Komm zurueck, Como
nicht nach etwas benannt werden, das man essen oder trinken kann.«
» Wie heißt das italienische Wort für › springen ‹ ?«, fragte ich. » Für einen kleinen Hund war das schon eher eine Flugübung.« Momentan wuselte er wieder umher, was mir so vorkam, als wappnete er sich zum nächsten Hindernislauf.
» Oder wie wär’s mit einem berühmten Italiener?«, schlug Sally vor. » Da gibt es Dante oder Michelangelo oder Leonardo da Vinci. Und Pavarotti– Luciano Pavarotti.«
» Ist das nicht dieser fette Typ?«, fragte Phoebe. » Wir können einen Hund doch nicht nach einem fetten Typen benennen, der Opern singt.« Sie verzog ihr Gesicht.
» Palladio«, startete Sally ihren nächsten Versuch. » Wisst ihr noch? Wir haben auf dem Weg nach Venedig die vielen schönen Herrenhäuser besucht, die er gebaut hat. Mit Spitznamen könnten wir ihn Pal nennen.«
Phoebe schien diesen Vorschlag einen Moment abzuwägen. Schließlich hatten wir ihr in Venedig eröffnet, sie könne einen Hund haben. Das musste doch etwas bedeuten. Ich dachte darüber nach, Gondola oder Marco– für die Piazza San Marco– oder Doge vorzuschlagen. Aber mir war klar, dass sie keine Hilfe brauchte. Phoebes Gesicht hatte diesen ruhigen, nach innen gekehrten Ausdruck angenommen wie immer, wenn sie zu einer Entscheidung gekommen ist. Dann zieht sie ihre Unterlippe unter ihre Vorderzähne, und ihre Augen wirken noch grüner und konzentrierter. Sie erhob sich, drängte den Hund in die Ecke neben seiner Box und drehte sich zu uns, als sie ihn auf den Arm genommen hatte.
» Como«, verkündete sie.
» Wie Perry Como?«, fragte ich nach. Wie konnte sich eine Zwölfjährige an diesen alten Schnulzensänger in Strickjacke erinnern?
Sally verstand das Missverständnis. » Nein, wie der See.«
Phoebe nickte. Wir hatten auf unserer Reise ein paar Tage am Comer See verbracht und in der Abenddämmerung eine Bootsfahrt von Bellagio aus unternommen. Das seidenmatte Wasser, die Berge, die sich beiderseits des Sees erhoben, der Gedanke an die nahen Schweizer Alpen, die anderen Boote, die wie zauberhafte, leuchtende Geschenkschachteln auf dem Wasser trieben– all das hatte sie begeistert. Ein Traum vermischte sich mit dem anderen. Sally und ich lächelten zuerst uns an, dann Phoebe.
» Perfekt«, sagte einer von uns.
» Como passt«, sagte der andere. Es war Zeit, ins Bett zu gehen.
Phoebe kam die Ehre zu, ihn für seine erste Nacht zu Hause ins Bett zu bringen. Sie legte Como neben der Box ab und hielt ihn mit einer Hand am Halsband, während sie mit der anderen die Decke aufschüttelte. Widerstrebend, aber ohne Widerstand zu leisten, ging er hinein. Phoebe ließ ihn sich umdrehen, sodass er nach draußen schauen konnte, dann schloss sie die Tür. Einer nach dem anderen blickten wir durch das Gitterfenster in der Tür.
» Leg dich hin, Como«, wies Phoebe ihn an. » Sei ein guter Junge und schlaf. Bist ein braver Junge. Leg dich hin.«
Sally war die Nächste. Sie nutzte mehr oder weniger den gleichen Stil. Als ich auf die Knie ging, um in die Box zu spähen, stand der Hund immer noch kerzengerade und mit erstauntem Ausdruck auf seinem haarigen Gesicht hinter der Tür. Sein knochiger Rücken berührte das Dach, und seine dürren Vorderbeine schienen im Boden verankert zu sein. Er sah elend aus, aber auch entschlossen, etwas daran zu ändern. Ich wollte so tun, als wäre alles in Ordnung.
» Gute Nacht, Como«, rief ich ihm zu, als ich mich von der Box entfernte. » Wir sehen uns morgen.« Dann schalteten wir das Licht aus und gingen nach oben.
Unser Haus, das vier Straßenblocks südlich des Golden Gate Parks im westlichen Teil von San Francisco liegt, ist nachts gewöhnlich angenehm kühl, besonders im Sommer, wenn der dichte Nebel wie eine natürliche Klimaanlage funktioniert. Normalerweise brauchen wir im September schon wieder ein oder zwei Decken, nicht aber in diesem Jahr, in dem es im September heiß und sonnig blieb. Wir ließen die Fenster weit geöffnet, als wir zu Bett gingen, und der Lärm der Menschen und Autos und vorbeifahrenden Busse lenkte uns von dem ab, was im Erdgeschoss geschah. Phoebe tauchte drei oder vier Mal in unserem Schlafzimmer auf, um uns haarklein zu erklären, was wir am nächsten Tag mit Como tun müssten, während sie in der Schule war. Sally, Lehrerin für Englisch für Ausländer am San Francisco City College, würde am nächsten Tag Unterricht haben und erst um zwölf oder eins nach Hause kommen. Ich arbeitete
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