Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Reed
Vom Netzwerk:
keinen Haarausfall.«
    »Na ja.«
    »Du probierst das ganze Zeug aus, auch wenn du das gar nicht brauchst?« Sie zeigt auf den Rollator. »Kommen die dir denn nicht auf die Schliche?«
    »Kennst du das Lied über den großen Heuchler,
The Great Pretender

    »Ich glaube, das höre ich gerade.«
    Er lacht. »Wer weiß? Wenn ich mit dem ganzen Zeug rumspiele, brauche ich es vielleicht nie.«
    »Das ergibt nicht nur keinen Sinn, sondern du vergisst vermutlich noch, wie du ohne Hilfe gehst, wenn du das Ding immer vor dir herschiebst.«
    »Siehst du diese Schuhe?« Er hält seinen weiß beturnschuhten Fuß hoch, Größe 47. »Mit batteriebetriebenen Einlegesohlen.«
    Annie zieht eine Braue hoch.
    »Das hat dein Daddy auch immer gemacht.«
    »Ich weiß.«
    »Jedenfalls geht es hier um Gleichgewichtskontrolle. Die geburtenstarken Jahrgänge fangen jetzt an zu stürzen und sich dieHüften zu brechen. Das wird ein nationaler Notstand, warts nur ab! Die entwickeln schon eine Art Airbag, den man an den Hüften befestigt.«
    Sie legt den Kopf schief. »Ich weiß nie, wann du mich auf den Arm nimmst.«
    »Ich schwörs.«
    »Auweia.«
    »Dabei fällt mir ein: nachträglich herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Du bist im mittleren Alter, Spatz. Wo ist die Zeit nur geblieben?«
    Das weiß sie ehrlich auch nicht.
    »Hör mal«, sagt er und hebt wieder den Fuß hoch. »Die leiten so was wie elektrischen Strom in diese Einlagen. Der fließt aus meinen Füßen bis ins Hirn. Das soll den Gleichgewichtssinn stärken, der mit dem Alter abnimmt. Ich dachte, ich könnte es mal mit Tanzen versuchen.«
    »Onkel Calder, du bringst denen ja die Forschung durcheinander. Du hast doch gar keine Gleichgewichtsstörungen, oder?«
    »Nicht mit denen hier.«
    Sie schüttelt den Kopf, setzt den Kaffee an den Mund und trinkt. Er ist kalt und schmeckt nach Plastik.
    »Calder braucht einen besseren Anwalt.« Seine Worte durchschneiden die Luft. »Darum habe ich dich hierhergebeten.«
    Sie lässt die Tasse sinken.
    »Man sollte glauben, in so einem eindeutigen Fall wäre er bei einem Pflichtverteidiger in guten Händen. Es gibt keinen Beweis, dass er sich auch nur in der Bar aufgehalten hat. Die tun so, als wäre er eine Art Ziegenbock mit vier Hörnern, weil er Tics hat. Ich sorge dafür, dass er einen anderen bekommt. Einen von diesen Staranwälten. Vielleicht könntest du etwas beisteuern.«
    Plötzlich schämt sie sich wegen ihrer Hände. Rissig und voller Blasen, mit anderer Arbeit, anderen Dingen beschäftigt. Sie steckt sie wieder in die Taschen.
    »Anscheinend könntest du selbst ein bisschen Hilfe gebrauchen«, sagt er.
    »Was? Mir gehts gut.«
    »Du siehst nicht gut aus.«
    »Mir gehts aber gut.«
    »Du siehst aus wie ein kleiner Hund in hohem Gras.«
    »Was soll das denn bedeuten?«
    »Du siehst verloren aus.«
    »Onkel Calder.« Sie findet nicht die richtigen Worte, um den Satz zu beenden.
Du siehst verloren aus
. Leicht dahingesagt. Doch das gräbt sich durch die härtesten Teile bis zu ihrem weichen Kern. Sie verspürt den Drang, ihm ihr Herz auszuschütten, ihm zu erzählen, was sie noch niemandem gesagt hat, was sie sogar vor sich selbst zu verheimlichen versucht hat, über den Morgen, an dem Owen sie verlassen hat.
    Ihr wurde übel, wenn sie ihren Einkaufswagen durch den Gang schob, jedes Mal wenn das wackelige Vorderrad in eine andere Richtung zog. Dann dachte sie, sie müsste sich übergeben, und merkte, als sie die Symptome durchging, dass ihre Brüste so empfindlich waren. So schwer. Sie war sich nicht sicher, wann sie ihre letzte Periode gehabt hatte. Dann fielen ihr mehrere Tage nacheinander ein, an denen sie die Pille vergessen hatte. Sie dachte daran, als ein Teenager-Pärchen sie um ein Foto mit ihr bat. Wie oft hatte sie vergessen, die Pille zu nehmen, und nichts war jemals passiert? Aber als sie dann lächelte und ein Friedenszeichen für die Handykamera der beiden machte, bemerkte sie, dass der Junge unter den Jeans Boxershorts trug. Das erinnerte sie an den Scherz, den sie gemacht hatte, als Owen auf einmal statt Unterhosen Boxershorts anzog. Im Nachhinein wurde ihr klar, das war ein sicheres Anzeichen für seine Affäre, aber damals hatte sie gelacht und gesagt: »Ich hab gelesen, dass Boxershorts einen Mann fruchtbarer machen.« Und dies ging ihr durch den Kopf, als sie im Supermarkt allein war, die Hand auf dem Bauch, den Blick auf das Waschmittel geheftet, auf das sie zugesteuert war, während sich die Augen mit

Weitere Kostenlose Bücher