Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)

Laden oft unbeaufsichtigt?«
    »Ziemlich oft, ein- bis zweimal die Woche. Wenn er auf Einkaufstour geht, kann das manchmal den ganzen Tag dauern. Aber dann hängt er wenigstens ein anständiges Schild ins Fenster, dass er weg ist. Ansonsten klebt er einen Zettel mit ›Bin gleich wieder da’ oder so ähnlich hinter die Scheibe. Ziemlich dreist, wie ich finde, die Leute warten zu lassen, wenn er gar nicht vorhat, gleich wieder da zu sein. Manchmal frage ich mich, ob er sich aus irgendwelchen Gründen den Rücken freihalten will.«
    »Sie haben uns sehr geholfen«, sagte Donovan, als sie die brennende Neugier in Evans’ Augen sah. Wie alle leidenschaftlichen Amateurdetektive würde sie Angel ab jetzt nicht mehr aus den Augen lassen, was gar nicht schlecht war. »Wären Sie bereit, eine Aussage zu unterschreiben, dass Mr. Angel an jenem Mittwoch den ganzen Nachmittag nicht da war?«
    Evans lächelte. »Natürlich, sehr gern sogar, wenn Ihnen das hilft. Ich bin der Meinung, man soll immer die Wahrheit sagen. Hat Harry etwas ausgefressen?« An ihrem Gesichtsausdruck war abzulesen, dass sie das nicht im Mindesten überraschen würde und dass sie liebend gern wüsste, worum es ging. Glücklicherweise ahnte sie nicht, wie ernst die Angelegenheit war.
    Donovan lächelte. »Im Moment stelle ich nur Routineermittlungen an. Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen. Aber vielen Dank, dass Sie so offen mit mir geredet haben. Ich werde jemanden vorbeischicken, der Ihre Aussage aufnimmt.«

Dreißig
     
    »Das ist doch lächerlich«, sagte Angel und sah Tartaglia über den kleinen Tisch hinweg wütend an, die Arme vor der Brust verschränkt. »Wilde Spekulationen.«
    Tartaglia zuckte mit den Schultern. »Mag sein. Aber bei unserem letzten Gespräch haben Sie mir erzählt, Sie seien an jenem Mittwoch den ganzen Nachmittag im Laden gewesen. Jetzt müssen wir erfahren, dass das nicht stimmt. Wie Sie wissen, liegt uns die unterschriebene Aussage eines Zeugen vor, die besagt, dass Sie zur fraglichen Zeit nicht da waren, wo Sie behauptet haben zu sein.«
    Sie saßen in einem Besprechungszimmer der Wache Ealing, Angel war zum Verhör hergebracht worden. Wilde Spekulationen war eine präzise Beschreibung der Sachlage. Es gab noch immer keine handfesten Beweise, um Angel irgendein Vergehen nachzuweisen, und es hatte einiger Überredungskunst bedurft, Steele davon zu überzeugen, dass Angel noch einmal befragt werden sollte. Kelly Goodharts Leichnam war am Morgen aus der Themse gezogen worden, nachdem der Skipper eines Lastkahns die Polizei alarmiert hatte. Die Leiche war über Wasser zu einem kleinen Leichenschauhaus in Wapping gebracht worden, und eine erste Untersuchung hatte ergeben, dass sie zwar einen Ehering trug, ihr aber keine Haarsträhne abgeschnitten worden war. Der Ring musste noch von ihrer Familie identifiziert werden, und man hatte eine umfassende toxikologische Analyse angefordert, um sicherzugehen, dass sie kein GHB oder ähnliche Substanzen im Körper hatte. Aber immerhin hatte sich mit dem Fund der Leiche auch der allerletzte Verdacht, Sean Asher könnte Tom sein, zerschlagen. Damit war Angel der einzige Verdächtige, den sie vorzuweisen hatten, der einzige, bei dem eine – wenn auch noch so vage – Verbindung zu Marion Spear und, durch die Lage seiner Buchhandlung, zum Mord an Gemma Kramer bestand. Nachdem Donovan Steele von den Aussagen von Nicola Slade und Jenny Evans berichtet hatte, hatte sie Tartaglias Bitte, ihn zum Verhör laden zu lassen, endlich nachgegeben.
    Als zwei uniformierte Polizisten in seinem Laden aufgetaucht waren, um ihn zur Wache mitzunehmen, hatte Angel zunächst empört reagiert und sich zu widersetzen versucht, doch sobald er von der Zeugenaussage erfahren hatte, schließlich nachgegeben und sich kooperativ gezeigt. Wightman war losgeschickt worden, um Adam Zaleski zu holen. Mit etwas Glück konnte der Angel als den Mann identifizieren, den er von der Kirche hatte wegrennen sehen, in der Gemma Kramer gestorben war. Zeitgleich war Donovan nach Nordlondon aufgebrochen, um Nicola Slade zu suchen, die in Angel vielleicht Marion Spears geheimnisvollen Liebhaber wiedererkennen würde.
    Angels Gesichtszüge verhärteten sich. »Sie haben also einen Zeugen. Wer soll das sein?« Er wartete eine Weile auf Tartaglias Antwort, dann hakte er nach: »Annie?« Das schlechte Gewissen stand ihm auf die Stirn geschrieben.
    Tartaglia schüttelte den Kopf. »Das kann ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht