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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Reed
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»Schnee.«
    Sie wartet darauf zu hören, dass es ein Scherz ist.
    »Draußen ist alles weiß.«
    Das kommt ihr komisch vor. Absurd. Alberner als alles, was sie je gehört hat. Das ruft Tränen hervor, eine solche Flut, dass das Zimmer vor ihren Augen verschwimmt. Sie schüttelt den Kopf und reibt sich die Augen. »Du siehst furchtbar aus«, sagt sie.
    Seine Augen sind glasig und rot. Er lächelt matt, aber es reicht, um seine sexy krummen Zähne zu zeigen. Er kratzt sich den Stoppelbart, das einzige Geräusch im Raum, wie Sandpapier auf Holz. »Tja. Also. Du auch«, sagt er und hustet und lacht gleichzeitig.
    Sie streicht sich das Haar aus dem Gesicht und dreht sich zum Fenster, ohne von ihrem Platz aus den Schnee sehen zu können, nur das blendende weiße Licht durch die beschlagene Scheibe. Ihr Leben lang musste sie sich ausmalen, wie Schnee aussieht, und jetzt tut sie das immer noch, obwohl er draußen vor ihrer Tür liegt.
    »Tja. Also. Eines Tages werde ich diejenige sein, die von hier weggeht. Mal sehen, wer dann wie aussieht.«
    Owen hält sich Annies verschlissenen gelben Quilt an die Wange. »Ich meine, wir sollten den hier nehmen. Er riecht nach dir.« Er beginnt, Detour darin einzuwickeln. Annie verlässt das Zimmer.
    Draußen ist die Veranda in eine andere Zeit und an einen anderen Ort entrückt worden. Schnee sollte eigentlich auf Berge und Bäume fallen, deren dürre Zweige kein Laub tragen. Doch hier ist er und überzieht das flache Sumpfland wie mit einer Wolkendecke, als ob der Himmel sich auf der Erde zur Ruhe gelegt hätte. Annies Hals schmerzt angesichts dieser Schönheit. Und noch mehr wegen der Anmut.
    Owen kommt mit einem Bündel auf den Armen heraus. Annie wendet sich ab. Gemeinsam gehen sie neben das Haus und bleiben hinter dem Weidenbaum stehen, in dessen Schatten Detour am allerliebsten lag. Annie hält den Kopf gesenkt. Sie müssen nichts sagen. Sie wissen, dass dies die Stelle ist.
    Es muss sein, und Owen besteht darauf zu graben, obwohl sein Husten über das gefrorene Feld hallt. Ihm zittern die Hände, als er die harte Oberfläche zum feuchten, wärmeren Boden darunter durchstößt. Das Quiltbündel liegt in der Nähe im Schnee. Eine alte Pfote lugt aus den Falten. Annie findet die Kraft, sich zu bücken und sie wieder hineinzustecken. Sie fühlt sich kalt und fremd an in ihrer Hand, nicht anders als eine Hasenpfote. Sie erinnert sich an die pfotenlosen Hasen in Pinckneys Scheune. Sie steht auf, reibt sich die Augen und verdrängt das Bild.
    Der Wind fegt Schneeflocken durch die Zweige. Annie blinzelt sie von ihren Wimpern herunter. Sie wischt alles ab, was sich aufdem gelben Quilt angesammelt hat, bis ihr klar wird, dass das sinnlos ist.
    Owen legt Detour in das Loch und bedeckt ihn mit Erdklumpen.
    Ein schriller Ton dröhnt Annie ins Ohr, als wenn jemand versuchen würde, ein Weinen zu unterdrücken. Owen weint hemmungslos, wischt sich die Nase am Ärmel ab. Als er fertig ist, wirft er den Spaten weg und streckt den Arm nach ihr aus. Sie tritt auf ihn zu, und er zieht sie an sich und wiegt sie sanft in einer festen Umarmung. Ein Sturzbach von Tränen sprudelt aus ihr hervor. Sie stehen eng umschlungen da, als Schutz vor der Kälte. Sie will etwas sagen, aber ihr fällt nichts ein, was ihre Gefühle auch nur annähernd ausdrücken könnte.
    Sie liegen in Mantel und Jacke auf ihrem Bett und reden zur Zimmerdecke hin. »Du bist richtig krank«, sagt Annie. »Wann hast du zum letzten Mal was gegessen?« Dieses Gespräch ist surreal. Die Flocken, die am Fenster vorbeischweben, helfen nicht, sie wieder zu erden.
    Er zittert. »Das Haus riecht nach Sägemehl.«
    »Für den Kamin habe ich deine Zahnbürste genommen.«
    Er scheint einzuschlafen.
    »Ich glaube, in mancher Hinsicht habe ich Detour mehr als dich geliebt«, sagt sie.
    Sein Lachen ist gedämpft und schief. Er hustet. »Das nehme ich dir nicht übel.«
    »Er hat mir nie Sorgen gemacht.«
    »Nein.«
    »Er ist nie von meiner Seite gewichen. Na ja. Diesmal konnte er nicht anders.«
    »Nein.«
    »Soweit ich weiß, hat er mich nie belogen.«
    »Das stimmt garantiert.«
    Owen legt seine heiße Hand auf ihre, und sie zieht sie nicht zurück, als er seinen kleinen Finger mit ihrem verhakt.
    »Wie geht es Calder?«, fragt er. »Ist er okay?«
    Annie denkt an Sidsel, die auf dem Sofa zusammengebrochen ist, und dann an ihr gemeinsames Essen. Selten hat sie so gut gegessen, und all die Gespräche über ihre Musik und Sidsels Café, als wären

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