und sich dann in den Südwesten ausbreiteten, ob es umgekehrt war, oder ob man sie in beiden Gebieten unabhängig voneinander domestizierte. Ursprünglich bedienten sich die Ureinwohner im Südwesten der Landwirtschaft nur im Rahmen ihrer Lebensweise als Jäger und Sammler, ganz ähnlich wie die Apachen es auch im 18. und 19. Jahrhundert taten: Während der Wachstumssaison wurden sie sesshaft und ernteten die Pflanzen, während des übrigen Jahres zogen sie als Jäger und Sammler herum. Ungefähr um die Zeitenwende hatten manche Ureinwohner im Südwesten der USA sich bereits in den Dörfern eine sesshafte Lebensweise zu Eigen gemacht, sodass sie nun vorwiegend von der Landwirtschaft abhängig waren und ihre Felder mit Gräben bewässerten. Im weiteren Verlauf nahm die Bevölkerungszahl stark zu, und die Menschen verbreiteten sich in der Region, bis um 1117 n. Chr. der Rückgang begann.
    Es entwickelten sich mindestens drei Formen der Landwirtschaft, mit denen das Grundproblem des Südwestens gelöst wurde: die Beschaffung von genügend Wasser zum Anbau von Pflanzen. Der Niederschlag ist in der Region so gering und so unberechenbar, dass dort heute wenig oder gar keine Landwirtschaft betrieben wird. Eine Lösung war der so genannte Trockenanbau: Man verließ sich auf den Niederschlag in höheren Lagen, wo es tatsächlich so viel regnete, dass die Pflanzen wachsen konnten. Bei einer zweiten Lösung musste der Regen nicht unmittelbar auf die Felder fallen; diese Art der Landwirtschaft setzte sich in Gebieten durch, wo der Grundwasserspiegel so dicht unter der Oberfläche lag, dass die Wurzeln der Pflanzen bis ins Wasser reichten. Solche Verhältnisse herrschten am Boden von Schluchten wie dem Chaco Canyon, wo jahreszeitliche oder ganzjährige Wasserläufe für einen hohen Grundwasserspiegel sorgten. Die dritte Lösung, die insbesonders von den Hohokam und ebenfalls im Chaco Canyon praktiziert wurde, bestand darin, abfließendes Wasser in Gräben oder Kanälen zu sammeln und auf die Felder zu leiten.
    Im gesamten Südwesten bediente man sich dieser oder jener Abwandlung der genannten drei Methoden, um genügend Wasser für das Pflanzenwachstum bereitzustellen. Was ihre Anwendung anging, experimentierte man an verschiedenen Stellen mit mehreren Alternativen. Die Experimente wurden mindestens 1000 Jahre lang fortgesetzt, und viele erwiesen sich über Jahrhunderte als erfolgreich, aber am Ende fielen alle mit einer Ausnahme den Umweltproblemen zum Opfer, die auf die Einwirkung der Menschen oder auf Klimaveränderungen zurückgingen. Jede Alternative war mit anderen Risiken verbunden.
    Eine Methode bestand darin, sich in größerer Höhe anzusiedeln, wo mehr Niederschlag fiel. Dies taten die Mogollon, die Menschen von Mesa Verde und die Vertreter jener Frühphase der Landwirtschaft, die als Pueblo I bezeichnet wird. Sie war aber mit der Gefahr verbunden, dass in höheren Lagen auch niedrigere Temperaturen herrschen, und in besonders kühlen Jahren war es unter Umständen so kalt, dass die Pflanzen überhaupt nicht wuchsen. Das andere Extrem waren die wärmeren Niederungen, wo der Niederschlag aber selbst für den Trockenanbau nicht ausreicht. Um dieses Problem zu umgehen, bauten die Hohokam das umfangreichste Bewässerungssystem, das es auf dem amerikanischen Kontinent außerhalb Perus gab. Es bestand aus einem fast 20 Kilometer langen, fünf Meter tiefen und 24 Meter breiten Hauptkanal, von dem Nebenkanäle mit vielen hundert Kilometern Länge abzweigten. Aber die Bewässerung barg ein anderes Risiko: Nach einem Gewitter konnten plötzlich abfließende, große Wassermassen die Kanäle weiter ausspülen, sodass so genannte Arroyos entstanden, tiefe Gräben, in denen der Wasserspiegel unter das Niveau der Felder sank. Dann war eine Bewässerung ohne Pumpen nicht mehr möglich. Außerdem besteht bei diesem System immer die Gefahr, dass besonders starke Regenfälle oder Überschwemmungen die Dämme und Kanäle zerstören, was bei den Hohokam wahrscheinlich auch tatsächlich geschah.
    Eine konservativere Methode, der Anbau von Nutzpflanzen nur in Gebieten mit zuverlässigen Quellen und konstantem Grundwasserspiegel, wurde anfangs von den Mimbres praktiziert, aber auch im Chaco Canyon von den Menschen in der Phase der Landwirtschaft, die man Pueblo

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