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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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ging sie weiter. Immer wieder waren Glühbirnen durchgebrannt, und jedesmal wurde ihr Schatten vor ihr lang und länger.
    Nach einer halben Ewigkeit kam sie bei einer Doppelschwingtür an. Beide Hälften hatten im oberen Drittel Milchglasscheiben, jede mit der Aufschrift in schwarzen Lettern: Unbefugten Zutritt verboten. Darunter in abblätternder Goldfarbe der Name des Allerheiligsten: Pathologisches Laboratorium. Vor der Tür zögerte Susan, versuchte, ihren ganzen Mut zusammenzunehmen, und wappnete sich innerlich für das, was sie erwarten mochte. Sie schob die Türflügel einen Spalt weit auseinander und erhaschte einen Blick auf das Dahinterliegende. Den Raum beherrschte ein langer schwarzer Steintisch, der von Kästen mit Objektträgern, Chemikalien, Bunsenbrennern und Büchern übersät war. Susan gab sich einen Ruck, stieß die Tür auf und trat ein. Sofort umfing sie der säuerliche Geruch von Formaldehyd, der wie eine Wolke über dem Raum lag.
    Zur Rechten war die Wand von der Decke bis zum Boden mit Regalen überzogen. Die Borde waren mit Töpfen, Krügen, Glasflaschen und ähnlichen Behältern in den verschiedensten Größen gefüllt. Als Susan genauer hinsah, erkannte sie, was sich in dem großen Glasbehälter vor ihr befand: ein menschlicher Kopf, im Profil, säuberlich halbiert. Gleich hinter dem Zungenquerschnitt in der Halswand fiel ihr eine granulierte, dunkle Masse auf. Das Schild auf dem Behälter stellte nüchtern fest: Rachenkarzinom 304-A6-1932. Susan versuchte krampfhaft, den Blick von weiteren Ausstellungsstücken abzuwenden.
    Am anderen Ende des Raumes sah sie eine zweite Schwingtür, die jener glich, durch die sie gerade eingetreten war. Aus dem dahinterliegenden Raum klangen ihr Stimmen und metallische Geräusche entgegen. So leise wie möglich ging sie auf die Tür zu. Sie kam sich wie ein Eindringling in fremder, womöglich feindlicher Umwelt vor.
    Ohne großen Erfolg versuchte Susan, durch den Türspalt zu spähen. Immerhin wußte sie sofort: Vor ihr lag der Autopsie-Raum. Ganz langsam schob sie die linke Tür ein Stück auf.
    Ein schrilles Klingeln ließ sie erst zusammen- und dann herumfahren, die Tür hinter ihr schwang wieder zu. Zuerst wähnte sie, ihr Eindringen hätte irgendeinen Alarm ausgelöst, und sie verspürte den Drang zur Flucht. Doch ehe sie sich rühren konnte, kam aus einer Seitentür ein Pathologie-Assistenzarzt zum Vorschein.
    »He, guten Abend!« rief der Mann Susan zu, als er zum Spülstein ging und einen Behälter für destilliertes Wasser aufnahm. Während er Wasser über ein Tablett mit gläsernen Objektträgern sprühte, lächelte er Susan zu. Die Farbe der hauchdünnen Glasplättchen wechselte von einem tiefen Violett in ein klares Hellrot. »Willkommen in den Tiefen des pathologischen Labors. Sind Sie Medizinstudentin?«
    »Ja.« Susan rang sich ein Lächeln ab.
    »Davon bekommen wir hier nicht viele zu sehen, jedenfalls nicht zu dieser Tages- … oder vielmehr Nachtzeit«, verbesserte er sich. »Können wir was Bestimmtes für Sie tun?«
    »Ach, ich weiß nicht, eigentlich nicht. Ich seh’ mich nur um. Wissen Sie, ich bin hier ganz neu.« Susan vergrub die Hände in den Taschen ihres weißen Kittels. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
    »Machen Sie sich’s bequem, und strecken Sie nur die Fühler aus. Im Büro da drüben gibt’s Kaffee, wenn Sie möchten.«
    »Nein, vielen Dank.« Susan ging zum Steintisch zurück, berührte geistesabwesend ein paar Bücher.
    Der Arzt sprühte noch einmal über seine Objektträger, die sich umgehend dunkelgelb verfärbten. Dann stellte er die Weck-Uhr neu ein.
    »Ich meine, na ja, vielleicht könnten Sie mir doch einen Gefallen tun«, sagte Susan und verschob ein paar Mikroskope. »Heute sind mehrere Patienten auf Beard sechs gestorben. Mich interessiert, ob sie … na ja … hm …« Susan suchte nach dem richtigen Wort.
    »Wie hießen sie denn?« Der Arzt wischte sich die Hände ab. »Die machen da drinnen gerade eine Autopsie.«
    »Ferrer und Crawford.«
    Der Arzt ging zu einer Merktafel an der gegenüberliegenden Wand. »Hm, Crawford, ja … Kommt mir irgendwie bekannt vor. Glaube, das war ein Fall für den Leichenbeschauer. Hier, da haben wir Ferrer. Der ist für den Leichenbeschauer. Und da ist Crawford, der auch, dachte mir’s doch. Beides Fälle für die Behörde, aber, warten Sie mal ’nen Moment.«
    Mit schnellen Schritten ging der Assistenzarzt zur Tür, die in den Autopsie-Raum führte. Mit der linken Hand

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