Komm zurück, mein dunkler Bruder
einfach nur und sah zu, wie mir der Schweiß vom Gesicht perlte und auf den Tisch tropfte. Ich hatte keine Ahnung, warum ich wie ein Barrakuda am Haken über den Tisch gesprungen war und das Kabel aus der Wand gerissen hatte, mal abgesehen davon, dass ich aus irgendeinem Grund das Gefühl gehabt hatte, es tun zu müssen oder zu sterben, und ich begriff auch nicht, woher dieser Eindruck gekommen war, doch gekommen war er, war durch die neue Dunkelheit zwischen meinen Ohren gerast und hatte mich mit seiner Dringlichkeit überrumpelt.
Und so saß ich in meinem stillen Büro und gaffte auf den toten Bildschirm, während ich mich fragte, wo ich war und was sich soeben abgespielt hatte.
Ich hatte noch nie Angst gehabt. Furcht war eine Emotion, und Dexter hatte keine. Angst vor einer Website war so weit jenseits von dumm und sinnlos, dass dafür nicht einmal Adjektive existieren. Und ich handelte niemals irrational, es sei denn, ich imitierte menschliche Wesen.
Warum hatte ich dann den Stecker gezogen, und warum zitterten meine Hände? Nur wegen einer fröhlichen kleinen Melodie und einer Zeichentrickkuh?
Es gab keine Antworten. Und ich war auch nicht sicher, ob ich sie noch finden wollte.
Ich fuhr nach Hause, überzeugt, dass ich verfolgt wurde, auch wenn der Rückspiegel während der gesamten Fahrt leer blieb.
Der Andere war wirklich etwas Besonderes, belastbar in einem Ausmaß, das der Beschatter schon lange nicht mehr erlebt hatte. Der hier würde wesentlich interessanter werden als einige in der Vergangenheit. Er begann beinahe so etwas wie verwandtschaftliche Gefühle für ihn zu hegen. Traurig eigentlich. Wenn die Dinge nur anders gelaufen wären. Doch im unausweichlichen Schicksal des Anderen lag eine gewisse Schönheit, und das war auch gut.
Selbst so weit hinter dem Auto des Anderen konnte er die Anzeichen beginnender nervlicher Zerrüttung erkennen: Gas geben und abbremsen, herumspielen an den Spiegeln. Gut. Unbehagen war erst der Anfang. Er musste den Anderen weit jenseits von Unbehagen treiben, und das würde er. Doch zunächst war das Wichtigste, den Anderen wissen zu lassen, was ihm bevorstand. Und bis jetzt schien er das trotz der Hinweise nicht begriffen zu haben.
Nun gut. Der Beschatter würde das Muster einfach wiederholen, bis der Andere erkannte, welche Macht ihn verfolgte. Danach blieb dem Anderen keine Wahl mehr. Er würde wie ein fröhliches Lamm zur Schlachtbank gehen.
Bis dahin hatte auch der Beschatter eine Aufgabe. Lass ihn spüren, dass er beschattet wird. Es würde ihm nicht helfen, selbst wenn er das Gesicht sah, das ihn beobachtete.
Gesichter können sich ändern. Doch die Überwachung nicht.
[home]
20
S elbstverständlich blieb mir der Schlaf in dieser Nacht versagt. Der nächste Tag, Sonntag, verging in einem Nebel aus Erschöpfung und Furcht. Ich ging mit Cody und Astor in einen nahe gelegenen Park und saß auf einer Bank, während ich versuchte, einen Sinn in dem Haufen wenig hilfreicher Informationen und Spekulationen zu entdecken, die ich bis jetzt gesammelt hatte. Die Stücke weigerten sich, sich zu einem Bild zusammenzufügen, das auch nur den geringsten Sinn ergab. Selbst wenn ich sie mit Gewalt in eine semischlüssige Theorie presste, verrieten sie mir nichts, was mir half zu begreifen, wie ich meinen Passagier finden konnte.
Das Beste, was mir einfiel, war die Vorstellung, dass der Dunkle Passagier und seinesgleichen seit mindestens dreitausend Jahren herumhingen. Aber warum meiner vor einem anderen fliehen sollte, war unmöglich festzustellen – insbesondere, da ich zuvor schon anderen begegnet war, ohne dass sich mehr ereignet hätte als ein Sträuben der Nackenhaare. Meine Theorie vom neuen Löwenpapa schien im hellen Sonnenschein des Parks vor dem Hintergrund einander Drohungen zuzwitschernder Kinder besonders weit hergeholt. Basierend auf der Scheidungsrate hatte statistisch gesehen die Hälfte von ihnen neue Väter, und sie schienen prächtig zu gedeihen.
Ich ließ zu, dass Verzweiflung mich übermannte, an einem lieblichen Nachmittag in Miami ein leicht absurdes Gefühl. Der Passagier war verschwunden, ich war allein, und mir fiel keine andere Lösung ein, als Aramäisch zu lernen. Ich konnte nur hoffen, dass ein Brocken gefrorenen Spülwassers aus einem vorüberfliegenden Flugzeug fiel und mich von meinem Elend erlöste. Ich sah hoffnungsvoll nach oben, aber auch dort war mir kein Glück beschieden.
Eine weitere, halb schlaflose Nacht, einzig
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