Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
er bei einer so kurzfristigen Anfrage ihre größte Hoffnung war, dass sich kaum jemand anderes finden würde, der sich sofort für sie Zeit nahm. Grundsätzlich gefiel es ihr gar nicht, von Bekannten eine Gefälligkeit einzufordern, aber ihr blieb nicht viel anderes übrig. Sie brauchte Input, und zwar schnell. Und auch für ihn war die Sache verlockend, schließlich gab es solche Fälle nicht oft. Er würde bestimmt nicht nein sagen.
Mit einem Achselzucken stellte er das Glas ab. »Ich habe viel zu tun im Moment, aber das ist ja nichts Neues.«
»Kannst du uns helfen oder nicht?«, fragte sie, um die Sache zu beschleunigen. Sie wollte schnellstmöglich seine Zusage und dann raus aus der stinkenden, sauerstoffarmen Kneipe.
»Der Fall hört sich sehr spannend an, auch wenn du mir nur wenig erzählt hast. Ich müsste ein paar Dinge schieben.« Er ließ den Satz in der Luft hängen und betrachtete sie eingehend auf eine Weise, die plötzlich sehr vertraulich war und ihr ein ungutes Gefühle vermittelte. Sie hatte den Eindruck, dass er noch etwas sagen wollte, und sie hoffte, er möge nicht auf das zu sprechen kommen, was zwischen ihnen gelaufen war. Endlich nickte er langsam und lächelte. »Es ist nett, dass du mich gefragt hast, Carolyn. Und ich freue mich sehr, dich wiederzusehen, auch wenn du mich nicht zurückrufst.«
»Und?«, fragte sie, seine Bemerkung ignorierend. »Wirst du uns helfen?«
Er nickte wieder. »Ja, ich glaube, das geht. Es ist etwas unglücklich, dass die Sache so schnell an die Presse gekommen ist und dass der Informant anscheinend so gut Bescheid weiß. Aber letzten Endes kann das für uns auch von Vorteil sein.«
»Inwiefern?«
»Weil uns das Zeit gibt. Die Schlange wird für eine Weile unter einen Stein kriechen. So schnell wird sich keine errötende Jungfrau mehr finden, die mit ihm vor den Altar treten will, oder? Wann kann ich die Akten sehen?«
»Ich werde dir sofort Kopien schicken lassen.« Sie notierte ihre Adresse in Barnes auf der Rückseite einer Visitenkarte und reichte sie ihm. »Da arbeite ich im Moment.«
Sie stand auf, und er legte ihr eine Hand auf den Arm. »Du musst doch nicht schon weg, oder? Bleib noch und trink aus.«
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Ich muss los. Die fragen sich bestimmt schon, wo ich stecke. Wir sehen uns morgen früh, um acht in meinem Büro, okay?«
Er erwiderte ihr Lächeln, obwohl er enttäuscht aussah, und salutierte zum Scherz.
»Ay, ay, Ma’am. Ganz wie Sie wünschen. Wie immer.«
Früh am nächsten Morgen war Tartaglia auf dem Weg zu seinem Büro, das er sich wieder mit DI Gary Jones teilte. Beim Deli um die Ecke hatte er ein Schinkensandwich und einen Becher guten, starken Cappuccino erstanden und freute sich darauf, sich beides in Ruhe am Schreibtisch einzuverleiben, bevor die Morgenbesprechung anfing. Jones würde bis Mittag unterwegs sein, sodass er das Büro zur Abwechslung mal für sich hatte. Aus Clarkes Büro hörte er Stimmen und Gelächter. Die Tür stand halb offen, und er sah Steele am Schreibtisch sitzen und mit jemandem reden, den er nicht sehen konnte. Als er vorbeiging, drehte Steele sich zu ihm und sah ihn an.
»Mark, da sind Sie ja. Könnten Sie kurz hereinkommen?«
Tartaglia stieß die Tür auf sah einen alten Bekannten in teuer aussehendem Anzug lässig neben Steele an der Fensterbank lehnen. Der Mann begrüßte ihn mit breitem Grinsen.
»Hallo, Mark. Wie geht’s, wie steht’s?«
Scheiße. Dr. Patrick Kennedy. Der Psychologe, der um ein Haar den Barton-Fall versaut hätte. Misstrauisch blieb Tartaglia im Türrahmen stehen und wartete, dass Steele etwas sagte.
»Patrick hat mir gerade erzählt, dass Sie schon einmal gemeinsam an einem Fall gearbeitet haben.«
Kennedy grinste noch breiter. »Ja, Mark und ich sind alte Freunde.«
»Patrick wird uns auch diesmal unter die Arme greifen«, sagte Steele, offensichtlich bemerkte sie die Anspannung zwischen den beiden Männern nicht.
Tartaglia wagte nicht zu antworten, weil er seiner Reaktion nicht traute, und so sah er Kennedy nur schweigend an. Der Mann hatte sich nicht verändert. Elegant und selbstgefällig und mit dichter Haarmähne – unanständig viel Haar für einen echten Mann, wie Clarke konstatiert hatte, der oben langsam kahl wurde -, sah er eher aus wie ein Spielshow-Moderator denn wie ein Universitätsprofessor und irgendwie fehl am Platz in Clarkes schäbigem, zerschrammtem Büro. Hatte Steele ihn selbst engagiert? Oder hatte Cornish
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