Komm schon
nassen Papierhandtuch das Gesicht ab. Schon viel besser.
Sie rollte den Kopf hin und her, um ihren steifen Nacken ein wenig aufzulockern.
Wenn sie doch nur aus diesem Albtraum flüchten und zu Annabelle fahren könnte! Leider musste ihre Schwester übers Wochenende weg. Sophie hätte natürlich für sie das Haus hüten können, aber sie lief nun einmal nicht gern vor Problemen davon.
Außerdem hatte es so geklungen, als wollte Riley etwas mit ihr unternehmen, und sie war neugierig, was er vorhatte. Sie schwor sich zwar, ihn weiterhin auf Distanz zu halten, aber im Augenblick hatte sie wirklich nicht die Kraft, ihm ganz aus dem Weg zu gehen. Er würde es sich ohnehin nicht nehmen lassen, den Beschützer zu spielen, solange es so aussah, als hätte es irgendein Irrer auf sie abgesehen.
Sie streckte die Arme über dem Kopf aus, verschränkte die Finger ineinander und machte sich lang, wie sie es von der Yogalehrerin gelernt hatte. Eine weitere Yogastunde konnte ihrem angegriffenen Nervenkostüm eigentlich nicht schaden.
Sie legte den Kopf in den Nacken, öffnete die Augen ... und starrte direkt in die Linse einer Kamera. Hier, an der Decke ihrer persönlichen Toilette.
Sie stieß einen gellenden Schrei aus.
Riley war im Fitnessstudio unweit von Athletes Only gewesen, als Yanks Nachricht auf seiner Mobilbox eingegangen war. Er hatte sich sofort auf den Weg gemacht und saß schon eine ganze Weile im Büro seines Agenten, als er Sophie kreischen hörte. Wie der Blitz raste er los und stand als Erster in ihrem Büro. Keine Sophie. Erst einen Augenblick später entdeckte er sie in ihrer Toilette in der Ecke.
»Ist jemand gestorben?«, keuchte Yank, der hinter Riley hereingestürzt kam und sich an Rileys Schulter festhalten musste, um abzubremsen.
Mit ihren vor Scham geröteten Wangen bot Sophie in Rileys Augen ein reizendes Bild. »Nein, nein. Alles in Ordnung. Mir geht es gut. Tut mir leid, dass ich euch erschreckt habe.«
Yank scheuchte die zahlreichen Schaulustigen hinaus. »Ihr habt es gehört, es geht ihr gut. Macht euch wieder an die Arbeit.«
Riley wartete ab, bis alle außer Yank verduftet waren, dann fragte er: »Was war denn los, Sophie?«
»Seht euch das an!« Sie zeigte zur Decke.
Er folgte ihrem Blick zu der Kamera, die jemand ganz und gar nicht unauffällig zwischen den Neonröhren befestigt hatte.
Yank blinzelte ins Licht. »Was gibt es dort oben zu sehen?«
»Eine Überwachungskamera«, erklärte Riley. »Sieht aus wie die Dinger, die in Kaufhäusern von der Decke hängen. Sophie, bring mir einen Stuhl, ja?«
Sie nickte, rollte ihren Drehsessel herbei und hielt ihn fest, damit Riley hinaufsteigen konnte.
»Du weißt schon, dass ich mir so die Hüfte gebrochen habe?«, bemerkte Yank.
»Onkel Yank, bitte«, fuhr ihn Sophie an.
Riley versuchte nicht zu lachen.
»Ich meine ja nur, dass er besser vorsichtig sein sollte, sonst ergeht es ihm womöglich wie mir.«
Riley grinste. »Danke für die Warnung.« Er griff nach der kleinen Linse, die zwischen den Neonröhren hervorlugte, zog einmal vorsichtig daran - und schon hielt er das Ding in der Hand.
»Keine Drähte, nichts!«, stieß er verblüfft hervor und sprang vom Stuhl herunter.
Sophie trat näher. Ihr süßer Duft war wie ein Schock für seine Sinne. Es schien ihm eine halbe Ewigkeit her, seit er gestern Nacht neben ihr eingeschlafen war, mit diesem Duft in der Nase. Und jetzt stand sie plötzlich vor ihm, nur Zentimeter von ihm entfernt.
»Das verstehe ich nicht«, murmelte sie.
Er hielt das winzige Gerät gegen das Licht. »Eine Attrappe.«
»Sollte das etwa ein Scherz sein?«, donnerte Yank. »Was für eine bodenlose Frechheit, meine Nichte so zu erschrecken! Das Schwein, das dafür verantwortlich ist, erwürge ich höchstpersönlich!«
Sophie schnaubte.
»Das ist kein Scherz, Onkel Yank. Das war bestimmt derselbe Typ, der auch mein Büro verwüstet und die Blumen kaputt gemacht hat.«
Riley schwirrte plötzlich der Kopf. Er hatte in der Aufregung noch gar nicht bemerkt, dass das ganze Grünzeug verschwunden war. Dass sich das Hausmeisterteam an der kaputten Eingangstür zu schaffen machte, war ihm zwar aufgefallen, aber er hatte sich nichts weiter dabei gedacht.
Bei der Vorstellung, jemand könnte Sophie erschrecken, oder, schlimmer noch, ein Leid zufügen wollen, wallte ein nie gekanntes Gefühl in ihm hoch: Beschützerinstinkt.
»Das melde ich gleich mal der Polizei«, sagte Yank, schon halb aus der Tür.
»Gute Idee«,
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