Kolumbus kam als Letzter
of-
fizieller Auffassung seit mehreren hundert Millionen Jahren keine
Eiszeit. Deshalb wirken sich Klimaschwankungen in vom Äquator
weit entfernten Gebieten deutlicher und prägnanter aus, denn eine
Abkühlung um einige Grad bei einer Durchschnittstemperatur von
25 Grad Celsius in tropischen Gebieten hat nur geringen Einfluss
auf Flora und Fauna.
283
Helmut Gams und Rolf Nordhagen legten Beobachtungen vor, die
sich nicht nur auf Europa beschränkten. Sie betrieben eigene Feld-
studien im nördlichen Alpenvorland, berücksichtigten und sam-
melten Klimaentwicklungen von Russland, von den östlichen Mit-
telmeerländern, vom Vorderen Orient und sogar von Nordamerika.
Es ergaben sich schnelle Klimaumbrüche im Zusammenwirken mit
heftigen tektonischen Verwerfungen in historischer Zeit, und zwar um -850 (= -350 eZ) sowie um 800 (= 9. Jh. eZ).
Da Gams und Nordhagen der konventionellen wissenschaftlichen
Zeittafel folgen, würde sich unter Berücksichtigung diskutierter
Phantomzeiten eine zeitliche Verschiebung in Richtung Jetztzeit
ergeben. Zu beachten ist auch, dass durch die Zeitverkürzung der
Klimaumschwung -850 Jahren (= -350 eZ) nicht gleitend langsam,
sondern als abrupter Klimasturz einsetzte. Ein wichtiger Gesichts-
punkt!
Augenzeuge eines plötzlichen Temperatursturzes ist Ötzi, der jungsteinzeitliche Gletschermann aus den Ötztaler Alpen. Diese
Gletscherleiche ist vollkommen atypisch, denn sie weist kaum Fett-
wachsbildung auf und die Oberhaut ist vollkommen abgelöst. Es
handelt sich eher um eine luftgetrocknete Mumie, wie wir sie aus
der Wüste Sahara kennen. Mit anderen Worten, Ötzi kann nicht direkt im Eis umgekommen sein. Er war zuerst hohen und eben
nicht tiefen Temperaturen ausgesetzt. Es mag die neue Ansicht
überraschen, dass der Mann vielleicht erst später im Schmelzwasser
dorthin trieb, wo er später – auf einem Felsblock liegend – erst sein eisiges Grab in 3145 Meter Höhe fand (»SpW«, Juli 2003, S. 39).
Es wurden Pollenkörner der Hopfenbuche im Dickdarm entdeckt.
Nur, die Hopfenbuche wächst heutzutage bis maximal in 1200
Meter Höhe. Gab es zum Todeszeitpunkt Ötzis überhaupt Eis in über 3000 Meter Höhe? Im Darm fand man auch Spuren des Glatten Neckermooses, das in solcher Höhe nicht, aber heutzutage im
unteren Schnalstal häufig vorkommt (»SpW«, Juli 2003, S. 35).
Dicht bei der Leiche lag auch eine gedörrte Schlehe ( Prunus spi-
nosa ) , ein Hinweis auf höhere Temperaturen oder wie man meint, auf mehrere Monate alten Trockenproviant, der ähnlich wie Dörr-pflaumen getrocknet wurde? Wenn Ötzi allerdings schnell aus dem 284
Tal herauf ins Eis gekommen sein soll, wie die Reste des Glatten
Neckermooses im Darm beweisen sollen, fragt sich, warum er mit
mehreren Monaten alten Dörrschlehen ins Hochgebirge aufstieg
und nicht frisch gedörrte mitnahm? Wurde die Schlehe zusammen
mit dem Kadaver von Ötzi gedörrt?
Zum anderen erstaunt die Wissenschaftler, dass die Pollenkörner
der Hopfenbuche zum Todeszeitpunkt frisch gewesen sind. Dieses Szenario erinnert an die in Sibirien stocksteif gefrorenen Mammuts,
die, in einer blühenden Landschaft lebend, mit noch frisch gekau-
tem Futter in Maul und Magen innerhalb kurzer Zeit auch einem
plötzlich einsetzenden Temperatursturz ausgesetzt waren und wie
Ötzi im sich schnell bildenden Eis begraben wurden. Gehören beide Ereignisse in die gleiche Zeitebene – identisch mit der von mir
propagierten Schneezeit?
Wie auch immer, in der postglazialen Wärmezeit nach Beginn der Schneezeit (= wissenschaftlich: Ende der Eiszeit) begann eine neue Klimaperiode: die subatlantische Zeit. »Diese beginnt nach Rutger
Sernander ungefähr am Übergang von der nordischen Bronzezeit
zur Eisenzeit (vgl. Montelius, 1912) mit einer plötzlichen Klimaver-
schlechterung, die ein rasches Ansteigen des Grundwassers und
Wachsen der Moore, eine Ausbreitung von Fichte und Buche und
einen starken Rückgang der Nord- und Höhengrenzen vieler Pflan-
zen und Tiere zur Folge hatte« (Gams/Nordhagen, 1923, S. 303).
»Paläobotanische Untersuchungen über die norddeutsche Pflan-
zenwelt weisen darauf hin, dass sich ein warmes und trockenes
Klima zu Beginn der so genannten subatlantischen Periode in ein
feuchtes und nasses änderte. Die Veränderung wird durch eine
scharfe Grenze in mehreren nordwesteuropäischen Mooren zwi-
schen einer ›weißen‹ über einer schwarzen Torfschicht offenkun-
dig. Die Überreste im
Weitere Kostenlose Bücher