Komm zurueck nach Italien
umlaufende Balustrade, sondern einzelne Balkone. Die waren durch Mauern und kunstvoll verzierte Bogenreihen voneinander getrennt und abgesetzt und reichten so tief ins Haus, dass man selbst in der Mit tagshitze kühl und schattig sitzen und den atemberaubenden Blick weit über die Bucht von Neapel genießen konnte.
Die Terrasse im Erdgeschoss nahm das architektonische Muster der Balkone auf und wurde ebenfalls durch Mauerbogen begrenzt. Die imposante Treppe, die zu dieser Terrasse führte, betonte den herrschaftlichen Charakter der Villa, die jeden Luxus bot. Garagen, Reitstall, zwei Tennisplätze und ein riesiger Swimmingpool lagen in einer Senke hinter dem Haus versteckt, so dass sie den klassisch schönen Anblick nicht störten.
Vito hielt direkt vor der Treppe. Santo konnte gar nicht schnell genug aus seinem Sitz kommen. „Beeil dich, Mummy!” bat er ungeduldig. „Nonna soll mich nicht kommen hören, ich möchte sie überraschen!”
Catherine stieg aus, kippte ihren Sitz nach vorn und sah ihrem Sohn nach, wie er die Treppen hochstür mte und die Eingangstür aufriss. „Nonna, nonna, wo bist du?” Seine Stimme überschlug sich fast vor Aufregung. „Ich bin es, Santo! Ich bin wieder zu Hause!”
Zu Hause … Catherine lächelte bitter, denn sie musste zugeben, dass jeder unvoreingenommene Betrachter meinen musste, der kleine Junge mit dem schwarzen Haar und den dunklen Augen würde hierher gehören. Er redete Italienisch, als hätte er nie eine andere Sprache gesprochen, und lief ins Haus, ohne anzuklopfen oder zu klingeln.
Vito, der ebenfalls ausgestiegen war und die kleine Szene be obachtete hatte, lächelte Catherine zu. „Hier”, sagte er, als er sah, wie ihr Mundwinkel verdächtig zu zucken begannen, und warf ihr den Autoschlüssel zu. „Nimm es nicht so tragisch. Das soll ein kleines Trostpflaster sein.”
Verwirrt blickte Catherine auf das kleine Lederetui in ihrer Hand und fragte sich, ob sie den Wagen in die Garage fahren solle. Doch dann verstand sie. Vito hatte gespürt, wie tief sie getroffen war, und - schenkte ihr den teuren Sportwagen.
Oder wollte er sie nur veralbern? Sie sah ihn an, doch seine Miene war undurchdringlich, zumal seine Augen hinter den verspiegelten Gläsern der Sonnenbrille verborgen waren. Eins je doch fühlte sie ganz deutlich: Hier, in seiner gewohnten Umgebung, wirkte er noch mehr wie der stolze Italiener, der er war. Er hatte den Kopf leicht zurückgelegt, die Sonne ließ sein schwarzes Haar bläulich glänzen, und seine Lippen umspielte ein arrogantes Lächeln.
Er schien genau zu wissen, wie er auf sie wirkte: erregend. Ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, ging ihr Atem plötzlich schneller, und die Knospen ihrer Brüste zeichneten sich deutlich unter ihrem dünnen Sommerkleid ab.
Es war schrecklich, und es war ihr peinlich, aber er schlug sie völlig in seinen Bann. Selbst seine stark behaarten Unterarme, die unter den aufgekrempelten Hemdsärmeln zum Vorschein kamen, wirkten unheimlich erotisierend.
„Das kann ich nicht annehmen!” antwortete sie, viel zu laut und zu heftig. Leise fügte sie hinzu:
„Das Auto ist viel zu teuer. Irgendwo muss doch noch mein Auto stehen.” Sie sah sich um, als würde sie erwarten, ihren alten Kleinwagen neben der Villa geparkt zu sehen.
„Das hat schon längst den Geist aufgegeben.” Er lächelte ironisch. „Anscheinend konnte es nicht verwinden, dass du es im Stich gelassen hast.”
Catherine biss sich auf die Lippe. Sie wollte keine Geschenke von Vito!
Er seufzte. „Catherine, füge dich ins Unabänderliche, und sage taktvoll Danke.”
„Ebenso taktvoll, wie du mir das Geschenk angeboten hast?” fragte sie hitzig.
Seinem Gesichtsausdruck sah sie an, dass diese Kritik ihn getroffen hatte. Bevor er aber noch antworten konnte, erschien seine Mutter auf der Terrasse.
Luisa war Anfang sechzig, schlank, hielt sich gerade und schien das Geheimrezept der ewigen Jugend gefunden zu haben. Ihre Haut war zart und glatt und ihr Haar, wenn auch mit Hilfe ihres Friseurs, immer noch tiefschwarz. Aber es war ihr Wesen, das die Leute faszinierte und anzog.
Luisa war selbstlos, warmherzig und mütterlich. Wenn sie überhaupt einen Fehler hatte, dann war es die Unfähigkeit, die dunklen Seiten ihrer Mitmenschen zu erkennen.
Auch nicht die ihres Sohnes, ihrer Schwiegertochter - oder ihres Patenkindes Marietta.
„Liebes, ich kann dir gar nicht sagen, wie ich mich freue, dich hier wieder zu sehen!” Luisa eilte auf
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