Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
und alle Welt würde ihr die Schuld geben. Donovan fragte sich, ob Steele sich darüber im Klaren war, ob sie bei der Sache eine Wahl gehabt hatte.
Sie wartete noch ein paar Minuten und wollte gerade einen Zettel hinterlassen und wegfahren, als Tartaglia am Ende der Straße um die Ecke gejoggt kam und unter einer Straßenlaterne auftauchte. Sie stieg aus dem Wagen, schloss ab und spannte den Regenschirm auf, während er gemächlich auf sie zutrottete. Als er sie erkannte, winkte er.
»Gut, dass ich spät dran war«, sagte sie, als er schnaufend näherkam. Sein Haar war klatschnass, das Wasser lief ihm übers Gesicht, er trug eine kurze Laufhose, Turnschuhe und ein weißes T-Shirt, das ihm am Körper klebte. Gott, er sah umwerfend aus, selbst in dem Aufzug, dachte sie und hoffte, dass er ihre Gedanken nicht lesen konnte.
»Tut mir leid«, keuchte er zwischen zwei tiefen Atemzügen, strich sich das Haar aus dem Gesicht und streckte die Beine. »Ich dachte, du wärst aufgehalten worden, da bin ich laufen gegangen. Macht den Kopf frei.«
Sie folgte ihm zur Haustür. »Wäre es nicht besser, mit dem Rauchen aufzuhören?«
Noch immer außer Atem, drehte er sich grinsend zu ihr um. »Wie du, oder was? Ich habe dich heute Morgen auf dem Parkplatz rauchen sehen. Hattest du nicht aufgehört?«
»Bitte nicht schimpfen. Ich brauch‘das im Moment. Hier, ich hab dir was mitgebracht.«
»Was denn?«, fragte er und betrachtete die Plastiktüte in ihrer Hand, während er in der Hosentasche nach dem Hausschlüssel kramte.
»Ein Video von Crimewatch. Ich bin noch kurz zu Hause vorbeigefahren. Ich dachte, du würdest es dir vielleicht gern ansehen, auch wenn du heute Nachmittag etwas anderes gesagt hast.«
Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu und ging ins Haus. »Genau das, was ich mir immer gewünscht habe.« Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf und ließ sie vorgehen.
»Steele hat das ziemlich gut gemacht. Kommt echt gut rüber.«
»Hoffen wir, dass etwas Vernünftiges dabei herauskommt«, sagte er und schloss die Tür hinter sich. »Ich gehe kurz duschen. Wenn das Telefon klingelt, geh bitte ran, ja? Es könnte Sally-Anne sein.«
»Gibt’s was Neues?«
»Entschuldige, das hätte ich dir längst erzählen sollen. Sie hat mich vor ein paar Stunden angerufen, um mir zu sagen, dass Trevor wieder bei Bewusstsein ist.«
»Gott sei Dank«, sagte sie und spürte eine Welle der Erleichterung. »Sehr gute Neuigkeiten.«
Er grinste sie an. »Und weißt du was? Sally-Anne hat ihm in voller Lautstärke Eminem vorgespielt, und nach zehn Minuten hat er die Augen aufgemacht.«
Sie lachte und versuchte, sich die Szene vorzustellen. »Typisch Trevor. Hat er sie angeschrien, dass sie es ausmachen soll?«
»Wahrscheinlich. Das ist so ungefähr der einzige Lichtblick in den ganzen beschissenen letzten vierundzwanzig Stunden. Sally-Anne meinte, sie ruft mich noch mal an, wenn sie in Erfahrung gebracht hat, wann ich ihn besuchen kann.« Er deutete vage in Richtung Sofa. »Mach dir Musik an und fühl dich wie zu Hause. Im Kühlschrank müsste noch ein offener Weißwein stehen, oder Rotwein im Regal neben der Spüle. Ich brauch nicht lange. Vielleicht können wir uns was zu essen bestellen. Ich bin am verhungern.«
Donovan legte die Tüte auf den Couchtisch aus Chrom und Glas, zog den Mantel aus und ging in die Küche, wo sie im Kühlschrank eine offene Flasche italienischen Gavi fand. Sie schenkte sich ein Glas ein und ging zurück ins Wohnzimmer, nahm Tartaglias ungewöhnliche Musiksammlung in Augenschein, die von obskuren italienischen Opern bis zu Hip-Hop reichte, und entschied sich für eine alte Moby-CD. Sie schob sie in den CD-Player und ließ sich in dem bequemen Ledersessel vor dem Fenster nieder.
Sie kam langsam zur Ruhe und sah sich im Zimmer um, auf der Suche nach einem klitzekleinen Hinweis auf die Anwesenheit eines weiblichen Wesens. Die Szene in Dr. Blakes Büro ging ihr nicht aus dem Kopf. Aber da war nichts Verräterisches. Überhaupt keine Anzeichen für irgendetwas Interessantes. Die Wohnung war wie immer akkurat aufgeräumt, sie hatte nichts von dem üblichen, unbewussten oder bewussten Durcheinander, das sie von anderen männlichen Kollegen oder Freunden kannte. Alles hatte seinen Platz und seine Funktion, von den langen alphabetisch sortierten Reihen der DVDs, CDs und Bücher in den Regalen bis zu den ordentlich arrangierten Gläsern, Tellern und Tassen, Getränken und Kochzutaten auf den Küchenborden.
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