Komm für mich: Erotischer Roman (German Edition)
Diese Augen, die ihren Dienst ab und zu versagen, sind voller Schatten, die scheinbar nichts mit seiner zunehmenden Sehschwäche zu tun haben. Ich sehe Zweifel und Unsicherheit in ihnen. Sie spiegeln meine eigenen Gefühle wider. Bereut er die Intimität des Seelen-Striptease der vergangenen Nacht ebenso wie ich? Und wenn ja, hat er vielleicht einen anderen Grund dafür als den, der mich langsam zu quälen und zu plagen beginnt?
Ich habe zu viel gegeben. Ich bin zu tief eingetaucht. Ich habe mein Herz zu bereitwillig verschenkt, ich werde es niemals heil und in einem Stück wiederbekommen können. Empfindet er dasselbe? Oder bereut er einfach nur, dass er sich ein bisschen mehr eingelassen hat, als er es eigentlich wollte?
»Gwendolynne?«, fragt er mit leicht zuckendem Mund nach. Er hat definitiv etwas auf dem Herzen.
»Ja, gieß mir ruhig ein.« Ich greife nach dem zweiten Bademantel, den er zuvorkommend in meiner Reichweite platziert hat, kämpfe mich unter der Bettdecke hervor und schlüpfe hinein. »Ich bin gleich wieder da. Ich muss nur mal kurz, äh, ins Badezimmer.«
»Ist gut. Milch und Zucker?«
»Nur Milch«, antworte ich und renne dann blitzschnell in die Abgeschiedenheit des Badezimmers, als hätte ich mich verbrannt und müsste die Hand unters Wasser halten. Vielleicht trifft das sogar zu. Sinnbildlich betrachtet habe ich mir die Finger verbrannt. Ich habe mit dem Feuer gespielt – einem wunderschönen Feuer – und das ist das Ergebnis dieses Spiels.
Als ich im Bad alles erledigt habe, spüre ich eine seltsame Zurückhaltung, meine temporäre Zuflucht wieder zu verlassen. So lächerlich es scheinen mag nach allem, was wir zusammen erlebt haben, so spüre ich doch eine gewisse Scheu in mir. Meine Gefühle für Daniel und die Unsicherheit, was er eigentlich für mich empfindet, machen die Situation einfach immer prekärer.
Schließlich schleiche ich doch aus dem Bad heraus – eingepackt in meinen Bademantel und einen schützenden Umhang aus Wachsamkeit. Daniel sitzt mit einer Kaffeetasse in der Hand auf dem Bett und starrt auf seine Füße. Ich nehme meine Tasse, setze mich neben ihn und starre auch auf seine Füße. Er hat sehr schöne Füße. Recht groß zwar, aber gut geformt und äußerst gepflegt.
»Ich muss heute wieder weg. Später am Tag. Wegen einer Operation.« Seine Worte stürzen auf mich hinab wie ein schweres Klavier aus dem obersten Stockwerk eines Hochhauses. Sie kommen so plötzlich und sind so bedeutsam, dass ich zusammenzucke. Diese Offenbarung ist ein noch größerer Schock als die Erlebnisse der vergangenen Nacht – wenn das überhaupt möglich ist.
»Oh … aha …« Mir fällt nichts ein, was ich sagen könnte, doch innerlich schreie ich laut auf. Ich wusste natürlich, dass er sich irgendwann behandeln lassen müsste. Aber die Tatsache, dass die Operation unmittelbar bevorsteht, zwingt mich dazu, mich dem Grauen des Gedankens zu stellen, was wohl mit dem Mann, den ich liebe, geschehen wird.
»Ich muss diese Sache endlich klären lassen.« Er hält inne, reibt sich den Hinterkopf und zerzaust dabei wieder seine Locken. Irgendwo dahinter lauert das verdammte Ding von einem Tumor. »Und je eher, desto besser. Sonst werde ich nämlich blind. Oder noch Schlimmeres.« Sein tiefes Einatmen verrät mir, dass er gerade gegen eine Welle der Furcht ankämpfen muss. Aber wem würde es nicht so gehen? Ich muss auf jeden Fall gegen meine Angst ankämpfen. Gegen meine Angst um ihn.
»Ich muss noch mal nach London zurück. In die Klinik. Zu ein paar weiteren Tests. Und dann, in zwei oder drei Tagen komme ich unters Messer.«
Plötzlich ist ein lautes Stöhnen zu hören, das zu meinem eigenen Erschrecken tatsächlich aus meinem Munde kommt.
»Hey, mach dir keine Sorge! Ich bin jung, fit und für einen Akademiker ein ziemlich harter Hund.« Er stellt seine Tasse weg und legt den Arm um mich. Ich führe meine Tasse zitternd zum Mund und versuche, etwas daraus zu trinken. Der Kaffee ist ausgezeichnet, tropft mir aber auf den Bademantel. Immerhin nicht auf die nackte Haut.
Der Gedanke, dass Daniel blind werden oder vielleicht sogar sterben könnte, ist einfach zu grauenhaft, um ihn ganz zu begreifen. Es fühlt sich an, als würde mein ganzes Innere zusammengeknüllt. Daniel nimmt mir die Kaffeetasse ab. Ich bin wie taub und verrückt vor Sorge. Und ich fange tatsächlich an, in meinem Kopf Vereinbarungen mit imaginären höheren Mächten zu treffen:
Ich werde ihn aufgeben und nie
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