Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
mehr, aber ich kann sicherlich irgendwo die Adresse und die Telefonnummer ausgraben, wenn Sie wollen.« Ihr Blick wanderte kurz zu dem kleinen Schreibtisch in der Ecke, der unter einem Berg von Papieren und Büchern ertrank.
»Wenn sich herausstellt, dass sie es ist, werde ich das brauchen. Meinen Sie, Ihr Mann könnte vorbeikommen und sie identifizieren?«
Judy lachte heiser. »Das werde ich wohl machen müssen. Johnny würde beim Anblick einer Leiche sofort ohnmächtig werden. Ich bin Ärztin, ich kenne so was. Ich muss nur kurz telefonieren, damit Alex bleiben kann, wo er ist, und meine Mutter fragen, ob sie herkommen und auf Toby aufpassen kann. Ich gehe davon aus, dass Sie das so schnell wie möglich erledigt haben wollen.«
Donovan nickte. »Je eher, desto besser. Und wenn sie es ist, werden wir ihre Sachen durchsuchen müssen.«
Mit Toby, der freudestrahlend auf ihrer Hüfte saß, begleitete Judy Donovan zur Wohnungstür. »Wenn es denn Yolanda ist, können Sie mir sagen, was passiert ist? Ist sie ins Wasser gefallen?«
»Wir wissen noch nicht genau, was vorgefallen ist«, sagte Donovan ausweichend. »Eine Nachricht hat sie wohl nicht hinterlassen, oder?«
»Sie meinen einen Abschiedsbrief?« Judy wirkte schockiert. »Ich kann noch mal in ihrem Zimmer nachsehen, aber als ich letzte Nacht drin war, habe ich nichts gesehen. Sie hat sich noch nicht einmal verabschiedet, als sie aus dem Haus gegangen ist. Sie meinen wirklich, sie könnte sich umgebracht haben?«
»Wir wissen es nicht, Mrs. Everett. Als Erstes müssen wir sie identifizieren.«
Fünfundzwanzig
Tartaglia ließ Wightman am Kanal zurück, wo er auf Unterstützung aus Barnes und ein paar Uniformierte von der zuständigen Wache warten sollte, um die Suche nach Zeugen entlang des Kanalufers zu beginnen. Aufgrund der Aussagen von Sullivan hatten sie beschlossen, sich vom Maida Tunnel aus ostwärts vorzuarbeiten. Er konnte nur hoffen, dass Sullivans Tipp gut war.
Ermittlungen zu einem Mord verliefen selten geradlinig. Selbst bei Fällen, die auf den ersten Blick simpel aussahen, gab es immer Hochs und Tiefs, Abzweigungen und Wendungen, und bei den komplizierteren Fällen schien oft lange Zeit überhaupt nichts zu passieren. Die Ereignisse am Kanal machten ihn ratlos. Die abgeschnittene Haarsträhne musste bedeuten, dass es Tom gewesen war. Aber warum hatte er das Mädchen geschlagen und missbraucht? Warum hatte er riskiert, am Tatort DNS zurückzulassen? Je mehr er darüber nachdachte, umso weniger Sinn ergab es.
Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass es Steele vermutlich nicht besser ging. Mit Sicherheit hatte sie als Allererstes zum Telefon gegriffen und Kennedy angerufen, nachdem er ihr, noch am Kanal, telefonisch Bericht erstattet hatte. Er gab ihr eine bis höchstens fünf Minuten, bis sie Kennedys Nummer wählte. Was auch immer die beiden für ein Verhältnis hatten, sie waren wie siamesische Zwillinge. Und für Kennedy würde es ein großer Tag werden. Tartaglia konnte ihn vor sich sehen, wie er im Büro auf und ab stolzierte und seine Weisheiten von sich gab, als wäre er Gott. Schon um sich dieses Erlebnis zu ersparen, war Tartaglia einmal mehr versucht, Steele zu erzählen, was er vor ihrer Wohnung beobachtet hatte. Aber wozu? Er war alle Vor- und Nachteile bereits durchgegangen, und er wusste, dass sie ihm nicht glauben würde.
Er musste sich eingestehen, dass sie ihn einschüchterte. Sie war so unglaublich kalt und schwer zu durchschauen. Cornish war auch nicht gerade ein Mensch zum Gernhaben, aber wenigstens war er transparent und mit all seinen albernen kleinen Schwächen und Eitelkeiten leicht berechenbar. Im Vergleich zu Steele war er regelrecht liebenswert. Wohingegen Steele den herzerwärmenden Charme eines Roboters besaß. Aus Angst vor ihrer Reaktion hatte Tartaglia ihr noch immer nicht erzählt, was Donovan von Nicola Slade über Marion Spears heimlichen Verehrer erfahren hatte. Doch solange es noch den Hauch eines Verdachts gegen Harry Angel gab, galt er für Tartaglia bei den Ermittlungen zum Mord an Spear, an dem er nicht zweifelte, weiterhin als Verdächtiger. Aber er wollte erst Kennedys Hitzegewitter vorüberziehen lassen, bevor er Steele zu überreden versuchte, Angel noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Und es hatte keinen Sinn, das auch nur zu versuchen, solange kein Mensch wusste, wohin die kriminaltechnischen Spuren der Leiche aus dem Kanal führten. Hoffentlich würde er innerhalb der nächsten
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