Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
einschaltete. Sie machte den Fernseher an und zappte durch alle Programme, bis sie einen Nachrichtensender gefunden hatte, den sie im Hintergrund laufen ließ, weil sie sich durch die Stimmen weniger allein fühlte.
Der Anrufbeantworter zeigte vier Nachrichten an, sie drückte den Abspielknopf. Zwei Anrufer hatten aufgelegt. Dann hörte sie die Stimme von Patrick Kennedy.
»Carolyn, bist du da? Ich habe auf deinem Handy angerufen, aber das ist aus. Tut mir leid, dass ich mich heute nicht gemeldet habe, aber ich hatte alle Hände voll zu tun. Es ist jetzt ungefähr acht. Wenn du nicht zu spät nach Hause kommst, ruf mich an, und wir gehen was trinken. Ich kann auch zu dir kommen, wenn du möchtest.«
Die vierte Nachricht stammte ebenfalls von Kennedy und war ungefähr eine halbe Stunde alt, er klang müde oder angetrunken, wahrscheinlich beides, er lallte leicht.
»Hier ist Patrick. Ruf mich an, wenn du heimkommst. Ich bin zu Hause. Ich geh erst spät ins Bett. Muss noch ein paar Arbeiten korrigieren. Würde gern mit dir reden.«
Reden? Männer wollten niemals reden, zumindest nicht, wenn es wichtig war, wenn man wirklich einmal wissen wollte, was in ihren seltsamen Hirnen vor sich ging. Patrick wusste besser über seine weibliche Seite Bescheid als die meisten anderen Männer, trotzdem, was gab es schon zu reden? Wenn es um den Fall ging, konnte das bis morgen warten. Und über Persönlicheres hatte sie absolut kein Bedürfnis zu reden. Je weniger Worte sie darüber machten, umso besser, so sah sie das. Er wollte ihr näher kommen, wollte es erzwingen, aber sie hatte das Bedürfnis, ihn von sich fernzuhalten, wollte in Ruhe gelassen werden. Er hatte etwas an sich, das sie aus der Fassung brachte, seine Überspanntheit vielleicht, seine unfassbare Dickhäutigkeit und dass er seiner selbst so sicher war, dass er ein Nein nicht akzeptierte.
Wenn man wenig bis kein Privatleben hatte, wenn man oft lange arbeitete, lag es nahe, bei der Arbeit eine Affäre anzufangen. Wie um alles in der Welt sollte man sonst jemanden kennenlernen, der wusste, unter welchem Druck man stand, und damit umgehen konnte? Bis Patrick auf der Bildfläche erschienen war und sie sich von seinem Imponiergehabe und seiner Intelligenz hatte blenden lassen, hatte sie sich mit einem Mann, den sie beruflich kannte, höchstens mal einen Kuss erlaubt, auf keinen Fall mehr. Sie hatte sich nie selbst in diese Position der Schwäche bringen und einem anderen so viel Macht über sich geben wollen. Schon aus Angst vor dem Tratsch und den unzweideutigen Blicken hatte sie alles im Keim erstickt, was sich vielleicht hätte entwickeln können. Patrick war der einzige Fehltritt gewesen. Womöglich hatte sie ihn gekränkt, auch wenn er sich nichts anmerken ließ, und nun wollte er sich an ihr rächen. Auf jeden Fall hätte sie wissen müssen, dass er sie nicht so leicht ziehen lassen würde, und sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie ihn engagiert hatte.
Sie löschte die Nachrichten und ging in die Küche, wo sie den Kühlschrank und die Schränke durchforstete und endlich im Tiefkühlfach eine Packung vegetarische Moussaka entdeckte, die sie in die Mikrowelle schob. Moussaka war ungefähr das letzte, worauf sie Lust hatte, aber es war nichts anderes im Haus, und sie war viel zu müde, um noch einmal vor die Tür zu gehen. Ihr Blick fiel auf die halbleere Rotweinflasche auf der Arbeitsplatte. Früher, in der Zeit vor Barnes, hatte sie so gut wie nie abends etwas getrunken. Aber langsam wurde es zur Gewohnheit. Egal. Sie musste sich entspannen. Sie zog den Korken heraus und schenkte sich ein großes Glas ein, ging damit ins Bad, drehte die Dusche auf und zog sich aus.
Wenn sie wenigstens ein paar Stunden vernünftig schlafen könnte, würde es ihr wieder besser gehen, aber sie wusste, dass die Chancen dafür nicht gut standen, und dachte mit Schrecken an den Kampf, der ihr bevorstand. Manche Menschen, die vielleicht nicht zu Grübeleien neigten oder kein Gewissen hatten, konnten auf der Stelle einschlafen. Als würde man einen Schalter umlegen. Sie unterhielten sich mit dir und waren voll da, und in der nächsten Minute lagen sie praktisch im Koma, als hätten sie Drogen genommen. Eine Ungerechtigkeit. Für sie war Einschlafen schon immer ein Kampf gewesen, aber seit sie diesen Fall übernommen hatte, war es noch schlimmer geworden. Seither wachte sie jede Nacht um drei Uhr vollkommen verspannt auf, ihre Gedanken rasten, und sie konnte bis kurz vor fünf
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