Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
nicht bei klarem Verstand. Deshalb sind sie ja so leicht zu ködern.«
»Er ist aufgeflogen. Kein Mensch wird sich mehr auf den Schmu vom gemeinsamen Selbstmord einlassen.«
»Was glauben Sie, was er jetzt machen wird? Die Sache an den Nagel hängen und wieder arbeiten gehen? Er ist ein Chamäleon. Er wird sich anpassen. Tom hat Gefallen gefunden am Töten. Er muss das Verlangen befriedigen, auch wenn er jetzt gezwungen ist, sich ein anderes Spiel auszudenken.«
»Aber wir wissen ja, dass die meisten Serienmörder Gewohnheitstiere sind.«
»Dieser Mann ist schlauer als die meisten, vergessen Sie das nicht. Diese junge Mädchen sind ein Kinderspiel für ihn, viel zu einfach. Er wird sich schon bald eine größere Herausforderung suchen. Und der Pressewirbel spornt ihn vielleicht noch an.«
»Wenn Sie Recht haben, gibt uns das eine Chance. Vielleicht versaubeutelt er es.«
»Hoffen wir’s. Ich fürchte nur, dass wir auf die Antwort nicht lange werden warten müssen.«
Zwölf
Lächelnd starrte Tom auf den Bildschirm. Detective Chief Inspector Carolyn Steele machte ihre Sache gut, beim Zeugenaufruf traf sie mit ihrer rauchigen Stimme genau den richtigen Ton zwischen Ernst und Betroffenheit. Dumm nur, dass sie diesen kastenförmigen Blazer und die schlichte weiße Bluse trug. Nicht sehr vorteilhaft. Wahrscheinlich glaubte sie, damit seriöser auszusehen, aber wenn sie das wollte, hätte sie eine Uniform anziehen sollen. Frauen in Uniform konnten verdammt sexy sein. Einen Augenblick lang sah er Carolyn vor sich, wie sie sich zu Musik im Hintergrund langsam die Bluse aufknöpfte und sich bis auf Strümpfe und Strapse, einen knappen schwarzen BH und einen Tanga auszog.
Er musste an einen Junggesellenabschied zurückdenken, an dem er vor ein paar Jahren teilgenommen hatte, mit drei Stripperinnen in Polizeiuniform mit Handschellen und Schlagstöcken, zwei blondierte und eine brünette, drei abgewrackte Schachteln, die ihre besten Jahre längst hinter sich hatten. Nachdem sie sich unter unkritischem, versoffenem Applaus ausgezogen hatten, war die Brünette schnurstracks auf ihn losgesteuert, hatte sich mit ihrem übel riechenden, schweißnassen Körper auf seinem Schoß niedergelassen und ihn gefragt, ob er eine Spezialbehandlung wolle. Sie hatte ihn an den Stuhl fesseln wollen, aber er hatte ihr eine gescheuert und sie weggestoßen, sodass sie zu Boden fiel. Sie landete auf dem Gesicht und blutete, fing hysterisch an zu schreien und drohte, die Bullen zu rufen. Alles brüllte vor Gelächter, auch die anderen Nutten. Aber am Ende hatte er der Schlampe ein erschütternd großes Trinkgeld geben müssen, damit sie endlich Ruhe gab. Den Gestank ihres billigen Parfums hatte er noch Tage später in der Nase gehabt.
Carolyn Steele hingegen hatte nichts Billiges an sich. Sie hatte Klasse, genau der Typ Frau, der ihm gefiel. Ihr glattes schwarzes Haar passte wunderbar zu ihrem runden Gesicht, und die Maskenbildnerin hatte ganze Arbeit geleistet, Steele sah aus wie Fiona Bruce. Besser sogar.
Cut zu einer Rekonstruktion des Tatorts. Ein junges Mädchen, die Gemma Kramer darstellen sollte, stand mit einem Mann im dunklen Mantel vor St. Sebastian’s. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass er das sein sollte. Was für ein Witz. Während das Mädchen durchaus eine entfernte Ähnlichkeit mit Gemma aufwies, sah der Mann ihm nicht im Geringsten ähnlich. Falsche Frisur, falsche Kleidung, falsche Figur. Sogar seine Körpersprache war falsch, als er mit Gemma redete und sich vorbeugte, um sie zu küssen, als hätte er Spaß daran. Die blöden Bullen lagen mal wieder meilenweit daneben. Konnten die denn nichts richtig machen? Dabei kam es doch auf jedes Detail an. Die Details waren das, was zählte.
Die Kamera zoomte zurück, und die ganze Kirche war zu sehen. Genau wie er sie in Erinnerung hatte, auch wenn er sich nie die Mühe gemacht hatte, sie aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Dann erschien ein Portraitfoto von Gemma auf dem Bildschirm. Sie trug ihre Schuluniform und sah noch jünger aus, als er sie in Erinnerung hatte. Bei ihrem Anblick durchfuhr ihn ein freudiger Schauder, und er fühlte sich in die Kirche zurückversetzt. Er schloss die Augen und versuchte den Sprecher auszublenden, sich zu konzentrieren. Was würde er dafür geben, jeden kostbaren Moment noch einmal erleben zu dürfen. Er konnte die echte Gemma aus Fleisch und Blut so deutlich vor sich sehen, dass er sie fast berühren, sie riechen konnte. Das
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