Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
Immer nur die nackten Fakten, ohne sie jemals interpretieren zu wollen, geschweige denn, die Fantasie spielen zu lassen.
»Wir reden hier über ein vierzehn Jahre altes Mädchen«, erklärte er, ohne ihrem Blick auszuweichen. »Eine Jungfrau, das haben Sie selbst gesagt. Und das Ganze war von langer Hand geplant, es ist nicht einfach zufällig passiert. Warum sich die ganze Mühe machen, wenn man nicht ein ganz bestimmtes Ziel vor Augen hat? Das Mädchen ist hier nur die Mitläuferin, ein unschuldiges Opfer. Und jetzt ist sie tot, und sie hat GHB im Körper. Also erzählen Sie mir nicht, es hätte da keine sexuellen Absichten gegeben.«
Blake schüttelte langsam den Kopf. »Das ist reine Spekulation. Es gibt absolut keinen faktischen Hinweis auf irgendwelche sexuellen Handlungen.«
Wütend, weil er nicht die Antwort bekam, die er wollte, stieß er die Luft aus und warf sich so heftig gegen die Rückenlehne seines Stuhls, dass der laut knarrte. »Haben Sie nach Hinweisen auf einen Kampf gesucht? Kratzer, Schrammen, blaue Flecke? Haben Sie ihre Fingernägel untersucht?«
Blake blickte beleidigt drein. »Selbstverständlich. Ich habe die Autopsie selbst vorgenommen, und ich habe nichts Verdächtiges gefunden. Die Einzelheiten finden Sie in meinem Bericht, der Ihnen morgen früh vorliegen wird.«
Sie räusperte sich und verschränkte die Arme, als sei das Gespräch damit beendet. Einen Augenblick lang sah er sie vor sich, weiße Haut, volle Brüste und verschleierter Blick, das Haar auf dem Kissen ausgebreitet. Aber das war Geschichte, und er ärgerte sich über sich selbst, weil er seinen Gedanken erlaubt hatte, in diese Richtung zu wandern.
»Okay, kommen wir noch einmal auf das GHB zurück«, sagte er, sich in die Gegenwart zurückzwingend. »Mit welchen Mengen haben wir es hier zu tun?«
»Nicht sehr viel, nicht mehr als ein paar Gramm. Wobei auch eine geringe Menge Alkohol den sedierenden Effekt verstärkt. Gemma befand sich vermutlich in einem recht glücklichen und entspannten Zustand, aber sie hatte sicherlich Mühe, wach zu bleiben.«
»Wie schnell wirkt das Zeug?«, fragte Donovan.
»Das hängt von der Dosis und dem Reinheitsgrad ab. Aber für jemanden von Gemmas Größe, noch dazu auf leeren Magen, würde ich sagen, ziemlich schnell, besonders in Verbindung mit Alkohol. Vermutlich nicht mehr als zehn bis höchstens fünfzehn Minuten.«
»Kann es sein, dass sie von der Empore springen wollte? Wie bei einem schlechten Trip?«
Blake schüttelte den Kopf. »GHB verursacht keine Halluzinationen.«
»Wäre sie in ihrem Zustand in der Lage gewesen, ohne Hilfe über das Geländer zu steigen?«
»Wie hoch war das gleich noch?«
»Ungefähr eins zwanzig«, sagte Tartaglia. »Und sehr stabil.«
Blake blickte nachdenklich drein und fuhr sich mit dem Finger über die Lippen, bevor sie die Hände vor sich auf dem Tisch faltete. »Meiner Meinung nach ist das außerordentlich unwahrscheinlich. Sie war etwas über einsfünfzig groß, und beim Aufstehen wäre ihr wahrscheinlich schwindlig geworden, durch die kombinierte Wirkung von Droge und Alkohol vielleicht sogar übel. Sie konnte sich vermutlich kaum noch bewegen. Ich glaube nicht, dass sie noch genügend Koordination besaß, um über ein so hohes Geländer zu steigen, ob mit oder ohne Hilfe.«
Einen Augenblick lang wanderten seine Gedanken zurück zu St. Sebastian’s und der dunklen Empore über dem Kirchenschiff, auf der etwas sehr Seltsames vor sich gegangen war. Wozu die Droge, wenn nicht aus sexuellen Motiven? Das alles ergab keinen Sinn. Sicher war nur, dass Gemmas Tod kein Unfall gewesen war.
Er stand auf, um zu gehen, und Donovan folgte seinem Beispiel. Als er seine Jacke nahm, fiel sein Blick auf die Bilderrahmen oben auf dem Aktenschrank. Eines zeigte einen breitschultrigen, breit grinsenden Mann mit stark gebräuntem Gesicht, Sonnenbrille und Skianzug vor einem Panorama verschneiter Berge. Er musste Ende dreißig oder Anfang vierzig sein und hatte das dichte weißblonde Haar eines Skandinaviers. Daneben ein Foto des gleichen Mannes, jetzt etwas blasser, mit der idiotischen Perücke und der Robe eines Barristers. Verdammter Murray, dachte er. Gott, sie hatte ihn wie einen Idioten dastehen lassen.
Er schaute zu Fiona und sah ihr in die Augen. Er wusste, dass sie gesehen hatte, wie er die Bilder betrachtete, setzte ein breites Grinsen auf und beugte sich über den Schreibtisch zu ihr.
»Ist da noch etwas, das ich wissen sollte, Dr. Blake? Etwas
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