Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
langsamer gefahren.«
»Der Wind hat mich geweckt«, sagt Stephanie, »er hat die Tür aufgerissen.«
»Und dann komme ich vorbeigerauscht und jage Ihnen einen höllischen Schreck ein!«
»So schlimm war es nicht.«
»Alle bereit fürs Abendessen?«, fragt Aline.
Sie folgen ihr ins Esszimmer. Stephanie setzt sich, Dan nimmt neben ihr Platz. Aline stellt Püree, dampfendes Gemüse und Schmorfleisch auf den Tisch. »Bedient euch.«
Eigentlich gefällt es Stephanie ganz gut hier. Besser, als allein im Schuppen zu hocken. Ehrlich gesagt ist es sogar viel besser. Sie schaufelt sich Fleisch und Gemüse auf den Teller.
»Dan wohnt ein Stück die Straße rauf«, erklärt Aline. »Er geht mit den Touristen auf die Jagd.«
»Auf die Jagd?«, fragt Stephanie.
»Ja«, sagt er.
»Vom Jagen habe ich keine Ahnung.«
Er grinst sie an. »Ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, möchten Sie auch nichts darüber wissen.«
»Na ja …«
Er sieht sie direkt an. Sein Gesicht ist ernst, aber seine Augen blitzen fröhlich. »Ja, ich weiß schon. Tiere zu töten ist einfach widerlich. Widerlich und durch und durch barbarisch.«
»Ehrlich gesagt finde ich die Vorstellung, auf Tiere zu schießen, tatsächlich nicht so schön. Neulich habe ich im Fernsehen etwas ganz Furchtbares gesehen. Eine Doku, in der gezeigt wurde, wie Touristen vom Helikopter aus auf Hirsche schießen. Große, starke Männer, die mit Helikopter und Gewehr den Tieren nachstellen. Das nenne ich unfair.«
»Die Populationen müssen klein gehalten werden. Andernfalls wäre es um die Natur hier geschehen. Es muss sein. Wir haben keine Wahl. Stellen Sie sich mal vor, was hier los wäre, wenn wir die ganzen Nagetiere nicht unter Kontrolle hätten.«
»Ja, aber ich finde es trotzdem schrecklich, auf ein Reh zu schießen. Die sind so schön.«
»Sie mögen schön sein, aber wenn sie sich unkontrolliert vermehren, vernichten sie die Wälder.«
»Vermutlich haben Sie recht. Ich mag bloß die Vorstellung des Tötens nicht. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es ist, einem Tier bewusst aufzulauern, um es zu töten.«
»Sie essen gern Fleisch, möchten aber nicht wissen, wie es auf Ihren Teller gekommen ist? Sie kaufen es lieber fertig geschnitten und säuberlich verpackt?«
»Ich möchte nicht selbst losgehen, um es zu jagen.«
Er lacht.
»Vielleicht ht es ja was mit dem Geschlecht zu tun«, sagt sie. »Vielleicht kommt es daher, dass die Frauen früher die Höhle aufgeräumt und sich um die Babys gekümmert haben, während die Männer das Abendessen gejagt haben.«
Er zuckt die Achseln. »Ich nehme oft Frauen mit auf die Jagd. Einige davon gehen ganz schön zur Sache. Ich glaube, der Jagdinstinkt steckt in uns allen. Wenn man draußen im Busch ist, heißt es Mensch gegen Tier. Wir kraxeln runter in die Schluchten und rauf auf die Berge, das ist kein Zuckerschlecken. Man muss sich auf das Wetter einstellen, während es für das Tier sozusagen ein Heimspiel ist. Tiere sind clever und geschickt. Beim Jagen geht es viel fairer zu, als Sie denken.«
»Muss anstrengend sein, sich mit dem Gewehr aus einem geheizten Jeep oder einem Helikopter rauszulehnen.«
»So was mache ich nicht. Ich gehe mit den Leuten auf etwa fünftägige Touren. Einen Teil der Strecke legen wir mit dem Auto zurück, aber dann geht es zu Fuß weiter. Da gibt’s keine luxuriösen Jagdhütten, und am Ende wartet kein vorbestelltes Reh. Wir gehen auf die Pirsch. Wenn die Leute Luxus wollen und Anstrengungen scheuen, sind sie bei mir an der falschen Adresse.«
»Wie sind Sie zum Jagen gekommen?«
»Ich jage seit meiner Kindheit. Mein Großvater hat mich früher auf die Hasenjagd mitgenommen. Schlicht und einfach. Ich fand das toll.«
»Und dann haben Sie es zum Beruf gemacht?«
»Nein. Ich habe studiert und einen Abschluss gemacht, dann bin ich auf Weltreise gegangen. Aber ich bin zurückgekommen, es ging nicht anders.«
»Es ging nicht anders?«
»Nein.«
»Wer möchte einen Nachtisch?«, fragt Aline fröhlich. »Es gibt Apfelcrumble, Eis und frischen Obstsalat. Dan, du nimmst den Crumble, oder?«
»Danke, Aline. Das Essen war köstlich.«
Alle nicken köstlich, wunderbar, danke, Aline.
»Wo steckt Rosie heute Abend?« Aline reicht Dan einen Teller.
»Sie ist drüben bei den Calders. Sie und Milly bereiten ein Referat vor. Jedenfalls ist das die offizielle Ausrede.«
Er wendet sich Stephanie zu. »Rosie ist meine Tochter. Letzte Woche ist sie acht geworden. Milly ist ihre beste
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