Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
Vom Netzwerk:
sich, als ich über den Mittelstreifen und hinunter auf die Gegenfahrbahn holperte, und ein großer Betonmischer verfehlte mich nur um wenige Zentimeter, aber dann war ich wieder unterwegs und folgte dem Avalon durch den dünneren Verkehrsstrom nach Süden.
    Weit vor mir bewegten sich mehrere weiße Flecken, von denen jeder mein Ziel sein konnte. Ich trat das Gas durch und folgte ihnen.
    Die Götter des Verkehrs waren gut zu mir. Ich fädelte mich fast eine halbe Meile durch die stetig rollenden Autos, ehe ich auf die erste rote Ampel traf. Vor der Kreuzung warteten in jeder Fahrspur gehorsam mehrere Wagen, und es gab keine Möglichkeit, sie zu umfahren – es sei denn, ich wiederholte mein autozermürbendes Kunststück und holperte über den Mittelstreifen. Was ich tat. Ich tauschte den Mittelstreifen an seinem schmalen Ende gegen die Kreuzung, gerade rechtzeitig, um einem leuchtend gelben Hummer ernsthafte Schwierigkeiten zu bereiten, der närrischerweise versuchte, die Straßen regulär zu benutzen. Er schlingerte wie wahnsinnig, um mir auszuweichen, und hätte es beinahe geschafft; es gab nur einen ganz leichten Bums, als ich von seiner vorderen Stoßstange abprallte, über die Kreuzung und weiter jagte, erneut verfolgt von einem gellenden Hupkonzert und Gebrüll.
    Falls der Avalon sich noch auf der U. S. 1 befand, musste er ungefähr eine Viertelmeile vor mir sein, und ich wartete nicht ab, bis der Abstand sich vergrößerte. Ich tuckerte in meinem getreuen, verbeulten Auto weiter, und nur eine halbe Minute später wurde ich vom Anblick zweier weißer Wagen vor mir belohnt – der eine ein Chevy SUV , der andere ein Minivan. Mein Avalon war nirgends zu sehen.
    Ich bremste nur einen Moment ein wenig ab – und entdeckte aus dem Augenwinkel, wie er sich zu meiner Rechten in einer Einkaufsstraße um die Ecke eines Supermarkts auf den Parkplatz schlich. Ich trat aufs Gaspedal und schleuderte über zwei Fahrspuren auf den Parkplatz. Der Fahrer des anderen Wagens sah mich kommen; er beschleunigte und fuhr auf die Straße, die senkrecht zur U. S. 1 verlief, raste so schnell er konnte in östlicher Richtung davon. Ich hastete über den Parkplatz und folgte ihm.
    Er führte mich ungefähr eine Meile durch ein Wohngebiet, dann um eine weitere Ecke und an einem Park vorbei, in dem ein Kinderbetreuungsprogramm in vollem Gang war. Ich schloss ein wenig auf – gerade rechtzeitig, um eine Frau mit einem Baby auf dem Arm zu erblicken, die zwei weitere Kinder vor uns über die Straße führte.
    Der Avalon beschleunigte und raste über den Bürgersteig, und die Frau schritt langsam weiter über die Straße, während sie mich anstarrte, als sei ich eine Reklametafel, die sie nicht entziffern konnte. Ich versuchte um sie herumzuschleudern, aber eines der Kinder flitzte plötzlich direkt vor mir zurück, und ich stieg auf die Bremse. Mein Auto kreiselte, und einen Moment lang sah es so aus, als würde ich direkt in das langsame, blöde Grüppchen dort auf der Fahrbahn krachen, das mich ohne einen Funken Interesse musterte. Doch dann griffen die Reifen, und es gelang mir, das Steuer herumzureißen, ein wenig Gas zu geben und auf dem Rasen eines Vorgartens auf der anderen Straßenseite einen raschen Kreis zu beschreiben. Dann war ich in einer Wolke von Rasenschnitt wieder auf der Straße und hinter dem Avalon, der jetzt einigen Abstand gewonnen hatte.
    Mehrere Blocks blieb der Abstand unverändert, doch dann war mir das Glück hold. Der Avalon vor mir ignorierte ein weiteres Stoppschild, doch diesmal hängte sich ein Streifenwagen hinter ihn, schaltete die Sirene ein und nahm die Jagd auf. Ich war nicht sicher, ob ich mich über die Gesellschaft freuen oder über die Konkurrenz ärgern sollte, doch in jedem Fall war es wesentlich einfacher, dem Blaulicht und der Sirene zu folgen, deshalb kämpfte ich mich einfach hinter ihnen her.
    Die beiden Autos bogen rasch hintereinander mehrere Male ab, und ich glaubte schon, ein wenig dichter herankommen zu können, als der Avalon plötzlich verschwand und der Streifenwagen schleudernd zum Stehen kam. Innerhalb weniger Sekunden stand ich neben der Streife und stieg aus.
    Vor mir rannte der Polizist über einen kurzgeschorenen Rasen, der von Reifenspuren gezeichnet war, die hinter das Haus zu einem Kanal führten. Der Avalon versank, und während ich zusah, kletterte ein Mann aus dem Fenster und schwamm die kurze Strecke zum jenseitigen Kanalufer. Der Polizist auf unserer Seite zögerte

Weitere Kostenlose Bücher