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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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eine schwierige Aufgabe: der Herrscher hatte neunzehn Kinder. Tatsächlich war sie zu schwer für den Konquistadoren – die Pocken und der Krieg töteten alle bis auf drei. Eine der Überlebenden war Tecuichpotzin. Die Spanier gaben ihr einen europäischen Namen, den sie aussprechen konnten: Isabella. Tecuichpotzin war die Tochter der Hauptfrau des Herrschers, während die beiden anderen überlebenden Kinder von Nebenfrauen stammten. Alle drei waren Jugendliche. Die zweimal verwitwete Tecuichpotzin war ungefähr zwölf Jahre alt.
    Cortés hielt sie für die legitimen Herrscher des Dreibunds, wobei er Tecuichpotzin die größte Bedeutung zumaß. Der Konquistador sah seine Aufgabe darin, dem spanischen Machtanspruch eine indigene Basis zu verleihen. Die Europäer sollten durch indianische Institutionen herrschen. Dazu behauptete er einfach, Motecuhzoma habe, als er seine, Cortés’, Geisel gewesen sei, freiwillig die Herrschaft über den Dreibund an Karl V. abgetreten. Da die indianische Elite nun der spanischen Krone untertan sei, habe sie Anspruch auf Gleichbehandlung mit der spanischen Elite. Die beiden Gruppen müssten sich gleichberechtigt mischen. Dieser Integration leistete Cortés bereitwillig Vorschub, indem er Tecuichpotzin schwängerte.
    Das geschah nicht sogleich – sie war noch mit Cuauhtemoc verheiratet. Unter dem Vorwand, der Führer des Dreibunds habe eine Verschwörung gegen Spanien angezettelt, ließ Cortés ihn 1525 hinrichten. Dann arrangierte er eine Eheschließung zwischen Tecuichpotzin und ihrem vierten Ehemann, einem Konquistadoren, der seine besondere Gunst besaß. Dieser Mann starb einige Monate später. Umsichtig quartierte Cortés die Witwe, die jetzt sechzehn oder siebzehn war, in seinem eigenen geräumigen Haus ein, wo sie schwanger wurde, und bereitete ihre fünfte Hochzeit mit einem weiteren von ihm geschätzten Konquistadoren vor. Leonor Cortés Moctezuma wurde 1528 geboren, vier oder fünf Monate nach der Eheschließung. [40]   [602]
    Leonor war nicht das einzige uneheliche Kind des Konquistadoren – er hatte mindestens noch vier weitere. Auch war sie nicht sein einziges halb indianisches Kind. Während des Angriffs auf den Dreibund reiste Cortés mit einer Führerin und Dolmetscherin, deren Name in unterschiedlichen Versionen überliefert ist: Malinche, Marina oder Malintzin. Sie entstammte einer adligen Familie in einer neutralen Zone zwischen dem Dreibund und den Maya, wurde dann aber an die Maya verkauft, als sie der Familie ihres Stiefvaters hinderlich geworden war. Da Malinche als Kind die Sprache des Dreibunds gelernt hatte, übergaben die Maya sie Cortés, der nach einem Dolmetscher suchte. Rasch entwickelte sich eine sexuelle Beziehung. Im Mai oder Juni 1522 kam Martín, der Sohn des Konquistadoren, zur Welt, woraus folgt, dass er im August oder September gezeugt worden sein muss, während der Feiern nach dem Fall des Reichs. [603] Eine weitere halb indigene Tochter, María, wird in Cortés’ Testament erwähnt, aber sonst ist nichts über sie bekannt, außer dass auch ihre Mutter eine von Motecuhzomas Töchtern war. Man nimmt an, María sei während der Monate empfangen worden, die Motecuhzoma als Cortés’ Geisel verbrachte, und ihre Mutter habe während des Krieges den Tod gefunden.
    Cortés machte kein Geheimnis aus seinen unehelichen ethnisch gemischten Kindern. Leonor wuchs bei einem Cousin ihres Vaters auf, dem Verwalter von dessen riesigen Besitzungen. Die Gewinne aus der Zuckerherstellung sorgten für eine Mitgift, die groß genug war, um Juan de Tolosa, den Entdecker der größten Silbermine Mexikos, als Bewerber auf den Plan zu rufen. Für Martín unternahm Cortés noch größere Anstrengungen: Er schickte den Jungen als Pagen an den spanischen Hof und nahm die Dienste eines römischen Anwalts in Anspruch, um bei Papst Clemens  VII . die Legitimation Martíns zu erwirken. Der Papst, dessen bürgerlicher Name Giulio de’ Medici lautete, hatte allen Grund, der Bitte mit Wohlwollen zu begegnen. Er war nicht nur selbst unehelich, sondern hatte auch ein uneheliches, ethnisch gemischtes Kind – Alessandro de’ Medici, Sohn einer freigelassenen afrikanischen Sklavin – und versucht, dessen Zukunft durch die Ernennung zum Herzog von Florenz zu sichern. [604] In der Tat legitimierte der Papst Martín Cortés. Zusammen mit Cortés’ ältestem ehelichem Sohn, der ebenfalls Martín Cortés hieß, machte der Konquistador ihn in seinem Testament zum Haupterben.

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