Komm zurueck, Como
Augen.
Fünfzehn
Käfigfrei
G leich früh am nächsten Morgen tauchten Como und ich erneut in Dr. Watts Praxis auf. Normalerweise muss man sich Tage, wenn nicht gar Wochen im Voraus anmelden, doch nach unserem mitternächtlichen Besuch und meinen Fähigkeiten als Schmeichler gab die Dame am Empfang schließlich nach. » Können Sie in einer halben Stunde hier sein?«, fragte sie. » Das wäre die einzige Möglichkeit.«
» Wir werden da sein«, versicherte ich ihr und schnappte mir Como. Sein brüchiges Becken hatte wenigstens einen Vorteil: Comos Versuche, mir auszuweichen, blieben halbherzig.
Der Muskelprotz hockte auf dem Rand seines Schreibtisches und lauschte meinem Bericht unserer postoperativen Anstrengungen. Ich saß, Como auf dem Schoß, auf einem Stuhl. Als ich auf den Angriff auf die Käfigstangen zu sprechen kam, trat Dr. Watt zu mir und drückte Comos Schnauze mit den Fingern auf. Er sagte nichts, zog aber kurz seine Augenbrauen hoch, bevor er sich wieder auf den Schreibtisch hockte. Als ich meine Geschichte beendet hatte, nahm er ein Handtuch von einem Stapel hinter sich und breitete es auf dem Boden aus.
» Legen Sie ihn dort hin. Wir schauen mal nach.«
Behutsam stellte ich Como in die Mitte des Handtuchs. Er blieb vorsichtig und mit steifen Beinen stehen, als könnte sich das Handtuch wie ein fliegender Teppich in die Luft erheben. Doch dann wankte er umher. Als er den glatten Boden erreichte, sackte er zusammen, weil seine Hinterbeine nachgaben. Allerdings rappelte er sich gleich wieder auf und wankte durchs Zimmer.
» Ist das okay für ihn?«, fragte ich. » Ich meine, darf er sich denn schon bewegen?«
Dr. Watt beobachtete aufmerksam Comos Bewegungen und antwortete nicht gleich. Nach einer Weile hob er den Hund hoch und untersuchte das Ergebnis seiner Operationskünste etwas genauer. Ich zuckte zusammen, als er Comos Hinterbeine weit auseinanderzog, sie wieder schloss und die OP-Wunde mit dem Daumen prüfte. Anschließend erhob sich Dr. Watt. Unter seinem strengen Blick hatte ich das Gefühl, ebenfalls untersucht zu werden.
» Empfehlenswert ist es nicht, aber wir versuchen es mal ohne Käfig«, sagte er. » Wichtig ist: keine plötzlichen Bewegungen, nicht auf Möbel hochspringen, keine Treppen. Alles schön langsam. Einen Schritt nach dem anderen.«
Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und versicherte ihm, wir würden unser Bestes tun. Überraschenderweise setzte sich Dr. Watt wieder, sein Gesichtsausdruck wurde weicher, und er bat mich um einen Gefallen: Ob wir etwas dagegen hätten, wenn er Comos Operation bei der nächsten tierärztlichen Konferenz vorstellen würde. Er wollte einige Röntgenbilder und Fotos verwenden und brauchte dazu unsere Zustimmung.
» Natürlich«, stimmte ich zu. » Nehmen Sie alles, was Sie benötigen. Aber neugierig bin ich trotzdem: Was ist denn so besonders an diesem Fall?«
Seine Antwort fiel zu vage und zu technisch für mich aus. Doch als Dr. Watt Formulierungen wie » auf Messers Schneide« verwendete, bestätigte er mehr oder weniger das, was wir bereits gedacht hatten. Como hatte, nachdem sich seine Lungen zweimal mit Blut gefüllt hatten, bereits mit einer Pfote im Grab gestanden. Er war ins Leben, zu uns zurückgekehrt. Ich war nicht nur von Dankbarkeit, sondern auch von einem neuen Verantwortungsbewusstsein für dieses gerettete Leben erfüllt.
Der Muskelprotz gab mir noch einen letzten Rat mit auf den Weg. » Sein Hinterteil ist ziemlich nackt. Vielleicht ziehen Sie ihm einen Pullover über, um ihn warm zu halten.« Ich versprach es und trug Como zurück zum Wagen. Wir kamen gerade noch rechtzeitig nach Hause, um uns die Feierlichkeiten zur zweiten Amtseinführung von George W. Bush im Fernsehen anzuschauen. Einiges davon konnte ich sogar trotz des Radaus im Badezimmer verstehen. Como verpennte die Sendung auf meinem Schoß.
Der Patient bekam am Nachmittag seine ersten Krankenbesuche, als seine Pudelfreundin Lizzy und ihre Familie mit einer Karte und einem Strauß Heliumballons vorbeischauten. Phoebe musste Como fest im Arm halten, weil er alles gegeben hätte, um auf den Boden zu springen und mit Lizzy durchs Haus zu rasen. Vom Blickwinkel eines Hundes aus betrachtet, mussten wir wie neurotische, überfürsorgliche Eltern gewirkt haben. Warum konnten wir ihn nicht einfach frei herumlaufen lassen?
Die wichtigere Frage war, wie wir ihn vor gefährlichen Situationen schützen sollten, wenn er nicht sicher auf dem Schoß von jemandem saß.
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