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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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auch, wenn sie es vermeiden konnten? –, tauchten sie auf dem Land unter, wo sie von Verwandten, Freunden und sympathisierenden indianischen Führern versteckt wurden. Die Taino sahen in dem System kaum mehr als eine juristische Rechtfertigung der Sklaverei. Laut Gesetz mussten die indigenen Christen nach der Taufe genauso behandelt werden wie spanische Christen, die nicht versklavt werden konnten. Doch die Kolonisten sahen das ganz anders: Die Indianer seien keine Menschen wie die Europäer und dürften daher auch nach der Bekehrung zur Arbeit gezwungen werden.
    Cortés, der Eroberer Mexikos, dürfte mehr indigene Unfreie beschäftigt haben als irgendein anderer Mensch auf der Erde. Neben den 3000 Indianern, die offen als Sklaven deklariert wurden, ließ er auf seinen Besitzungen bis zu 24 000  Indios Tributarbeit leisten. Sie wurden jeweils für eine Woche aus ihren Heimatdörfern geschickt. Gezwungenermaßen hatten indianische Arbeitskräfte auf seinen Ländereien Tausende von Hektar mit Zuckerrohr bepflanzt, das Holz zur Befeuerung der großen Siedekessel geschlagen, in denen der Zucker im Rohrsaft auskristallisierte, und die wasserbetriebene Zuckermühle errichtet, ein zweistöckiges Gebäude aus Steinen und Lehmziegeln, die mit Mörtel aus Sand und Kalk gemauert waren. [588] Cortés, der die politischen Strömungen stets im Blick hatte, werden die kaiserlichen Bedenken hinsichtlich der Indianerpolitik nicht verborgen geblieben sein. Die Ständeversammlung veröffentlichte im April 1542 eine Denkschrift, in der sie Karl V. bat, «mäßigend auf die Grausamkeiten einzuwirken, die den Indianern in den Westindischen Ländern zugefügt werden». [589] Sieben Monate später antwortete der Kaiser: Er erließ die sogenannten Neuen Gesetze, die die Versklavung der Indianer verboten.
    Die Neuen Gesetze enthielten große Schlupflöcher. Die Indianer konnten immer noch zu Sklaven gemacht werden, wenn sie gefangen genommen wurden, weil sie sich gegen die spanische Herrschaft auflehnten. Da sich immer behaupten ließ, eine Person oder eine Gruppe habe sich der spanischen Krone widersetzt, war das Schlupfloch praktisch eine Lizenz zur Sklavenhaltung. Trotzdem waren die Konquistadoren so empört über die Neuen Gesetze, dass sie den neuen Vizekönig von Peru köpften, als er versuchte, die Verordnungen durchzusetzen. Der Vizekönig von Neuspanien, der Statthalter des Reichs nördlich von Panama, verhielt sich vorsichtiger und hob die Gesetze auf, bevor sie in Kraft traten. Trotzdem gab es an der Tendenz keinen Zweifel: Es wurde schwieriger für Leute wie Cortés, die Indianer zur Arbeit auf ihren Ländereien zu zwingen. [590]
    Einige Wochen nach der Denkschrift der Versammlung schloss der Konquistador mit zwei Genueser Kaufleuten einen Vertrag über die Lieferung von fünfhundert afrikanischen Sklaven ab – die erste größere Vereinbarung über Afrikaner auf dem Festland und eine der größten bis heute. Zwei Jahre später traf die erste Lieferung – hundert gefangene Afrikaner – in Veracruz am Golf von Mexiko ein. Das war der Beginn des atlantischen Sklavenhandels. [591]
    Fast zugleich mit den Europäern trafen Afrikaner auf dem amerikanischen Kontinent ein. Ein aus US -Amerikanern und Mexikanern bestehendes Archäologenteam verkündete 2009 , dass drei Männer auf La Isabelas Friedhof wahrscheinlich afrikanischer Abstammung waren. Die biochemische Beschaffenheit ihrer Zähne ließ auf eine mit afrikanischen Pflanzen angereicherte Kost schließen. [592] 1501 , sieben Jahre nach La Isabelas Gründung, waren so viele Afrikaner nach Hispaniola gekommen, dass die beunruhigten spanischen Monarchen den Gouverneur der Insel anwiesen, keine mehr an Land zu lassen. Ebenfalls auf der Liste der unerwünschten Personen standen Juden, zum Christentum konvertierte Juden, «Ketzer» und Ketzer, die zum orthodoxen Christentum bekehrt waren. Der Erlass sah für Menschen afrikanischer Herkunft nur eine Ausnahme vor, wenn sie als Christen geboren waren. [593] Die Sklavenhändler behaupteten, ihre «Stücke» seien Spanier oder Portugiesen, und schickten sie unbeeindruckt hinüber. Wenige Monate später bat der Gouverneur den König und die Königin, alle Afrikaner, gleich welcher Kategorie, von Hispaniola zu verbannen. «Sie fliehen zu den Indianern, sie lernen schlechte Sitten von ihnen und sie können nicht wieder eingefangen werden.» [594] Niemand hörte auf ihn. Die Kolonisten sahen, dass die Afrikaner offenbar immun gegen

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