Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)
endet mit einer Null«, sagte Aune. »Nichts tun.«
»Wenn er fertig geworden ist«, sagte Beate. »Er musste ja an seiner Haltestelle aussteigen.«
»Manchmal hören Serienmörder einfach auf«, sagte Katrine. »Sie verschwinden, und ihre Taten wiederholen sich nicht.«
»Ausnahmsweise«, sagte Beate. »Null oder nicht Null, wer von euch glaubt, dass unser Polizeischlächter vorhat, aufzuhören? Ståle?«
»Katrine hat recht, ich fürchte aber, dass unserer hier weitermacht.«
Fürchte, dachte Katrine und war kurz davor zu sagen, dass sie das Gegenteil fürchtete, dass er nämlich jetzt, da sie ihm so nah waren, einfach aufhören und verschwinden könnte. Dass es das Risiko wert war. Ja, dass sie im schlimmsten Fall bereit war, einen Kollegen zu opfern, wenn sie dafür Valentin schnappen konnten. Es war ein kranker Gedanke, der sich erschreckend deutlich in ihrem Kopf abzeichnete. Noch ein verlorenes Polizistenleben wäre tatsächlich auszuhalten. Dass Valentin ungestraft davonkam, hingegen nicht. Sie bewegte ihre Lippen wie zu einer stummen Beschwörung: Noch einmal, du Satan. Schlag noch einmal zu.
Katrines Handy klingelte. Sie erkannte die Nummer der Rechtsmedizin und nahm ab.
»Hallo, wir haben das Kaugummistückchen aus dem Vergewaltigungsfall überprüft.«
»Ja?« Katrines Blut pumpte schneller durch ihren Körper. Zum Teufel mit allen Theorien, das hier waren harte Fakten.
»Wir haben leider kein DNA -Material gefunden.«
»Was?« Es war, wie einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu bekommen. »Aber … aber das war doch voller Speichel?«
»So ist das manchmal, tut mir leid. Wir können es natürlich noch einmal checken, aber bei den Polizistenmorden …«
Katrine legte auf. »Sie haben in dem Kaugummi nichts gefunden«, sagte sie leise.
Bjørn und Beate nickten. Katrine glaubte, bei Beate eine gewisse Erleichterung zu erkennen.
Es klopfte an der Tür.
»Ja!«, rief Beate.
Katrine starrte auf die Stahltür, plötzlich sicher, dass das er war. Der große Blonde. Dass er es sich anders überlegt hatte. Dass er gekommen war, um sie aus dieser Misere zu retten.
Die Stahltür ging auf, und Katrine fluchte innerlich. Es war Gunnar Hagen. »Wie läuft’s?«
Beate streckte die Hände über ihren Kopf. »Kein Valentin in den Linien 11 oder 12 heute Nachmittag, und auch die Befragungen haben nichts ergeben. Wir haben auch noch am Abend Leute in der Straßenbahn, aber die Wahrscheinlichkeit, dass er erst morgen früh wieder auftaucht, ist größer.«
»Ich habe eine Anfrage von der Ermittlungsgruppe bekommen wegen des Polizeieinsatzes in der Straßenbahn. Sie wollen wissen, was da vorgefallen ist und ob das etwas mit den Polizistenmorden zu tun hat.«
»Gerüchte kursieren schnell«, sagte Beate.
»Ein bisschen zu schnell«, sagte Hagen. »Das wird Bellman zu Ohren kommen.«
Katrine starrte auf den Bildschirm. Muster waren doch ihre Stärke, so war sie damals auch dem Schneemann auf die Spur gekommen. Also. Eins und Null. Zwei Zahlen, paarweise. Insgesamt vielleicht zehn Mal? Ein wiederkehrendes Zahlenpaar. Mehrmals wiederkehrend …
»Ich werde ihn deshalb schon heute Abend über Valentin informieren.«
»Und was heißt das für unsere Gruppe?«, fragte Beate.
»Dass Valentin in einer Straßenbahn auftaucht, ist ja nicht unser Fehler. Da mussten wir einfach handeln. Aber damit hat die Gruppe ihre Arbeit getan. Sie hat ermittelt, dass Valentin lebt und uns damit einen Hauptverdächtigen beschert. Und wenn wir ihn jetzt nicht kriegen, kann er ja noch immer in Berg auftauchen. Jetzt übernehmen die anderen.«
»Was ist denn mit Poly-10?«, fragte Katrine.
»Was?«, fragte Hagen vorsichtig.
»Ståle sagt, dass die Finger das schreiben, womit das Unterbewusstsein arbeitet. Valentin hat viele Zehner hintereinander geschrieben. Poly heißt viel. Also Poly-10. Fast wie in ›Poli-zei‹. Das könnte ja vielleicht bedeuten, dass er plant, noch mehr Polizisten umzubringen.«
»Wovon redet sie?«, fragte Hagen an Ståle gewandt.
Ståle Aune zuckte mit den Schultern. »Wir versuchen zu deuten, was er da an die Scheibe geschrieben hat. Ich selbst bin zu dem Schluss gekommen, dass das Tod heißt. Aber vielleicht mag er einfach nur Einsen und Nullen? Das menschliche Hirn ist ein mehrdimensionales Labyrinth. Alle sind schon mal da gewesen, aber keiner kennt den Weg.«
Als Katrine auf dem Weg zu ihrer Wohnung in Grünerløkka war, nahm sie nichts von dem Leben um sich herum wahr. All die lachenden,
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