Komm zurueck, Como
vorsichtig und sorgfältig alle Möglichkeiten und Folgen einer Situation ab, bevor sie einen Schritt nach vorn wagte. Wir hatten uns schon früh Sorgen gemacht, dass sie hoffnungslos schüchtern sein könnte, ein erschrecktes Mauerblümchen, das so lange nicht hinausgeht, um mit anderen Kindern zu spielen, und sich im Unterricht nicht meldet, bis es sich des Ergebnisses vollkommen sicher ist. Aber wer kann schon wissen, wie sich eine Sache entwickeln wird? Das findet man nur heraus, wenn man etwas riskiert und seine Stärken und Grenzen erkennt. Doch wie Sally und ich im Lauf der Jahre gelernt hatten, hatte sich Phoebe trotz ihrer Angst und zurückgezogenen Art nicht hinter einem Schutzwall verschanzt. Sie war in ihrer eigenen, nach außen gerichteten Art sogar mit der sie umgebenden Welt stark verbunden. Sie sah Dinge, spürte Dinge, stellte sich Dinge vor, die sich außerhalb unseres eigenen Erwachsenenradars abspielten. Die Lehrer, die sie wirklich kannten, begriffen sie. Wie auch Jeanne, ihre beste Freundin, ein geselliges und impulsives Mädchen, das sich oft Phoebes stiller Halsstarrigkeit unterwarf, wenn es darum ging, wer das Sagen bei ihren Spielen und Unternehmungen hatte. Como war höchstwahrscheinlich genauso gepolt wie Phoebe.
» Glaubst du, dass das überhaupt funktionieren kann?«, fragte ich Sally, nachdem ich an diesem Abend meine Leselampe ausgeschaltet hatte. Sally war schon fast eingeschlafen.
» Dir ist schon klar, dass mein Wecker morgen früh um sechs Uhr klingelt?«, fragte sie erschöpft, aber streng zurück.
» Tut mir leid, ich weiß. Ich hoffe nur, wir machen Phoebe nichts vor. Du weißt schon, ihre Hoffnungen mit dieser Hundeschule wecken, wenn Como es nicht packt.«
» Wenn, dann machen sie und der Hund uns etwas vor«, widersprach sie. » Ich glaube, sie sind uns in diesem Punkt weit voraus.«
Wahrscheinlich hatte sie recht, auch wenn ich nicht bereit war, diese Wahrheit zu akzeptieren. » Sarah würde ich am liebsten eine kleben«, sagte ich. » Sie tut so überlegen.«
» Ich glaube, sie macht ihre Sache ganz gut«, antwortete Sally ruhig. » Phoebe mag sie. Gute Nacht.«
Anscheinend hielt nicht jeder so viel von Sarah wie unsere Tochter. In der Woche darauf nahmen nur noch sieben Hunde teil, was den Kurs praktikabler machte. Wir saßen in einem engeren Kreis zusammen, und Sarah strahlte mehr Freundlichkeit und Vertrauen aus. Sie bat uns um den aktuellen Stand. Der Boxer und seine Besitzer kamen gut miteinander zurecht. Dem Border Collie gefiel das Klickern, doch sein Bedürfnis nach langen, sportlichen Spaziergängen erwies sich als schwierig. Schließlich war die alleinstehende Frau an der Reihe, uns von ihrem Spaniel zu erzählen.
Sie begann mit einem kräftigen Seufzen. Ihr Hund bellte ununterbrochen, sobald der Fernseher eingeschaltet war. Die Nachbarn beschwerten sich über den Lärm. Sie hatte Angst, aus der Wohnung geworfen zu werden. Doch die Hündin hörte nicht auf zu jaulen und zu bellen. Wir beugten uns vor wie die verständnisvollen Mitglieder einer Selbsthilfegruppe. Wir wollten den Schmerz mit ihr teilen. » Die Sache ist die«, erklärte sie, » ich wohne allein. Der Fernseher leistet mir Gesellschaft, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme. Die Sache geht mir wirklich an die Nieren.«
Sarah war wie verwandelt. Ihre schroffe, nüchterne Art verschwand, als sie die Frau und ihren Hund aufforderte, in den Kreis zu treten. » Wir kriegen das schon hin«, beruhigte sie die Frau und nahm ihr vorsichtig die Leine ab. » Wir finden eine Lösung.« Ihre Idee war, den Hund nach und nach an den Fernseher zu gewöhnen, und zwar mit einer Mischung aus Verstärkung beim Stillsein und festen, aber angemessenen » Auszeiten« fürs Bellen. Die drei– Sarah, die Hundebesitzerin und ihre Hündin– gingen in einem Rollenspiel ein Szenario durch, bei dem der Fernseher zunächst auf stumm und dann immer lauter gestellt wird.
» Schauen Sie, ob sie das fünf Minuten lang aushält«, ermunterte Sarah die Frau. » Belohnen Sie Ihre Hündin dafür, dann schalten Sie das Gerät ab. Etwa eine halbe Stunde später versuchen Sie es noch einmal. Während der Woche können Sie die Zeit verlängern.« Klicker spielten in dem Plan keine Rolle, wie ich merkte. Die Frau wirkte gleichermaßen dankbar, hoffnungsvoll und völlig erleichtert, als sie und ihr Spaniel sich setzten. Sie wischte sich eine Freudenträne ab, während sie nach unten griff, um den schlanken, glatten Hals ihrer
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