Komm zurück, mein dunkler Bruder
hinunter«, stellte ich fest. »Hast du mit Deborah geredet?«
»Er ist
tot
, Dexter. Man hat die Leiche gestern Abend gefunden.«
»Nun, dann gehe ich davon aus, dass er lange genug tot bleiben wird, damit du mir verraten kannst, worüber, zum Teufel, du eigentlich redest.«
Vince blinzelte mich an, seine Augen waren plötzlich riesig und feucht. »Manny Borque«, hauchte er. »Er ist ermordet worden.«
Ich gebe zu, dass meine Reaktion gemischt war. Einerseits war ich bestimmt nicht traurig, dass jemand anders den kleinen Troll auf eine Weise aus dem Weg geräumt hatte, die mir aus moralischen Gründen versagt war. Doch andererseits musste ich nun einen neuen Caterer finden – und, ach ja, vermutlich würde ich bei dem zuständigen Detective eine Art Aussage machen müssen. Verärgerung kämpfte mit Erleichterung, doch dann fiel mir ein, dass die Doughnuts ebenfalls alle waren.
Und so war die Reaktion, die sich durchsetzte, der Ärger wegen all der Unannehmlichkeiten, die bestimmt folgen würden. Aber Harry hatte mich gut ausgebildet, und so wusste ich, dass diese Reaktion auf die Nachricht vom Tod eines Bekannten nicht wirklich akzeptabel war. Darum tat ich mein Bestes, mein Gesicht zu einer Miene zu verziehen, die Erschrecken, Sorge und Trübsal ausdrückte. »Wow«, sagte ich. »Ich hatte keine Ahnung. Weiß man schon, wer es getan hat?«
Vince schüttelte den Kopf. »Der Bursche hatte keine Feinde«, sagte er und schien sich nicht bewusst zu sein, wie unwahrscheinlich diese Bemerkung jedem erscheinen musste, der Manny jemals kennengelernt hatte. »Ich meine, er flößte einfach jedem
Ehrfurcht
ein.«
»Ich weiß. Die Zeitungen haben über ihn berichtet und so.«
»Ich kann einfach nicht fassen, dass jemand ihm das angetan hat«, meinte er.
In Wahrheit konnte ich nicht fassen, dass es so lange gedauert hatte, bis jemand ihm das angetan hatte, aber es schien nicht besonders diplomatisch, dies auch zu äußern. »Nun, ich bin sicher, sie finden den Mörder. Wer hat den Fall übernommen?«
Vince sah mich an, als hätte ich ihn gefragt, ob er glaubte, dass morgens die Sonne aufging. »Dexter«, antwortete er verblüfft. »Er wurde geköpft. Alles genau wie bei den drei Universitätsmorden.«
Als ich noch jung war und heftig bemüht, mich anzupassen, spielte ich eine Weile Football, und einmal war ich schwer in den Magen getroffen worden und hatte einige Minuten keine Luft mehr bekommen. Momentan fühlte ich mich ähnlich.
»Oh«, machte ich.
»Deshalb hat man ihn natürlich deiner Schwester übertragen«, erklärte er.
»Natürlich.« Plötzlich kam mir ein Einfall, und als lebenslanger Jünger der Ironie fragte ich ihn: »Er wurde doch nicht geröstet, oder?«
Vince schüttelte den Kopf. »Nein.«
Ich stand auf. »Ich sollte wohl besser mit Deborah reden.«
Als ich in Mannys Appartement eintraf, war Deborah nicht in der Stimmung für ein Gespräch. Sie beugte sich gerade über Camilla Figg, die die Beine des Tischs am Fenster auf Fingerabdrücke einstäubte. Sie sah nicht auf, weshalb ich in die Küche linste, wo Angel-keine-Verwandtschaft über die Leiche gebückt stand.
»Angel«, grüßte ich, und dann fiel es mir schwer, meinen Augen zu trauen, deshalb fragte ich ihn. »Ist das dort drüben wirklich ein Mädchenkopf?«
Er nickte und stocherte mit einem Kugelschreiber an dem Kopf herum. »Deine Schwester meint, dass er vermutlich zu dem Mädchen vom Museum gehört«, erwiderte er. »Sie haben ihn hier plaziert, weil der Typ so ein
bugero
ist.«
Ich betrachtete die beiden Schnitte, einer direkt über den Schultern, der andere genau unterhalb des Kinns. Derjenige am Kopf entsprach denen, die wir bereits gesehen hatten, sauber und sorgfältig ausgeführt. Doch der an der Leiche, von der anzunehmen war, dass es sich um Manny handelte, war wesentlich grober, wie in Eile ausgeführt. Die Ränder der beiden Wunden waren sorgsam zusammengefügt, doch natürlich passten sie nicht wirklich. Sogar auf mich allein gestellt, ohne düsteres inneres Murmeln, konnte ich erkennen, dass etwas irgendwie anders war, und ein kleiner eisiger Finger, der über meinen Nacken krabbelte, zeigte an, dass diese Andersartigkeit sehr wichtig sein könnte – vielleicht sogar für meine gegenwärtigen Schwierigkeiten –, doch abgesehen von diesem vagen und unbefriedigenden Gespenst eines Fingerzeigs gab es hier nichts für mich außer Unbehagen.
»Gibt es noch eine Leiche?«, fragte ich ihn, weil mir der arme,
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