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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Scheppern und Krachen, und eine ganze Reihe von Tellern, von deren Existenz man noch nicht einmal wusste, fällt zu Boden.
    In diesem Fall hatte ich dummerweise angenommen, dass der tragische Tod des Manny Borque einen Teller weniger bedeutete, um den ich mich sorgen musste, da ich nun die Hochzeit planen konnte, wie es sich gehörte, mit kalten Platten im Wert von fünfundsechzig Dollar und einem Kühlapparat mit Limo. Ich könnte mich auf das sehr reale und bedeutsame Problem der Wiederherstellung meines Ich konzentrieren. Und in der Vorstellung, an der Heimatfront wäre es ruhig, wandte ich mich nur einen Moment ab und wurde mit einem spektakulären Krachen hinter mir belohnt.
    Der besagte metaphorische Teller zerschellte, als ich nach der Arbeit Ritas Haus betrat. Es war so still, dass ich annahm, niemand sei daheim, doch ein kurzer Rundgang enthüllte etwas wesentlich Verstörenderes. Cody und Astor saßen reglos auf dem Sofa, und Rita stand hinter ihnen, einen Ausdruck im Gesicht, der mühelos Frischmilch in Joghurt verwandeln konnte.
    »Dexter«, sagte sie, und in ihrer Stimme schallte die Trompete des Jüngsten Gerichts, »wir müssen reden.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte ich, doch ihre Miene bewirkte, dass sich auch nur der Gedanke einer leichtherzigen Antwort zu Staub verflüchtigte, der in der eisigen Luft verwehte.
    »Diese Kinder«, sagte Rita. Anscheinend war das der komplette Gedanke, denn sie funkelte mich nur wütend an und sagte nichts mehr.
    Doch natürlich wusste ich, welche Kinder sie meinte, deshalb nickte ich aufmunternd. »Ja«, sagte ich.
    »Oooh«, sagte sie.
    Nun, wenn Rita so lange brauchte, um einen vollständigen Satz zu formulieren, leuchtete ein, warum das Haus bei meinem Eintreffen so still gewesen war. Die verlorene Kunst der Konversation würde eindeutig einen kleinen Anstoß des Diplomatischen Dexter benötigen, wenn wir rechtzeitig zum Abendessen mehr als sieben Worte wechseln wollten. Und so stürzte ich mich mit meiner legendären Courage kopfüber hinein. »Rita«, fragte ich, »gibt es ein Problem?«
    »Ooh«, machte sie erneut, was mich nicht sonderlich ermutigte.
    Nun, Reaktionen auf einsilbige Worte unterliegen starken Einschränkungen, selbst für einen so begnadeten Plauderer wie mich. Da von Rita eindeutig keine Hilfe zu erwarten war, sah ich zu Cody und Astor, die sich seit meinem Eintreten noch nicht gerührt hatten. »In Ordnung«, sagte ich. »Könnt ihr zwei mir sagen, was mit eurer Mutter los ist?«
    Sie wechselten einen ihrer berühmten Blicke und drehten sich dann wieder zu mir um. »Wir haben das nicht mit Absicht gemacht«, sagte Astor. »Es war Zufall.«
    Das war nicht viel, doch immerhin ein vollständiger Satz. »Freut mich zu hören«, sagte ich. »
Was
war ein Zufall?«
    »Wir sind erwischt worden«, sagte Cody, und Astor stieß ihn mit dem Ellbogen an.
    »Es war keine Absicht«, wiederholte sie mit Nachdruck, worauf sich Cody zu ihr umdrehte und sie ansah, ehe ihm wieder einfiel, worauf sie sich geeinigt hatten; sie starrte ihn wütend an, und er zwinkerte kurz, ehe er langsam in meine Richtung nickte.
    »Zufall«, bestätigte er.
    Schön zu sehen, dass die Kommunikationslinien hinter der vereinigten Front nicht unterbrochen waren, doch ich wusste noch immer nicht, worüber wir seit einigen Minuten mehr oder weniger redeten – Zeit spielte eine große Rolle, denn der Termin des Abendessens rückte näher, und Dexter ist auf regelmäßige Fütterungen angewiesen.
    »Mehr wollen sie dazu nicht sagen«, erklärte Rita. »Und das ist
bei weitem
nicht genug. Ich kann
absolut
nicht begreifen,
wie
ihr die Katze der Villegas zufällig aufhängen konntet.«
    »Sie ist nicht tot«, murmelte Astor so kleinlaut, wie ich sie noch nie erlebt hatte.
    »Und was wolltet ihr mit der Heckenschere?«, forschte Rita.
    »Die haben wir nicht benutzt«, sagte Astor.
    »Aber ihr wolltet, oder nicht?«, sagte Rita.
    Zwei kleine Köpfe wirbelten zu mir herum, und einen Moment später folgte Ritas.
    Ich bin sicher, dass dies nicht beabsichtigt war, doch allmählich begann ein Bild der Geschehnisse Gestalt anzunehmen, und es war kein friedliches Stillleben. Die Kinder hatten sich offensichtlich ohne mich an ein unabhängiges Experiment gewagt. Und schlimmer noch, ich konnte erkennen, dass das irgendwie zu meinem Problem geworden war; die Kinder erwarteten von mir, sie herauszuboxen, und Rita war eindeutig gewillt, durchzuladen und das Feuer auf mich zu eröffnen.

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