Kolumbus' Erbe: Wie Menschen, Tiere, Pflanzen die Ozeane überquerten und die Welt von heute schufen (German Edition)
Leser, die mich auf sie aufmerksam machen möchten, können mich unter charlesmann.org erreichen.
Trotz seiner Probleme gestattet mir dieses Prinzip, ein anderes außerordentlich sperriges Problem zu vermeiden – das der Rasse. Der Rassenbegriff gehört heute international untrennbar zu jeder Erörterung von Interaktionen zwischen Menschen europäischer, afrikanischer, asiatischer und indianischer Herkunft. Doch mit Beginn der Globalisierung gab es die modernen Rassenbegriffe noch nicht. In ihrem Kampf gegen das Joch der afrikanisch-islamischen Reiche töteten oder versklavten die Bewohner der Iberischen Halbinsel in der Regel keine «Schwarzen», sondern «Mauren», «Ungläubige» oder «Götzendiener». Anfangs war die Sklaverei rassisch ziemlich unbelastet; die Frage, die die Spanier beschäftigte, lautete nicht, ob man «schwarze» oder «rote» Menschen versklaven könne, sondern ob Christen zu Leibeigenen gemacht werden dürften; Heiden, Ketzer und Verbrecher waren Freiwild.
Das Wort
negro
, das portugiesische Wort für «schwarz», kam erst in den 1450 er Jahren in Gebrauch, als portugiesische Schiffe in den heutigen Senegal kamen und das Gebiet
terra dos negros
(Land der Schwarzen) nannten. Obwohl
negro
die Hautfarbe bezeichnete, wurde das Wort meist zur ethnischen Kennzeichnung verwendet, ganz ähnlich wie Ire oder Malaie. Vergleichbar ist vielleicht
ang mo
, das fujianesische Wort für «Rotschopf». Mit
ang mo
wurden Niederländer bezeichnet, obwohl die meisten keine roten Haare hatten. Später bedeutete
negro
«Sklave» und wurde von den Afrikanern selbst verwendet. Wie die Historiker Linda M. Heywood und John K. Thornton anmerken, bestanden die Zentralafrikaner darauf, dass europäische Besucher das portugiesische Wort
negro
verwendeten, um Sklaven zu bezeichnen, und ein zweites, anderes portugiesisches Wort für schwarz –
preto
– der Ausdruck für freie Afrikaner sein sollte. [725]
Von Anfang an behaupteten die Europäer schreckliche Dinge über die «Schwarzen», aber die Verachtung war nicht so verbohrt, wie gelegentlich behauptet wird, sondern wirkte eher wie der Feld-, Wald- und Wiesen-Ethnozentrismus, der eine unausrottbare Eigenschaft der menschlichen Natur zu sein scheint. Wichtiger noch, die negativen Überzeugungen waren nicht rassisch begründet im modernen Sinne – sie machten nicht die Vererbung verantwortlich. Die Europäer kritisierten das afrikanische Verhalten, nicht seine genetischen Voraussetzungen; Afrikaner galten als schlecht, weil sie angeblich «promiskuitiv», «diebisch» oder mit «Teufelsanbetung» befasst, nicht aber, weil sie körperlich oder geistig unterlegen waren. Ich vereinfache ein wenig: Die Europäer glaubten schon, dass Eltern, die sich schädlichen Praktiken wie der Teufelsanbetung hingaben, auf ihre Kinder einen schrecklichen moralischen Makel übertragen konnten, der sich dann als körperliche und geistige Unterlegenheit ausdrückte. Doch das ist noch immer grundverschieden vom modernen Rassenbegriff.
Zweifellos gibt es Rassen in der modernen Bedeutung von vererbbaren genetischen Mustern, die mit einer geographischen Herkunft verknüpft sind, obwohl sich kaum bestimmen lässt, welche Gene jemanden zum «Afrikaner» oder zum «Weißen» machen. Sind Männer und Frauen «schwarz», wenn sie einen dunklen Teint und breite Nasen haben, aber ihre Haare keine Korkenzieherlocken aufweisen? Sind sie «weiß», wenn sie Adlernasen und glatte Haare, aber einen dunklen Teint besitzen? Es gibt endlose Zuordnungsschwierigkeiten und niemanden, der auch nur annähernd eine Lösung hätte. Das ist aber auch ohne Bedeutung für unser Thema: Wissenschaftliche Beschreibungen dieser Art haben nichts mit dem zu tun, was die Theoretiker des 18 . und 19 . Jahrhunderts im Blick hatten, als sie den sozialen Begriff der «weißen», «gelben», «roten» und «schwarzen» Rassen entwickelten. Die beiden Definitionen der Rasse – die genetische und die soziale – stehen nur in loser Verbindung, was unter anderem daran liegt, dass Rassendiskussionen häufig Dialoge zwischen Tauben sind. Um diese Verwirrung zu vermeiden, habe ich die Menschen in diesem Buch möglichst nach ihrer geographischen Herkunft bezeichnet – Afrikaner, Europäer, Asiate und so fort. Gelegentlich weiche ich aus rhetorischen Gründen von diesem Prinzip ab.
Allerdings mache ich eine große Ausnahme von dieser Regel. Angehörige indigener Völker werden gewöhnlich mit ihrem ethnischen Namen,
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