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Kolyma

Kolyma

Titel: Kolyma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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zielte mit einer Maschinenpistole auf seinen Kopf. Er konnte ihn gar nicht verfehlen. Der Häftling zog den Abzug, hatte aber nicht mit einer Ladehemmung gerechnet.
    Timur sah seine Chance, und er explodierte förmlich. Mit einem Faustschlag zerschmetterte er dem Gefangenen die Nase, drehte ihn auf den Bauch und drückte sein Gesicht in eine Wasserlache. Wieder neigte sich das Schiff, diesmal allerdings zu Timurs Nachteil, das Wasser lief ab. Das rettete den Sträfling, der jetzt wieder atmen konnte. Leichen rutschten den Gang entlang und hinaus aufs Deck. Auch Timur und der Gefangene, die miteinander rangen, schlitterten in diese Richtung. Nur noch wenige Meter, dann würden sie ins tosende Meer stürzen.
    Als sie durch die Türluke rutschten, griff Timur nach oben und klammerte sich an den Sicherungsdraht. Gleichzeitig trat er nach dem verletzten Gefangenen und schleuderte ihn aufs Deck hinaus. Eine zweite Welle brandete heran. Timur zog sich hinein und schloss die Tür. Durch das kleine Glasfenster starrte er direkt in die Augen des Sträflings. Dann schlug die Welle auf, Timur spürte die Erschütterung in den Händen. Als das Wasser sich zurückgezogen hatte, war der Gefangene verschwunden.

    Am selben Tag

    Vom Fuß der Treppe aus beobachtete Leo, wie der frischgebackene Anführer des Aufstands an der Stahltür zerrte und sie aufzuziehen versuchte. Sie waren eingeschlossen, der Weg zur Brücke versperrt. Bei seinem Ausbruchsversuch hatte er viele seiner wory verloren. Es verstand sich von selbst, dass er den Angriff von hinten aus geleitet hatte, wo keine Kugeln pfiffen.
    Der Wassereinbruch hatte ihn die Treppe hinabgespült. Leo blickte zu Boden. Er stand knöcheltief im Wasser, es rollte von einer Seite zur anderen und destabilisierte das Schiff. Abpumpen konnte man es nicht, jedenfalls nicht inmitten des Kampfes. Dass die Gegner etwa kooperierten, daran war nicht zu denken. Wenn noch mehr Wasser eindrang, würde das Schiff kentern und sie selbst hier in der Finsternis untergehen, eingeschlossen in einem stählernen Gefängnis, das mit eiskaltem Meerwasser volllief. Doch ihren neuen, selbsternannten Anführer interessierte die prekäre Lage des Schiffes nicht. Er hatte eine Gefangenenrevolution angezettelt und schien entschlossen, diese entweder erfolgreich zu Ende zu bringen oder zu sterben.
    Die Dampfmaschine fing an zu stottern. Leo drehte sich um und sah nach, was los war. Die Maschine musste unbedingt am Laufen gehalten werden. Er wandte sich an die verbliebenen Gefangenen und forderte sie zur Mithilfe auf. »Wir müssen die Kohlen trocken halten und das Feuer beschicken.«
    Der Anführer kam zurück in den Maschinenraum und schnauzte: »Wenn sie uns nicht freilassen, schlagen wir die Maschine kaputt.«
    Leo schüttelte nur den Kopf. »Sobald wir an Leistung verlieren, kann das Schiff nicht mehr navigieren und wird sinken. Wir müssen die Maschine am Laufen halten. Unser Leben hängt davon ab.«
    »Deren Leben auch. Wenn wir ihnen den Saft abdrehen, dann müssen sie mit uns reden. Dann müssen sie verhandeln.«
    »Die werden nie und nimmer die Türen aufmachen. Wenn wir die Maschine zerstören, geben sie das Schiff auf. Die haben genügend Rettungsboote - wir aber nicht. Sie würden uns eher ertrinken lassen.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Es wäre nicht das erste Mal. An Bord der Dschurma sind die Gefangenen mal ins Vorratslager eingebrochen, haben sich Nahrungsmittel gestohlen und den Rest in Brand gesteckt, die ganzen Reissäcke und Holzregale. Sie dachten, die Wärter würden sofort heruntergestürzt kommen. Irrtum. Die ließen es einfach brennen. Alle Gefangenen sind erstickt.«
    Leo nahm sich eine Schaufel. Der Anführer schüttelte den Kopf. »Leg sie wieder hin.«
    Ohne auf ihn zu achten, schaufelte Leo Kohle in den Ofen. Das vernachlässigte Feuer war schon merklich abgekühlt. Keiner der Männer half ihm, alle warteten ab, wie der Konflikt ausgehen würde. Leo versuchte seinen Gegner einzuschätzen. Er war sich nicht sicher, ob er ihn würde bezwingen können. Es war schon lange her, seit er zum letzten Mal gegen jemanden gekämpft hatte. Leo umklammerte die Schaufel fester und machte sich bereit.
    Zu seiner Überraschung lächelte der Anführer nur. »Na dann los. Schaufel Kohle wie ein Sklave. Es gibt noch einen anderen Weg hier heraus.«
    Er nahm sich selbst eine Schaufel und kletterte durch die kaputte Trennwand in den Gefangenenraum. Leo blieb stehen. Sollte er einfach

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