Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
am liebsten …, wenn sie sich wehren«, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Susan nahm den Feuerlöscher und schleuderte ihn mit ganzer Kraft der knienden Gestalt entgegen. D’Ambrosio wollte ausweichen, doch der schwere Metallzylinder traf ihn an der rechten Schulter. Wieder machte D’Ambrosio eine unfreiwillige Rolle rückwärts und landete eine Reihe tiefer, während der Feuerlöscher mit gewaltigem Lärm von Stufe zu Stufe abwärts kollerte und schließlich in der achten Reihe liegenblieb.
    Susan schlug die Hörsaaltür zwischen sich und ihrem Verfolger zu und blieb im Korridor keuchend stehen. Großer Gott, hatte der Kerl übermenschliche Kräfte? Sie mußte irgendeinen Weg finden, ihn aufzuhalten. Sie wußte, sie hatte schon unglaubliches Glück gehabt, ihn so zu erwischen, aber das Handtuch warf der noch lange nicht. Plötzlich fiel ihr die große Gefrierkammer im Anatomiesaal ein.
    Der Flur lag fast ganz im Dunkeln, nur das Fenster am Ende gab einen Orientierungsschimmer. Dort, ganz hinten, direkt neben dem Fenster, lag auch der Eingang zum Anatomiesaal. Susan rannte auf ihn zu, und als sie dort angelangt war, hörte sie, wie die Tür vom Amphitheater geöffnet wurde.
    D’Ambrosio fühlte sich angeschlagen, aber alles in allem noch manövrierfähig. Husten und Luftholen tat weh, doch es ließ sich aushalten. Trotz der Prellung der rechten Schulter konnte er den Arm bewegen. Vor allem platzte er fast vor Wut. Daß dieses Weibsstück ihn reingelegt und außer Gefecht gesetzt hatte, wenn auch nur für ein paar Minuten, ging ihm über die Hutschnur. Jetzt war Schluß! Eigentlich hatte er sich erst sein Vergnügen mit ihr machen und sie dann umbringen wollen. Jetzt würde er in umgekehrter Reihenfolge vorgehen, erst kaltmachen, dann drübersteigen. Die Beretta hatte er in der Hand, der silbern schimmernde Schalldämpfer saß an seinem Platz. Als er aus dem Hörsaal kam, erhaschte er gerade noch einen Blick auf Susan, die in den Anatomiesaal lief. Er feuerte, ohne wirklich zu zielen, und das Geschoß verfehlte Susan um fast zehn Zentimeter. Das Projektil drang in den Türrahmen; die Splitter flogen.
    In Susans Ohren klang die Beretta wie ein Teppichklopfer. Erst das splitternde Holz machte ihr klar, daß es sich um einen Schuß handelte, der aus einer Pistole mit Schalldämpfer gekommen war.
    »So, du verdammte Schnecke, die Party ist aus«, rief D’Ambrosio. Fast gemächlich kam er den Flur entlang. Er wußte, sie saß in der Falle, und Rennen hätte nur unnötig weh getan.
    Im Anatomiesaal blieb Susan einen Moment stehen und versuchte, sich im schwachen Lichtschimmer zu orientieren. Dann verriegelte sie die Tür hinter sich. Das erste Semester war derzeit gerade mitten in seiner Anatomieübung. Alle Seziertische trugen grüne Plastikhüllen, die im schwachen Licht in einem Grauton schimmerten. Susan lief durch die Reihen der zugedeckten Tische zum entfernten Saalende, wo sich die Tür zur Gefrierkammer befand. Der Riegel wurde von einem großen stählernen Dorn festgehalten. Sie zog ihn heraus und ließ ihn an der Kette baumeln, schob dann den Riegel zurück. Sie hatte einige Mühe, die schwere Tür aufzubekommen und sich durch den Spalt zu drücken. Sie zog die Tür hinter sich zu, hörte das dumpfe Klicken und tastete nach dem Lichtschalter.
    Die Gefrierkammer war mindestens drei bis vier Meter breit und gut zehn Meter tief. Susan erinnerte sich nur zu genau an ihren ersten Tag hier. Der Hausdiener tat nichts lieber als »seinen Kühlschrank«, wie er ihn liebevoll nannte, den neuen Studenten zu zeigen. Er bot Einzelführungen an und war aus unerfindlichen, aber mit Sicherheit perversen Gründen vor allem scharf auf weibliche Kundschaft. Er war sozusagen der Ziehvater der Leichen, die hier zum Sezieren aufbewahrt wurden. Nach dem Einbalsamieren wurden die menschlichen Kadaver an großen Zangen festgemacht, die in den äußeren Ohrkanälen klemmten, und diese Zangen wurden wie Vorhanghalter mit Rollen auf an der Decke befestigte Stahlschienen gehängt. So ließen sich die Leichen gut bewegen. Da hingen sie: nackt, verkrümmt, die meisten in der Farbe bleichen Marmors, Männlein und Weiblein bunt durcheinander, Juden und Christen, Weiße und Schwarze. Der Tod machte alle gleich. Die Gesichter waren zu verzerrtem Grinsen erstarrt. Die meisten hatten die Augen geschlossen. Hier und da war eins offengeblieben und glotzte in die Unendlichkeit. Das erste Mal, als Susan die vier Reihen

Weitere Kostenlose Bücher