Komm mit mir nach Kreta
ersten Treffen in Sydney hatte Costas gewissenhaft darauf geachtet, Abstand zu halten. Und Sophie war inzwischen zu der Überzeugung gekommen, dass sie sich ihre heftige Reaktion auf ihn nur eingebildet hatte.
Umso mehr traf es sie jetzt, dass eine simple Geste von ihm erneut eine derartige Wirkung auf sie hatte. Wie schaffte er es nur, sie so aus der Ruhe zu bringen?
„Ich bin okay“, erwiderte sie mühsam, ohne ihn anzusehen. „Vielleicht ein bisschen müde.“
„Du kannst dich bald ausruhen.“ Er ließ sie los.
Befreit atmete Sophie auf.
„Wir fahren gleich los. Bis zu meinem Haus an der Küste ist es nicht weit.“ Costas zeigte auf eine große, schwarz glänzende Limousine, die direkt vor dem Ausgang des Terminals stand.
Was für ein Auto! Aber das war eigentlich vorherzusehen, dachte Sophie. Sie hatte eine andere Welt betreten, die der Reichen und Privilegierten. Und Costas spielte offenbar ganz oben mit: erst die beflissene Hilfsbereitschaft des Bodenpersonals im Flughafen, dann die VIP-Behandlung durch den Zoll, und im Flugzeug hatte Sophie verblüfft festgestellt, dass die ganze erste Klasse für sie allein reserviert war. Inzwischen wusste sie, dass ihm die Fluggesellschaft gehörte. Tja, da war natürlich mancherlei machbar.
Und dieses Leben hatte ihre Mutter für ihre Liebe aufgegeben! Kein Wunder, dass Petros Liakos entsetzt über eine Liaison zwischen seiner Tochter und einem mittellosen Australier gewesen war.
Langsam ging Sophie auf das Auto zu. Bei dem Gedanken, was ihr hier bevorstand, bekam sie plötzlich Angst. Wie sollte sie jemals Costas’ Erwartungen gerecht werden? Was, wenn sie nicht helfen konnte?
Trotz ihrer Zweifel und Ängste wusste Sophie, dass sie niemals fähig gewesen wäre, ihm seine Bitte abzuschlagen. Sie hatte die Verletzlichkeit gespürt, die sich hinter seinem aggressiven Auftreten und der dominanten Ausstrahlung verbarg. Er umgab sich mit diktatorischer Strenge, aber Sophie erkannte, wie verwundbar ihn die Liebe zu seiner Tochter und seine Angst um sie machten. Viel zu gut konnte sie nachvollziehen, wie er sich fühlte.
„Hier bitte.“ Costas zeigte auf die hintere Tür des Wagens. Ein junger Mann in Uniform hielt sie für Sophie auf. In diesem Moment ertönte das diskrete Summen eines Telefons. Costas runzelte die Stirn, als er die angezeigte Nummer sah. „Entschuldige mich kurz“, sagte er. „Ein Anruf aus dem Haus.“
Sophie sah die Anspannung, den grimmigen Zug um seinen Mund. Costas entfernte sich ein paar Schritte und nahm den Anruf entgegen. Er erwartete schlechte Nachrichten. Auf einmal lächelte er, seine finstere Miene erhellte sich und drückte eine Zärtlichkeit aus, die Sophie den Atem raubte. Für einen Augenblick konnte Sophie den Mann sehen, der sich hinter der Fassade von rücksichtsloser Überlegenheit und Emotionslosigkeit verbarg. Das Bild war so intim, dass Sophie sich wie eine Voyeurin vorkam. Sie drehte sich weg und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Chauffeur zu. Dieses Gespräch war viel zu persönlich, als dass sie ihn dabei beobachten durfte.
Costas lauschte seiner Tochter, sah den leuchtend blauen Himmel, der durch kein Wölkchen getrübt wurde und spürte, wie erleichtert er war, endlich wieder zu Hause zu sein. Und er kam nicht mit leeren Händen, sondern brachte neue Hoffnung mit, in Gestalt von Sophie.
Eleni erzählte ihm von den Kätzchen, die sie am Vortag gesehen hatte. Eine Katze im Haus zu haben wäre doch gut, weil sie die Mäuse fangen könnte. Diese charmante Taktik seiner Tochter brachte Costas zum Lachen. Mit einem glücklichen Lächeln versprach er, bald da zu sein und verabschiedete sich. Er brannte darauf, loszufahren, und eilte zum Auto zurück. Dort wartete Sophie auf ihn. Sie war noch nicht eingestiegen, sondern stand an der offenen Tür und unterhielt sich mit Yiorgos. Der Chauffeur hatte seine professionelle Zurückhaltung aufgegeben, war nahe an Sophie herangetreten und sprach mit lebhaften Gesten auf sie ein.
Plötzlich warf sie den Kopf zurück und fing an zu lachen. Der ungetrübte und fröhliche Klang ihrer Stimme traf Costas auf eine merkwürdige Art. Er hatte sie noch nie so fröhlich gehört und blieb stehen, um sie anzuschauen. Ihr von Kummer gezeichnetes Gesicht hellte sich auf, und Costas konnte sehen, wie sie vor der Krankheit ihrer Mutter gewesen sein musste. Sorglos, glücklich … umwerfend attraktiv. Ihre sprühende Schönheit weckte tief verschüttete Gefühle in ihm.
Yiorgos redete weiter
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