Komm mit auf die Insel unserer Liebe
ihrem schlimmsten Leid erzählt. Jace hingegen hatte gar nichts von sich offenbart und ihr auch nicht gesagt, wie es nun zwischen ihnen weitergehen sollte.
Ehe die Enttäuschung Oberhand gewann, beschloss Eleanor, sich mit Arbeit abzulenken. Zuerst entwarf sie die ersten Pläne für die Party, dann ging sie nach oben und suchte in den Schränken nach der Kiste, von der Jace gesprochen hatte. In einem davon fand sie mehrere Kartons und alte Kisten, darunter auch besagte grüne. Eleanor öffnete sie und fand tatsächlich jede Menge alter Fotos, wovon gleich das erste Jace als kleinen Jungen mit all seinen Schwestern zeigte. Er lächelte darauf so schön, dass Eleanor das Herz aufging. Ja, das war es, dieses Lächeln, das sie so sehr an ihm liebte!
Der Gedanke ließ ihr Herz schneller schlagen. Liebte sie Jace denn wirklich noch? Wahrscheinlich ja, denn sie musste ständig an ihn denken, und wenn er sie nur sanft berührte, fühlte sie sich wie im Paradies. Andererseits gab es immer noch so vieles, das sie über ihn nicht wusste. Sie kannte weder seine Hoffnungen und Wünsche noch seine Ängste oder Sorgen. Wie sollte ihre Liebe eine Zukunft haben, wenn er ihr nicht vertraute?
Eleanor wandte sich wieder den Fotos zu. Sie zeigten Jace und seine Familie bei Geburtstagsfeiern und Weihnachtsessen, beim Spielen am Strand und im Garten. Als kleiner Junge schien Jace noch unbeschwert und glücklich gewesen zu sein, doch sein Gesichtsausdruck als Teenager sprach eine andere Sprache. Auf einem der Fotos war Jace mit seinem Vater zu sehen, und es zeigte deutlich, welch große Kluft zwischen den beiden lag. Seltsam, als sie Jace vor zehn Jahren kennenlernte, hatte sie nie das Gefühl gehabt, er wäre unglücklich gewesen. Hatte er ihr damals nur etwas vorgemacht und sein wahres Ich unter einer Maske verborgen?
„Wie ich sehe, hast du sie gefunden.“
Eleanor zuckte erschrocken zusammen. Sie war so tief in Gedanken gewesen, dass sie Jace gar nicht hatte kommen hören. „Ich … ja, ich hab alles gefunden, was ich brauche.“ Sie hielt immer noch das Foto in der Hand, das ihn mit seinem Vater zeigte.
„Das stellst du aber nicht aus, oder?“
„Nein, das nicht.“ Sie legte es zurück in die Kiste und sah Jace an. „Wie war denn deine Kindheit? Wart ihr eine glückliche Familie?“
„Anfangs ja, später weniger“, erwiderte er knapp. „Agatha hat das Essen schon gerichtet. Ich geh schon mal vor, kommst du, wenn du fertig bist?“
Eleanor nickte schweigend. Was hätte sie dazu auch noch sagen sollen?
Jace ging verärgert aus dem Zimmer. Es passte ihm ganz und gar nicht, dass Eleanor in seiner Vergangenheit wühlte, denn dadurch kamen zwangsläufig Fragen auf, die er nicht beantworten wollte. Ob er eine glückliche Kindheit gehabt hatte – ja, bis ich fünfzehn war, dachte er verdrossen. Danach machte mein Vater mir das Leben zur Hölle, indem er mich jeden Tag aufs Neue spüren ließ, was für ein Versager ich in seinen Augen war.
Warum musste Eleanor unbedingt diese Fotos haben? Jace wollte sie nicht sehen, weil sie all die negativen Gefühle in ihm auslösten, gegen die er schon seit Jahren kämpfte. Auch wenn er heute wusste, dass er doch zeugungsfähig war, nagte dieses schreckliche Gefühl der Unzulänglichkeit immer noch an seiner Seele.
Trotz allem tat es Jace nun leid, dass er Eleanor so angefahren hatte, schließlich konnte sie ja nicht wissen, wie es in ihm aussah. Er hatte einfach keine Lust gehabt, mit diesem düsteren Kapitel seines Lebens konfrontiert zu werden. Aber musste man das nicht, wenn man einen Menschen liebte? Lag der Sinn der Liebe denn nicht darin, dem anderen zu vertrauen, auch wenn das Risiko bestand, verletzt zu werden? War man dann erst in der Lage, Liebe zu schenken und zu empfangen?
Jace kamen große Zweifel, dass es möglich war, die Geister der Vergangenheit für immer zu verbannen und ganz von vorne anzufangen. Missmutig schüttelte er die Gedanken ab und ging zu Agatha in die Küche.
Nachdem Eleanor geduscht und sich umgezogen hatte, ging auch sie hinunter in die Küche. Jace saß schon am Tisch und lächelte ihr zu, als ob nichts gewesen wäre, doch Eleanor traute diesem Frieden nicht. Warum hatte er vorhin so empfindlich reagiert, als sie sich die Fotos angesehen und ihn nach seiner Kindheit gefragt hatte? Weshalb verschloss er sich vor ihr, während sie bereit war, ihre Gedanken und Gefühle mit ihm zu teilen? Dass Jace emotional auf Abstand ging, kränkte sie und sie
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