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Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)

Titel: Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles C. Mann
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Gefängnis eine Tochter gebar.
    Hernando hatte Francisca zuletzt als Baby gesehen, er traf sie erst wieder, als sie siebzehn war und gerade das enorme Vermögen ihres Vaters geerbt hatte. Der 50 -jährige Pizarro habe sie fast vom Fleck weg geheiratet, meint Hemming «ungeachtet des Verwandtschaftsgrads, des Altersunterschieds von dreiunddreißig Jahren oder seiner Gefangenschaft». Als Hernando schließlich aus dem Arrest entlassen wurde, erbaute das Paar einen gewaltigen Palast auf der Plaza Mayor von Trujillo, der Stadt, in der die Pizarros geboren worden waren. In einer Art kolonialer Nostalgie aßen sie von goldenen Tellern peruanische Speisen und importierten eine Schar Inka, die ihnen aufwarten mussten. [608]
    Die Pizarros waren wohlhabender als die anderen Konquistadoren, in anderer Hinsicht aber keineswegs außergewöhnlich. Historiker haben das Leben von siebenundneunzig der 150  Männer erforscht, die 1541 Santiago in Chile gründeten. Sie hatten 392  Kinder und Enkel, von denen 226 ( 57  Prozent) indigene Wurzeln hatten. 1569 berichtete ein Konquistador in Chile der Inquisition voller Stolz, er habe fünfzig Kinder mit nichteuropäischen Frauen gezeugt. [41]   [609]   [610]
    Nur wenige dieser Kinder hatten afrikanisches Blut. Aber das sollte sich rasch ändern. Mit der Ausbreitung der Plantagensklaverei stieg der Prozentsatz der Afrikaner in der Hemisphäre und mit ihm die Zahl der Afroindianer, Afroeuropäer, Afroeuroindianer. 1570 gab es dreimal so viele Afrikaner wie Europäer in Mexiko und doppelt so viele Menschen mit Eltern verschiedener ethnischer Herkunft. Natürlich übertraf die Anzahl der indigenen Einwohner beide Gruppen. Siebzig Jahre später gab es noch immer dreimal so viele Afrikaner wie Europäer – und achtundzwanzigmal so viele ethnisch gemischte Menschen, die meisten von ihnen Afroeuropäer. [611]
    Einerseits hatten die Spanier mit der hybriden Welt, die sie schufen, keine Probleme. Damals hegten die Europäer einen ganz anderen «Rassenbegriff» als spätere Generationen und sahen daher keinen biologischen Unterschied zwischen sich und Afrikanern oder Indianern. Sie hatten keine Angst vor «genetischer Kontamination», wie man heute sagen würde. Andererseits führte die Vermischung zwischen indigener und zugewanderter Bevölkerung zu großen Ängsten in Hinblick auf eine moralische Kontamination.
    Wir erinnern uns: Spanien rechtfertigte seine Eroberungszüge mit dem Versprechen, die Indianer zu bekehren. Die ständige Unterdrückung und Misshandlung der indigenen Völker durch die Spanier war diesem Auftrag abträglich. Die Franziskaner, die über das religiöse Leben Neuspaniens wachten, hatten deshalb eine Apartheidlösung vorgeschlagen: Sie wollten die Kolonie in zwei «Republiken» unterteilen, eine für Indios und eine für Europäer. Unbedrängt von europäischen Forderungen sollten sich die Indianer in ihren rein indigenen Gemeinschaften und Ortschaften ganz auf die Christianisierung konzentrieren, während sich die Spanier in ihren rein spanischen Ansiedlungen ganz der Mehrung ihres Wohlstands mittels der Früchte der Konquista widmen könnten. 1538 begann Bischof Vasco de Quiroga gemäß diesem Plan 30 000  Indios in Reservate umzusiedeln, die in den Bergen westlich von Mexico City lagen, um ein amerikanisches Utopia zu schaffen – buchstäblich, denn Quiroga entwarf die Siedlung nach den Empfehlungen, die Thomas Morus fünfundzwanzig Jahre zuvor in seinem Roman
Utopia
niedergelegt hatte.
    Die kulturelle und ethnische Vielfalt auf den Straßen von Spaniens amerikanischen Kolonien spiegelte sich häufig in der Malerei wider – so zum Beispiel in diesem anonymen Ölgemälde aus dem 18 . Jahrhundert, das die Jungfrau Maria zeigt, eingebettet in den großen Silberberg von Potosí – die visuelle Vereinigung von Christentum und Überlieferung der Andenvölker, nach der Berge die Verkörperungen von Gottheiten sind.
    Welche Fallstricke das franziskanische Prinzip der zwei Republiken barg, zeigte eine fast gleichzeitige Gründung der Ordensbrüder – die rein europäische Stadt Puebla de los Ángeles an der Straße zwischen Mexico City und Veracruz. Sie sollte ein Problem lösen: Das spanische Gesindel trieb sich in indigenen Dörfern herum, wo sein ständiges Gebettel um Essen, Unterkunft und Frauen die Missionsarbeit störte. Die franziskanische Lösung: die Landstreicher gewaltsam zusammenzutreiben und in eine eigene Stadt unter Aufsicht der Kirche zu

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