Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
am Grab ihrer prominenten Mutter zusammengebrochen ist, haha!« Skeet wollte sich ausschütten vor Lachen. »Ich hab’ sie erkannt, Dallie. Das ist die, die immer mit den Filmstars ausgeht.«
»Im Ernst?«
»Wie in aller Welt …«, setzte Francesca an, aber Skeet fiel ihr ins Wort.
»Also, das hat mir richtig leid getan, das mit deiner Mama und dem Taxi.«
Francesca starrte ihn sprachlos an.
»Skeet liest gern Illustrierte«, sagte Dallie zur Erklärung.
»Ich zwar nicht, aber irgendwie verblüfft sie mich doch, diese Macht der Massenmedien. Als ich klein war, hatten wir ein Erdkundebuch, und das erste Kapitel hieß ›Unsere schrumpfende Welt‹. Das sagt doch alles, nicht? Hattet ihr in England auch solche Schulbücher?«
»Nein – ich glaube nicht«, sagte sie matt. Schweigen breitete sich aus. Eine Sekunde lang dachte sie voller Entsetzen, die beiden wollten nähere Einzelheiten über Chloes Tod erfahren. Der Gedanke, etwas derart Intimes mit Fremden zu teilen, war ihr schrecklich. Darum kehrte sie schnell zum Ausgangspunkt der Unterhaltung zurück. »Ich bin um den halben Erdball gereist, habe eine unbeschreiblich schlimme Nacht in einer absolut menschenunwürdigen Unterkunft verbracht und mußte auch noch dieses widerliche Kleid anziehen. Dann bekam ich heraus, daß man mir den Film im falschen Licht dargestellt hatte.«
»Porno?« wollte Dallie wissen.
»Aber nein!« fuhr sie auf. Konnten diese Amerikaner denn nicht einmal nachdenken, bevor sie etwas sagten? »Es war
eins von diesen furchtbaren Machwerken über« – schon beim bloßen Gedanken an das Wort wurde ihr übel – »Vampire.«
»Im Ernst?« Skeet war sichtlich beeindruckt. »Kennst du auch Vincent Price?«
Francesca kniff die Augen zusammen. »Das Vergnügen hatte ich leider noch nicht.«
Skeet tippte Dallie auf die Schulter. »Weißt du noch, wie der alte Vincent immer in dieser Fernsehsendung war? Und manchmal hatte er auch seine Frau dabei. Wie heißt die doch noch? Auch so eine bekannte englische Schauspielerin, vielleicht kennt Francie sie.«
»Francesca«, korrigierte sie ihn. »Ich kann es nicht ausstehen, wenn man meinen Namen abkürzt.«
Skeet ließ sich auf seinen Platz zurückfallen. Sie spürte, daß sie ihn beleidigt hatte, aber es war ihr gleichgültig. Sie hatte schließlich ein Recht auf ihren Namen, besonders in dieser prekären Lage.
»Und was hast du jetzt für Pläne?« fragte Dallie.
»So schnell wie möglich nach London zurückzukehren.« Sie mußte an Miranda Gwynwyck denken, an Nicky. Unmöglich könnte sie so weiterleben wie bisher. »Und dann heirate ich.« Ganz unbemerkt war die Entscheidung gefallen, sie sah keine andere Möglichkeit. Nach allem, was sie in den letzten vierundzwanzig Stunden durchgemacht hatte, war die Ehe mit einem reichen Brauereibesitzer doch gar kein so schweres Los. Aber sobald sie es ausgesprochen hatte, fühlte sie sich nicht erleichtert, sondern bedrückt. Sie versuchte sich von ihren düsteren Gedanken abzulenken. Darum bat sie Skeet um ihr Kosmetikköfferchen. Wortlos reichte er ihr das Gewünschte. Sie drückte es fest in den Haufen von Stoff auf ihrem Schoß und ließ den Deckel aufspringen.
»Mein Gott …« Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen über ihr Spiegelbild. Das schwere Make-up wirkte einfach grotesk bei natürlichem Licht, das Lippenrot war schon
ganz weg, das Haar hing ihr wirr um den Kopf, und sie war völlig verdreckt. Noch nie in ihrem Leben hatte ihr – außer ihrem Friseur – irgend jemand bei der Toilette zuschauen dürfen. Aber außergewöhnliche Situationen erfordern nun mal außergewöhnliche Maßnahmen. Ihr wahres Selbst mußte sie unbedingt wiedererhalten!
Sie griff sich eine Flasche Reinigungsmilch und machte sich ans Werk. Sie mußte zwischen sich und den beiden unbedingt eine gewisse Distanz schaffen, ihnen unmißverständlich klarmachen, daß sie zu einer anderen Welt gehörte. »Also wirklich! Ich sehe ja absolut verboten aus. Diese ganze Reise war ein einziger Alptraum.« Sie riß sich die falschen Wimpern ab, befeuchtete die Augenlider und trug eine neue Schicht Rouge, Lidschatten und Maskara auf. »Normalerweise nehme ich die wunderbare Wimpern-Tusche aus Deutschland – Ecarte –, aber Cissy Kavendishs Mädchen – eine ganz unmögliche Frau aus Westindien – hat natürlich vergessen, sie für mich einzupacken. Ich muß mich mit diesem englischen Mist behelfen.«
Sie merkte, daß sie zuviel redete, konnte sich aber
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