Komm mit auf die Insel unserer Liebe
Du hast gesagt, dass viele Kinder kommen würden, und Kinder lieben Schnee. Deshalb wird Schnee hier eine ganz besondere Rolle spielen. Unser Thema ist der Winter, und darauf wird die ganze Feier ausgerichtet.“
Eleanors Augen leuchteten, als sie mit ihren Erläuterungen fortfuhr. „Während die Erwachsenen hier drinnen feiern, dürfen die Kinder nach Herzenslust draußen herumtoben. Sie können Schneemänner oder kleine Iglus bauen und Schneeballschlachten veranstalten, und wenn sie dann genug vom Spielen haben, gehen sie auf die Terrasse, wo lustig dekorierte Tische mit jeder Menge Leckereien auf sie warten.“ Eleanor lächelte versonnen. „Im Schnee herumzutoben hat mir als kleines Mädchen immer riesigen Spaß gemacht. Und da gab es einen Tag, den fand ich ganz besonders schön.“
„Warum war er denn so schön?“, erkundigte sich Jace. Er hatte ihr die ganze Zeit fasziniert zugehört. Wie reizvoll Eleanor war, wenn sie sich für etwas begeisterte.
Doch im nächsten Moment wurde sie wieder ernst und biss sich auf die Lippe. Es befiel sie immer eine gewisse Traurigkeit, wenn sie an ihre Kindheit dachte. Leider hatte es nur sehr wenige Tage gegeben, an denen Eleanor wirklich glücklich gewesen war. „An diesem Tag … fiel die Schule aus, weil sehr viel Schnee gefallen war“, erklärte sie zögernd. „Und meine Mutter musste nicht zur Arbeit und hatte deshalb Zeit für mich.“
„Und was habt ihr dann gemacht? Seid ihr zusammen Schlitten gefahren?“ Jace schüttelte den Kopf. „Irgendwie kann ich mir das bei deiner Mutter kaum vorstellen, so wie du sie mir damals beschrieben hast.“
Eleanor war überrascht, dass er sich daran noch erinnerte. Sie hatte ihm tatsächlich anvertraut, wie sehr sie als Kind unter der Karrieresucht ihrer Mutter gelitten hatte. Nie hatte Heather richtig Zeit für sie gehabt, weil die Arbeit immer vorgegangen war. Und ihren Vater kannte Eleanor nicht einmal, da ihre Mutter durch eine anonyme Samenspende schwanger geworden war. Auch das war für Eleanor sehr schwer zu akzeptieren, und sie hatte sich schon als kleines Mädchen vorgenommen, ihren Kindern den Vater niemals vorzuenthalten, sollte sie jemals welche haben.
„Ja, genau das haben wir gemacht, und es war toll“, gab sie wehmütig zu. „Aber solche schönen Tage gab es leider nur sehr selten.“
Jace sah sie nachdenklich an. „Dann wundert es mich umso mehr, dass du den gleichen Beruf ergriffen hast wie deine Mutter. Dabei wolltest du doch nie so werden wie sie – eine Karrierefrau, bei der an erster Stelle immer der Job steht, und die nie Zeit für die schönen Dinge des Lebens hat.“
Seine Worte versetzten Eleanor einen Stich, denn sie hatten einen wunden Punkt getroffen. „Wie kannst du so etwas sagen, du kennst mich doch gar nicht wirklich!“, erwiderte sie gekränkt.
„Warum soll ich das nicht sagen? Weil du die Wahrheit nicht ertragen kannst? Der Job hat deine Mutter aufgefressen, das weißt du ganz genau. Er hat sie hart und unerbittlich gemacht und unendlich einsam. Und wenn ich dich so vor mir sehe, dann hab ich das Gefühl, ich sehe sie.“
Eleanor wurde blass, denn Jace hatte voll ins Schwarze getroffen, und das tat weh. „Dann siehst du etwas Falsches“, brachte sie gepresst hervor, da sie mit den Tränen kämpfte. „Weil du keine Ahnung hast, wie ich wirklich bin.“
„Oh doch, das habe ich, ich sehe nämlich, wie sehr du dich verändert hast. Ich frage mich nur, warum.“
Eleanor schluckte schwer, denn die Tränen ließen sich nun kaum noch zurückhalten. „Ich bin so geworden, weil du mich verändert hast, Jace Zervas. Nur du allein.“
„Aber Ellie, das ist doch …“
„Nenn mich gefälligst nicht mehr Ellie!“, fuhr sie ihn an, denn sie konnte es nicht mehr ertragen, dass er noch mehr in ihrer verwundeten Seele wühlte. „Die Ellie, die du vor zehn Jahren kanntest, gibt es nicht mehr, versteh das endlich. An dem Tag, als du mich verlassen hast, hat sie aufgehört zu existieren!“
Eleanor rannte zur Garderobe, riss ihren Mantel vom Haken und lief schluchzend davon.
5. KAPITEL
Der Tag der Weihnachtsfeier war gekommen, und Eleanor warf noch einen letzten prüfenden Blick in den festlich geschmückten Saal. Ja, alles war perfekt, und in zehn Minuten sollten die ersten Gäste eintreffen. Eleanor war schon am frühen Morgen ins Bootshaus gekommen, um zusammen mit Laura die letzten Dekorationen anzubringen, dafür zu sorgen, dass die Musikboxen richtig standen und die Band,
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