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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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Familie für Zwillinge gefunden werden musste. Das war so ungewöhnlich, dass meine Mutter darüber gesprochen hat. Sie war enttäuscht, weil die Kinder nicht zusammen vermittelt werden konnten. Ein Kind wurde adoptiert, das andere von der Mutter zurückgefordert. Ein paar Jahre später verstarb die Mutter und das Mädchen wurde wieder zur Agentur gebracht. Ich glaube, sie wurde an eine Pflegefamilie vermittelt.
    Ich rate Ihnen, sich nicht weiter mit dieser Angelegenheit zu befassen. Sicherlich haben Sie ein gutes Zuhause. Lassen Sie die Vergangenheit ruhen und genießen Sie die Gegenwart. Bestimmt macht Ihre Schwester das auch so.«
    Aber ich wusste es besser. Ich faltete den Brief zusammen und steckte ihn in meine Tasche.
    In der Woche darauf kehrte Lia nach Brighton Island zurück. Aber nicht zu mir.

ACHT
    VON IHRER ANWESENHEIT ERFUHR ich durch Jeff.
    Â»Du solltest wirklich nicht auf diesen Felsen bei euch am Haus herumspazieren«, sagte er. »Die sind verdammt glitschig.«
    Wir standen an der Reling auf dem Oberdeck der Fähre, Neal hatte sich zwischen uns geklemmt, und der Wind riss Jeff die Worte von den Lippen. Ich war mir nicht sicher, ob ich meinen Ohren trauen sollte.
    Â»Da laufe ich nie rum«, sagte ich über den Kopf meines Bruders hinweg.
    Â»Gestern hast du es getan«, beharrte Jeff. »Ich hab dich gesehen.«
    Â»Wir gehen nie da raus«, bestätigte Neal. »Keiner von uns. Das ist gefährlich. Als ich klein war, bin ich da mal hingefallen und dabei wäre ich fast gestorben.«
    Â»Da hast du verdammt recht, es ist gefährlich«, sagte Jeff. »Zwischen diesen Felsen sind so viele Spalten. Ein Schritt daneben – und das war’s.«
    Ich hörte gar nicht richtig hin, damit hatte ich schlagartig aufgehört, als er gesagt hatte: »Ich hab dich gesehen.« Es war, als würde die Szene mit Natalie und Gordon am Tag nach Natalies Party noch einmal ablaufen. Auf gar keinen Fall hätte Jeff mich auf den Felsen vor Cliff House sehen können, ich war nicht dort gewesen.
    Ich schaute übers Wasser, wo Brighton Island als dunkle Masse immer größer wurde. Das Mädchen auf den Felsen war Lia gewesen. Daran hatte ich keinen Zweifel. Irgendwo dort vor mir, auf den Felsen, am Strand oder auf den Klippen – oder gar, was wahrscheinlicher war, im ruhigen Schutz von Cliff House selbst, wartete sie. Jetzt würde ich sie bald finden.
    Aber das geschah nicht. An diesem Abend ging ich früh und voll gespannter Erwartung zu Bett und lag wach bis zum Morgengrauen. Als die Umrisse meiner Möbel zu erkennen waren und das Schwarz des Himmels hinter der Glastür zu Grau wurde, das in ein mildes Rosa überging, machte ich endlich die Augen zu. Die Erschöpfung wurde nur noch größer durch die Enttäuschung, und die letzte Stunde, bevor Meg zu mir hoch geschickt wurde, um mich zu wecken, schlief ich wie eine Tote.
    Sie ist weg , redete ich mir ein. Aber wieder lag ich falsch. An diesem Nachmittag, als Neal von seinen üblichen Schulschlusswanderungen zurückkehrte, war er überrascht, mich lesend im Wohnzimmer anzutreffen.
    Â»Ich dachte, ich hätte dich in den Dünen gesehen«, sagte er. »Ich bin mit dem Rad die Star Point Road entlanggefahren, runter zu den Cranberry Sümpfen, und da war so ein Mädchen oben auf den Dünen. Sie hatte die Sonne im Rücken, aber ich war mir sicher, dass du es warst.«
    Meg, die gerade eine Gruppe von Plüschtieren in die Kunst des Buchstabierens einführte, schaute interessiert auf.
    Â»Wetten, das war wieder Lauries Geist«, sagte sie.
    Â»Was meinst du denn damit?«, fragte Neal.
    Â»Da ist so ein Geisterdings, das rumläuft und Leute belauert. Das seh ich andauernd. Zuerst dachte ich, es wäre Laurie, aber inzwischen weiß ich es besser.«
    Â»Das ist doch verrückt«, sagte Neal verächtlich. »So was wie Geister gibt es überhaupt nicht, und selbst wenn, dann würden die sich nicht am Tag blicken lassen, und man würde sie bestimmt nicht für lebende Menschen halten.«
    Â»Bei diesem Geist ist das aber so«, sagte Megan.
    Neal war etwas derart Lächerliches keinen Streit wert, er verzog sich in die Küche und plünderte den Kühlschrank. Sowie er weg war, wandte ich mich meiner Schwester zu.
    Â»Hast du das wirklich ernst gemeint, dass … dass du eine Geistergestalt siehst? Öfter als dieses eine Mal,

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