Komm zurück, mein dunkler Bruder
schlägt er ja gar nicht hier zu.«
»In Ordnung«, sagte ich. »Ich komme heute ein bisschen später.«
»Gut. Oh – schau mal, dieser Supermarkt sieht gar nicht so schlecht aus. Ich schätze, wir versuchen es mal, da ist eine Parklücke. Tschüs!«
Ich hätte es nie für möglich gehalten, doch offensichtlich hatte Rita gelernt, ohne Atmung zu überleben. Oder vielleicht musste sie auch nur einmal pro Stunde Luft holen wie ein Wal. Wie auch immer, es war eine inspirierende Darbietung, und nachdem ich sie genossen hatte, fühlte ich mich wesentlich gewappneter, gemeinsam mit dem einhändigen Freund meiner Schwester Sturmläden anzubringen. Ich ließ den Wagen an und glitt in den Verkehr.
Wenn Feierabendverkehr Chaos bedeutet, dann bedeutet Feierabendverkehr in Kombination mit einem anrückenden Hurrikan den Das-Ende-der-Welt-ist-da-wir-werden-alle-sterben-aber-du-zuerst-Wahnsinn. Die Leute fuhren, als müssten sie unbedingt jeden umbringen, der zwischen sie und den Einkauf von Verschalungen und Batterien kommen mochte. Die Fahrt zu Deborahs kleinem Haus in Coral Gables war gar nicht besonders lang, doch als ich schließlich in ihre Einfahrt rollte, fühlte ich mich, als hätte ich ein Mannbarkeitsritual der Apachen überlebt.
Als ich aus dem Auto stieg, sprang die Haustür auf und Kyle trat heraus. »He, Kumpel«, rief er. Er winkte fröhlich mit dem Stahlhaken, der die Stelle einnahm, an der sich einst seine linke Hand befunden hatte, und lief mir entgegen. »Ich bin wirklich dankbar für deine Hilfe. Mit diesem verdammten Haken ist es ziemlich schwierig, die Flügelmuttern festzuschrauben.«
»Und noch schwieriger, in der Nase zu bohren«, sagte ich, ein wenig irritiert ob seines munteren Leidens.
Doch anstatt beleidigt zu sein lachte er. »Stimmt. Und noch schwerer, sich den Arsch zu wischen. Komm. Das ganze Zeug liegt hinten.«
Ich folgte ihm zur Rückseite des Hauses, wo Deborah eine kleine, zugewucherte Terrasse hatte. Doch zu meiner großen Überraschung war sie nicht länger verwildert. Die Zweige der Bäume, die über dem Bereich gehangen hatten, waren zurückgeschnitten worden, und das Unkraut zwischen den Platten war komplett verschwunden. Jetzt fanden sich dort drei ordentlich gestutzte Rosenbüsche und eine Bank mit Blumenornamenten, und in einer der Ecken stand ein glänzend polierter Grill.
Ich sah Chutsky an und zog eine Augenbraue hoch.
»Ja, ich weiß«, wehrte er ab. »Ist vielleicht ein bisschen schwul, stimmt’s?« Er zuckte die Achseln. »Es ist schrecklich langweilig, einfach nur herumzusitzen und gesund zu werden. Außerdem lege ich ein bisschen mehr Wert darauf, Dinge in Ordnung zu halten, als deine Schwester.«
»Es sieht sehr hübsch aus«, sagte ich.
»Mhm«, erwiderte er, als hätte ich ihn tatsächlich beschuldigt, schwul zu sein. »Nun, bringen wir’s hinter uns.« Er wies mit dem Kopf auf einen Stapel Wellblech, der an der Hauswand lehnte – Deborahs Sturmläden. Die Morgans lebten bereits in zweiter Generation in Florida, und Harry hatte uns zu guten Sturmläden erzogen. Spare an den Läden, dann zahlst du wesentlich mehr für das Haus, wenn sie nicht halten.
Deborahs Qualitätsläden hatten jedoch den Nachteil, sehr schwer und scharfkantig zu sein. Man brauchte dicke Handschuhe – oder in Chutskys Fall nur einen. Gleichwohl bin ich nicht sicher, ob er diese Möglichkeit, Geld an Handschuhen zu sparen, zu schätzen wusste. Er schien ein wenig härter zu arbeiten, als er musste, wohl um mich wissen zu lassen, dass er nicht wirklich behindert war und meine Hilfe eigentlich gar nicht brauchte.
Auf jeden Fall dauerte es nur eine Dreiviertelstunde, bis wir alle Läden in ihren Halterungen verschraubt hatten. Chutsky kontrollierte ein letztes Mal die Fenstertüren zur Terrasse und hob dann, offensichtlich äußerst zufrieden mit unserer hervorragenden Handwerkskunst, den Arm, um sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen, beherrschte sich aber im allerletzten Augenblick, ehe er den Haken in seine Wange rammen konnte. Er lachte ein wenig verbittert, während er auf den Haken starrte.
»Ich habe mich immer noch nicht an dieses Dinger gewöhnt«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich wache nachts auf und der fehlende Knöchel juckt.«
Schwierig, sich eine kluge oder auch nur gesellschaftlich akzeptable Antwort darauf einfallen zu lassen. Ich hatte nie irgendwo gelesen, was man zu jemandem sagt, der über ein Gefühl in seiner amputierten Hand spricht. Chutsky schien mein
Weitere Kostenlose Bücher