Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)
Zumbi zurück nach Palmares, nahm seinen alten Namen wieder an und das Maroon-Leben wieder auf, obwohl er den Priester aus alter Anhänglichkeit noch immer besuchte. Charismatisch, gebildet und ausgezeichnet über den Feind informiert, stieg er rasch zum Kommandanten auf, obwohl er infolge einer Verwundung aus einer früheren Schlacht stark hinkte. Auch «Zumbi» könnte ein Titel und kein Name gewesen sein. Es heißt so etwas wie «Ahnengeist» – was vielleicht eine Anspielung auf seine Rückkehr aus dem Totenreich des Koloniallebens war.
Bei einem portugiesischen Angriff im Jahr 1677 wurde Ganga Zumba verwundet und einige seiner Kinder und Enkel gefangen genommen. Zermürbt und traurig handelte der König im folgenden Jahr einen Friedensvertrag mit den Portugiesen aus. Er versprach, keine neuen Flüchtlinge mehr aufzunehmen und die Berge zu verlassen, wenn die Portugiesen zusagten, Palmares nicht mehr anzugreifen. Zumbi sah in dem Vertrag einen Verrat an allem, wofür die Maroons standen. Über die Maßen verärgert, vergiftete er den König, bemächtigte sich des Throns und zerriss den Vertrag. So ging der Krieg weiter. Die kolonialen Milizen griffen während der nächsten sechs Jahre einmal jährlich an und erreichten wenig. [664]
Desillusioniert von den niederschmetternden Ergebnissen des vierzigjährigen Feldzugs gegen Palmares, beschloss der neu ernannte Generalgouverneur der Region einen anderen Kurs. Ein Mann namens Domingos Jorge Velho ersuchte um die Genehmigung, weitere Indianergebiete zu erobern. Widerwillig erklärte sich der Gouverneur bereit, ihn zu empfangen.
Jorge Velho gehörte zu den
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– Abenteurern, die das Landesinnere Brasiliens erforschten. Häufig stammten sie aus der Verbindung eines Portugiesen mit einer Indianerin; oft machten sich
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die Beziehungen ihrer Mütter zunutze, um die Projekte ihrer Väter zu fördern – tatsächlich bedeutet der Ausdruck
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so viel wie «Fahnenträger» und verweist darauf, dass sie neue Gebiete für Portugal in Besitz nahmen. Jorge Velho war ein exemplarischer Fall. Dieser Kipling’sche Abenteurer hatte eine Privatarmee aufgestellt und sich ein kleines Königreich in Südamazonien geschaffen. Hunderte von Indianern dienten ihm als Feldarbeiter und Soldaten, zum Teil, weil er ihnen versprach, sie gegen andere, schlimmere
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zu schützen. Dabei hatte Jorge Velho die mafiose Neigung, sich seines Großmuts zu rühmen. Wenn er sich Indianer und ihr Land aneigne, so erklärte er in einem Brief an den portugiesischen Hof, geschehe es zum Besten der «Eingeborenen», nicht nur um des Gewinnes willen: «Wir bändigen sie und vermitteln ihnen die Kenntnisse, die sie für ein zivilisiertes Leben und die menschliche Gesellschaft, für den Verkehr mit anderen und für vernunftgemäßes Handeln brauchen … Wenn wir sie hinterher auf unseren Feldern beschäftigen, tun wir ihnen damit keinen Tort an, denn es geschieht ebenso sehr, um sie und ihre Kinder zu nähren, wie um uns und die unseren zu unterhalten.»
Die blumige Sprache und der Brief selbst stammen zweifellos von jemand anders, denn Jorge Velho war Analphabet.
Wie der Gouverneur bei dem Treffen feststellte, hatte der
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mehr mit den Maroons gemeinsam als mit Europäern. Sein Portugiesisch war so schlecht, dass er für seine Gespräche mit den Vertretern der Kolonialverwaltung einen Dolmetscher brauchte. «Dieser Mann ist einer der schlimmsten Wilden, denen ich je begegnet bin», berichtete der entsetzte Bischof von Pernambuco, der besonders zornig war über die Neigung des
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, mit sechs indianischen Mätressen zu reisen, «um seiner Lust zu frönen». Die Mätressen dienten nicht nur sexueller Befriedigung, sie waren auch Jorge Velhos Verbindung zu den indigenen Gemeinschaften. Aus dem gleichen Grund hatte er auch eine portugiesische Frau. [665]
Den Verantwortlichen der Kolonialverwaltung war klar, dass Jorge Velho möglicherweise in der Lage war, Zumbi zu besiegen, aber es widerstrebte ihnen entschieden, ihm den Auftrag zu erteilen. Doch nach sieben Jahren Hin und Her willigten die Vertreter der Kolonie schließlich ein. Jetzt hatte Jorge Velho sie in der Hand – er war ihre letzte Chance. Wenn er bereit sei, sich um das Palmares-Problem zu kümmern, dann werde die Verwaltung, so versprach der Gouverneur, seine Männer mit Schießpulver, Kugeln und Proviant versorgen, er garantierte Steuerbefreiung für die gesamte Kriegsbeute, eine
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