Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay

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wolltest du mir davon erzählen?«
    »Sobald du den Entschluss fassen würdest, wieder mit mir zu reden«, erwiderte ich.
    Deborah nahm einen äußerst erfreulichen Scharlachton an und blickte auf ihre Schuhe. »Ich war beschäftigt«, verteidigte sie sich nicht sehr überzeugend.
    »Kurt Wagner ebenfalls«, konterte ich.
    »Schon gut, Himmel«, sagte sie, und ich wusste, dass dies alles an Entschuldigung war, was ich jemals zu hören bekäme. »Ja, er ist rot. Aber, Scheiße«, fuhr sie fort, den Blick noch immer auf den Boden gerichtet, »ich glaube, der alte Mann hatte recht. Die Bösen gewinnen.«
    Es gefiel mir nicht, meine Schwester dermaßen deprimiert zu sehen. Ich spürte, dass eine muntere Bemerkung erforderlich war, etwas, das die düstere Stimmung aufheiterte und ein Lied in ihrem Herzen erklingen ließ, doch leider fiel mir nichts ein. »Nun«, sagte ich schließlich, »wenn die Bösen wirklich gewinnen, bedeutet das für dich zumindest eine Menge Arbeit.«
    Endlich sah sie auf, doch ohne die Spur eines Lächelns. »Ja«, sagte sie. »Ein Mann hat gestern Abend in Kendall seine Frau und seine beiden Kinder erschossen. Ich bearbeite den Fall.« Sie erhob sich, richtete sich zu etwas auf, das ihrer normalen Haltung ähnelte. »Ein Hoch auf unsere Seite«, sagte sie und verließ mein Büro.

    Es war vom ersten Moment an die ideale Partnerschaft. Die neuen Dinger hatten ein Bewusstsein, und dadurch war es wesentlich einfacher, sie zu manipulieren – und für ES viel lohnender. Auch töteten sie einander viel bereitwilliger, und ES musste nie lange auf einen neuen Wirt warten – noch erneut versuchen, sich fortzupflanzen. ES trieb seinen Wirt eifrig zum Mord, und ES wartete, verzehrte sich nach dem Gefühl des seltsamen, wunderbaren Anschwellens.
    Doch als das Gefühl einsetzte, regte es sich einfach langsam, kitzelte ES mit einer zarten Ranke der Empfindung und verschwand wieder, ohne zu knospen und Nachkommen zu produzieren.
    ES war verblüfft. Warum funktionierte die Reproduktion diesmal nicht? Es musste einen Grund geben, und ES ging bei seiner Suche nach einer Antwort methodisch und effizient vor. Über viele Jahre, während die neuen Dinger sich veränderten und wuchsen, experimentierte ES . Und nach und nach entdeckte ES die Bedingungen, unter denen Reproduktion funktionierte. ES brauchte viele Morde, ehe ES überzeugt war, die Antwort entdeckt zu haben, doch jedes Mal, wenn ES die finale Formel duplizierte, trat ein neues Bewusstsein ins Leben und floh voller Schmerz und Grauen in die Welt, und ES war befriedigt.
    Die Sache klappte am besten, wenn der Wirt ein wenig aus dem Gleichgewicht war, entweder wegen der Getränke, die sie zu brauen gelernt hatten, oder wegen einer Art Trancezustand. Das Opfer musste wissen, was es erwartete, und wenn es Publikum gab, flossen dessen Emotionen in das Experiment ein und verstärkten die Wirkung.
    Dann gab es noch Feuer – Feuer war eine gute Art, Opfer zu töten. Dadurch schien ihre Essenz in einem großartigen kreischenden Stoß spektakulärer Energie freigesetzt zu werden.
    Und letztlich funktionierte die ganze Angelegenheit am besten mit den jüngeren Dingern. Die Emotionen ringsum waren sehr viel stärker, insbesondere die der Eltern. Das Ganze war wunderbarer als alles, was ES sich jemals hatte vorstellen können.
    Feuer, Trance, junge Opfer. Eine einfache Formel.
    ES begann die neuen Wirte zu drängen, diese Bedingungen ständig anzubieten. Und die Wirte waren überraschend willig, ES zu gehorchen.

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    A ls ich noch klein war, sah ich einmal eine Varieténummer im Fernsehen. Ein Mann positionierte einen Stapel Teller auf den Spitzen einer Reihe biegsamer Stäbe und hielt sie in der Luft, indem er die Stäbe herumwirbelte, um die Teller in Drehung zu versetzen. Sollte er langsamer werden oder sich auch nur einen Moment abwenden, würden die Teller zu wackeln beginnen und einer nach dem anderen auf den Boden krachen.
    Das ist eine wunderbare Metapher für das Leben, nicht wahr? Wir alle strengen uns an, unsere Teller in der Luft zu halten, und wenn man sie erst einmal oben hat, darf man die Augen nicht mehr abwenden und muss sie ohne Unterlass in Bewegung halten. Nur dass im wirklichen Leben jemand ständig neue Teller hinzufügt, Stäbe versteckt und die Gesetze der Schwerkraft ändert, wenn man gerade nicht hinsieht. Und jedes Mal, wenn man glaubt, alle Teller sauber wirbelnd in der Luft zu haben, hört man hinter sich plötzlich ein