Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
die Beine stellen kann.«
»Das Haus ist wunderschön.«
»Ja, nicht wahr? Nun ja, ich hatte natürlich Hilfe. Dan war immer für mich da. Er empfiehlt mich seinen Gästen. Er kommt regelmäßig zum Abendessen her. Ein anständiger Kerl, dieser Dan.«
»Hmm.«
»Hatte es auch nicht immer leicht.« Aline beugt sich vertraulich vor.
»Ja?«
»Oh, ja! Hat ein hübsches Mädchen geheiratet, nach seiner Weltreise. Eine Engländerin. Dann hat sie plötzlich Krebs bekommen und ist kurz darauf gestorben. Da war er mit Rosie allein. Damals war Rosie noch ganz klein, ich glaube, sie kann sich nicht mehr an ihre Mum erinnern. Er beschäftigt eine Haushälterin, die für Rosie kocht und bei ihr bleibt, wann immer er unterwegs ist.«
»Sicher ist er viel unterwegs?«
»Ja. Aber Rosie steht für ihn an erster Stelle. Er ist ein guter Vater.«
»Es muss hart sein, ganz allein ein Kind großzuziehen.«
»Julie, so heißt die Haushälterin, kümmert sich rührend um Rosie. Eine nette Frau. Stammt von hier.«
»Oh.«
»Und schon erschlage ich Sie wieder mit meinem Geschwätz. Wie geht es Ihnen, Stephanie? Gefällt es Ihnen hier? Wissen Sie schon, wie lange Sie bleiben?«
»Ich habe mich noch nicht entschieden. Das ist hoffentlich in Ordnung so? Ich möchte den Dingen ihren Lauf lassen. Ich habe keine Pläne.«
Das Telefon klingelt, und Aline geht hinaus. Das Esszimmer ist sonnendurchflutet. Die Wände sind hellgelb gestrichen, die Zierleisten glänzend weiß. Stephanie nimmt sich noch einen Toast und bestreicht ihn mit Aprikosenmarmelade.
Den Dingen ihren Lauf lassen. Keine Pläne.
Ich bin auf der Suche nach dem Exgeliebten meiner Mutter. Ich glaube, er hat meine kleine Schwester ermordet.
Wie absurd, in diesem frisch gestrichenen Zimmer solche Gedanken zu haben. Die mit grünem Samt bezogenen Stühle, der weiche Teppich, die schweren Vorhänge mit der Goldprägung, das Sonnenlicht, das durch die streifenfrei sauberen Fensterscheiben fällt.
Julie, so heißt die Haushälterin, kümmert sich rührend um Rosie. Eine nette Frau.
Wie alt ist Julie? Wie sieht sie aus?
Das ist ja noch verrückter. Dieser Bär von einem Mann, dieser Jäger. Stephanie gießt sich Tee nach, geht zu ihrem Schuppen zurück und setzt sich auf die Verandastufe. Was soll sie heute unternehmen? Und morgen? Soll sie bleiben? Abreisen? Und wohin? Ihr gehen die Ideen aus.
Sie überprüft ihr Handy. Zwei verpasste Anrufe. Eine SMS von Minna ruf mich bitte mal an.
Sie schaltet den Laptop ein. Wenigestens klappt es heute mit der Internetverbindung. Sie sollte weiter herumtelefonieren, darin sieht sie ihre einzige Chance, ihn zu finden. Falls es sein muss, wird sie jede Bildungseinrichtung in Neuseeland anrufen.
Und wenn das auch nichts bringt? Was dann?
Komm, Stephanie, du solltest es wenigstens versuchen. Und wenn du ihn nicht findest, sollte es eben nicht sein. Dann hast du immerhin dein Bestes gegeben. Du hast eine nette Unterkunft gefunden, gemütlich, warm und bezahlbar.
Den Großteil des Tages verbringt sie mit Telefonaten. Einmal macht sie eine Pause, läuft an den Strand hinunter, klettert auf die Steine und beobachtet die wogende See, die langen Schnüre aus Seetang, die im Sand landen.
Nichts. Kein Edward, kein Ward, kein Ed Black.
»Wie haben hier einen Peter Black.«
»Äh, können Sie mir sagen, seit wann er bei Ihnen ist?«
»Oh, seit über zwanzig Jahren. Er hat schon lange vor meiner Zeit hier gearbeitet.«
»Dann kann er es unmöglich sein. Trotzdem vielen Dank.«
So geht es immer weiter. An dem Tag, am nächsten, und am übernächsten auch.
Abends geht sie zum Essen ins Haupthaus. Ein kanadisches Paar ist gekommen, beide sind dünn, muskulös, sie tragen Trainingsanzüge, beide das gleiche Modell, und stets liegt ein breites Lächeln auf ihren gebräunten Gesichtern. Peg und Jim. Neuseeland ist so wun-der-bar!
Kein Dan. Nicht am ersten Abend und auch nicht am zweiten. Immer nur Peg und Jim, mittlerweile etwas niedergeschlagen. Peg hat eine entzündete Blase an der linken Ferse. Es tut höllisch weh und hindert sie an den geplanten Wanderungen, Jim wiederum möchte nicht allein wandern, nicht ohne sie, das wäre nicht fair. Sie werden ein paar Tage länger bleiben, und obwohl es hier so schön ist, werden sie wohl nicht dazu kommen, sich auf den Heaphy-Track zu machen. Der Heaphy sollte der Höhepunkt des Urlaubs sein.
Am Ende der Woche hat sie Dan immer noch nicht wiedergesehen. Genauso wenig hat sie Ed Black ausfindig
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