Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)
zurück», schrieb Stedman traurig, «unter denen womöglich nicht einmal zwanzig zu finden waren, die sich vollkommener Gesundheit erfreuten.» Alle anderen, sagte er, «waren krank, entkräftet, ohne Hoffnung auf Gesundung, verschollen, getötet & vom Klima hingemordet, während nicht weniger als zehn oder zwölf ertranken & von den Alligatoren fortgerissen wurden». [703]
Schließlich kam es zwischen Niederländern und Maroons zu einer Art stillschweigender Übereinkunft. Die Europäer brachten auch weiterhin Afrikaner ins Land, bauten Zuckerrohr an und nahmen es hin, dass Jahr für Jahr eine gewisse Anzahl von Sklaven entfloh. Unterdes hielten sich die meisten Kolonisten dort so wenig auf wie möglich; 1850 , nach zwei Jahrhunderten Kolonisation, hatte Surinam etwa 8000 europäische Einwohner – die meisten waren Agenten von Zuckerrohrpflanzern, die sicher in den Niederlanden lebten. Da sie sich weit weg aufhielten, hatten die Plantagenbesitzer wenig Interesse daran, Institutionen zu schaffen, die einer produktiven Gesellschaft zugrunde liegen. Alles, was an Gewinn erwirtschaftet wurde, floss ins Mutterland; Ausbildung, Innovation und Investitionen fanden in Surinam praktisch nicht statt. Als es 1975 unabhängig wurde, war es eines der ärmsten Länder der Welt.
Natürlich bemühte sich der junge Staat um Entwicklung. Surinam besitzt große Vorkommen an Bauxit, Gold, Diamanten und Öl und verfügt über mehr Regenwald pro Einwohner als jedes andere Land. Fortwährend in Zahlungsnot, haben die Regierungen – die Militärdiktatur, die 1980 die Macht ergriff, wie ihre zivile Nachfolgerin, die 1992 ins Amt kam – die Schürf- und Holznutzungsrechte an ausländische Unternehmen abgegeben. In den 1960 er Jahren genehmigte die Kolonialverwaltung dem großen Aluminiumhersteller Alcoa, einen 1500 Quadratkilometer großen Stausee anzulegen, der den Strom für die Aluminiumraffinierung produzierte. Heute hat die unabhängige Regierung dem Unternehmen China International Marine Containers, dem weltweit größten Containerhersteller, das Recht eingeräumt, für die Fertigung von Holzpaletten fast 2000 Quadratkilometer Regenwald abzuholzen. Andere Firmen folgten. 2007 waren rund vierzig Prozent der Landesfläche zum Abholzen verpachtet.
Der Kritik von Umweltschützern begegnete die Regierung durch die Schaffung von Naturparks. 1998 erklärte der Staat Surinam auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Conservation International, er habe gut 15 000 Quadratkilometer – zehn Prozent der Landesfläche – für die Schaffung des Central Suriname Nature Reserve, das weltweit größte Regenwaldreservat, bereitgestellt. «Surinams Beispiel», hieß es in einem Leitartikel der
New York Times
, sei «ein kleiner Hoffnungsschimmer.» Die UNESCO erklärte das Naturschutzgebiet 2000 zum Weltkulturerbe und nannte es «eines der sehr wenigen naturbelassenen Waldgebiete Amazoniens ohne Bewohner und ohne menschliche Nutzung». [704]
Seit dem durch Bluttrank besiegelten Vertrag von 1762 haben die Niederländer die Autonomie von sechs Maroon-Gemeinschaften anerkannt, von denen heute die Saramaka und die Ndyuka mit jeweils 50 000 Menschen am größten sind. [705] Keine ist im Voraus über die Vergabe der Holznutzungs- und Schürfkonzessionen unterrichtet worden, obwohl ihre Gebiete davon vielfach betroffen sind. Keine ist wegen des Stausees konsultiert worden, der Maroon-Dörfer überflutete. Besonders empörend: Die Turbinen sind mittlerweile verschlammt und nicht mehr zu verwenden. Genauso wenig wurden die Maroons wegen des Naturparks gefragt, der sich teilweise über das Gebiet der Kwinti erstreckt, der kleinsten der sechs Maroon-Gruppen, die dort seit 1750 lebt. Außerdem leben dort auch die indigenen Trio. Das Vorgehen der Regierung veranlasste eine Koalition von Saramaka-Führern, im Oktober 2000 eine Klage bei der Inter-American Commission on Human Rights einzureichen. Erzürnt warf Surinams Präsident den Saramaka vor, ihre Eingabe zeige, dass sie gemeinsame Sache mit den kolumbianischen Rauschgiftguerilleros machten, um einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Die Regierung versicherte, sie werde auch weiterhin Land zum Abholzen und Schürfen zur Verfügung stellen, eine Haltung, die sie bekräftigte, als die Kommission anordnete, diese Vorgehensweise zu beenden, und beharrte ein weiteres Mal im November 2007 auf ihrem Standpunkt, als der Inter-American Court of Human Rights Surinam aufforderte, den Saramaka die Verfügung über
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