Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
gekommen. Die Luft hatte praktisch geflimmert vor Blasiertheit, und die Feindseligkeit in seinen Augen war stechend gewesen. Die Heftigkeit seiner Reaktion hatte sie überrascht. Schließlich gehorchte sie nur ihren Anweisungen. Es war nicht ihre Schuld, dass man sie über seinen Kopf hinweg eingesetzt hatte.
Lag es vielleicht daran, dass sie eine Frau war? Wer immer glaubte, Sexismus in der Metropolitan Police gehöre der Vergangenheit an, musste seinen oder ihren Kopf tief im Sand vergraben haben. Vielleicht hatte Cornish den Boden für sie schlecht bereitet, oder, schlimmer noch, er hatte absichtlich eine Bemerkung fallen lassen, um ihre Autorität zu untergraben. Es wäre nicht das erste Mal, dachte sie und erinnerte sich an einen früheren Fall, wo ihr Vorgesetzter aus ganz persönlichen Gründen die Atmosphäre vergiftet hatte. Cornish hatte noch unbeholfener gewirkt als gewöhnlich, und er hatte den Raum fast fluchtartig verlassen, um nach Hendon zurückzukehren, als wäre ihm die Angelegenheit peinlich oder als hätte er etwas zu verbergen. Sie hatte noch nie für ihn gearbeitet, und sein Verhalten war ihr rätselhaft. Vielleicht gehörte er zu denen, die gern Feuer an die Lunte legten und dann von weitem zusahen, was passierte.
Besonders unangenehm war es gewesen, Tartaglia bitten zu müssen, Clarkes Büro zu räumen: ein zweiter Schlag ins Gesicht. Aber es gab keine Alternative, die Büros in Barnes waren noch beengter und heruntergekommener, als man ihr angedeutet hatte, die Leute standen sich praktisch gegenseitig auf den Füßen. Sie hatte den Fehler begangen, ihren Wagen in der kleinen Tiefgarage im Untergeschoss zu parken, bis man sie darauf aufmerksam gemacht hatte, dass die ausschließlich dem Raubdezernat im zweiten Stock vorbehalten war. Also hatte sie sich mit allen anderen um einen Parkplatz auf dem Hinterhof schlagen müssen und zu guter Letzt jemanden eingeparkt und einen Zettel hinterlassen. Zum ersten Mal dachte sie mit Wehmut an ihr Glaskastenbüro in Hendon zurück. Hoffentlich würde sie nicht allzu lange hier bleiben müssen, aber bei einem Fall wie diesem war alles möglich.
Tartaglia und seinen Leuten hatte sie die Ermittlungen zum Fall Gemma Kramer übertragen, sie sollten sich weiter mit dem Umfeld des Mädchens beschäftigen, Telefonverbindungen prüfen und herausfinden, welche Orte sie Tag für Tag aufgesucht, welche Leute sie getroffen hatte, und eine Verbindung zu den anderen Opfern suchen. Der zweite Detective Inspector, Gary Jones, und sein Team waren für Laura Benedetti und Ellie Best zuständig. Unglücklicherweise war Clarkes Kommission noch spärlicher besetzt, als Cornish sie hatte glauben machen, es gab nur zwei DIs statt der üblichen drei, und auch die unteren Ränge waren arg gelichtet. Ein weit verbreitetes Phänomen in der gesamten Met. Natürlich gab es die üblichen Erklärungen: Mehrere Mitglieder der Kommission hatten den Arbeitsplatz gewechselt und mussten noch ersetzt werden, einer war auf längere Zeit krankgeschrieben, eine in Mutterschutz, eine zweite würde ihr bald folgen. Nur half ihr das bei einem so brisanten Fall wie diesem nicht weiter. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob man ihr einen vergifteten Kelch gereicht hatte.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. Wahrscheinlich hatte Cornish seine Pressekonferenz gerade beendet. In Ergänzung dazu hatte die Presseabteilung ihr in letzter Minute einen Auftritt in Crimewatch am nächsten Tag besorgen können. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie wahrscheinlich mit Anrufen überschwemmt werden würden, denen sie allesamt nachgehen mussten, ob sie nun nützlich waren oder nicht, was wertvolle Zeit und Arbeitsstunden kosten würde. Aber sie hatten keine andere Wahl. Bisher hatten sie viel zu wenig, womit sie arbeiten konnten, und brauchten dringend weitere Informationen. Bei der zu erwartenden Flut von Anrufen war es extrem wichtig, das Blickfeld so weit wie möglich einzugrenzen. Der nächste Schritt bestand darin, einen Kriminalpsychologen einzuschalten.
Wie üblich war von den beiden hauseigenen Psychologen der Met keiner abkömmlich. Einige wenige Namen auf der Liste der von der National Crime Faculty anerkannten Psychologen kamen ihr bekannt vor. Doch es war nicht damit zu rechnen, dass sie den Luxus haben würde, sich einen aussuchen zu können. Sie brauchten so schnell wie möglich neuen Input, aber es würde nicht leicht sein, auf Anhieb jemanden zu finden, der Zeit hatte. Die Leute saßen
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