Kommandosache HC-9
Ende des unbekannten Bootes. Ich konnte deutlich feststellen, daß unser Torpedo dicht über dem Buckelturm detoniert war. Das war aber auch alles, was ich mit den Blicken erhaschen konnte.
Der stählerne Fisch verwandelte sich schlagartig in ein zerberstendes Gebilde, das von den unheimlichen Kräften förmlich atomisiert wurde.
Im nächsten Augenblick dröhnte unser Kreuzer auf, als wollte er sich ebenfalls in seine Bestandteile auflösen. Es donnerte und krachte so ohrenbetäubend, daß mir der Schädel schmerzte. In dem kurz aufzuckenden Licht sah ich den weit aufgerissenen Mund des I. O. Er schrie sicherlich, doch ich konnte keinen Ton hören.
Dann erfaßte uns endgültig die Druckwelle, die sich nun gewaltsam nach oben durchgearbeitet hatte. Wir konnten uns nur noch am Rande der entfesselten Gewalten befinden, trotzdem wurde unser Sechstausend-Tonnen-Kreuzer mit unheimlicher Wucht nach oben gerissen. Wir schossen meterhoch aus den brodelnden und verdampfenden Wassermassen heraus, fielen schwer in die Fluten zurück und wurden nochmals hochgerissen.
Es war ein Wunder, daß der Druckkörper diesen Kräften trotzen konnte.
Ich hörte das schrille Heulen unserer Triebwerke, als sie sekundenlang im Leerlauf rasten. Dann tauchten wir wieder ein. Plötzlich wurde es ruhiger. Das Boot rollte noch wie ein verwundeter Riesenfisch, doch wir waren endgültig aus dem Randgebiet der Druckwelle heraus.
Weit hinter uns stiegen Fontänen aus der kochenden See auf. Gischtend, brühheiß und verdampfend schossen die Fluten in den wolkenverhangenen Himmel. Als die aufgewühlten Wassermassen wieder zurückfielen, waren wir schon weit entfernt. Das Grollen verhallte. Das Boot wurde von den vollautomatischen Stabilisatoren aufgefangen. Vorübergehend flackerte das licht noch leicht; dann strahlten die Leuchtröhren wieder in hellem Glanz.
Stöhnend richtete ich mich vom Boden auf. Unbewußt fuhr ich mir mit dem Handrücken über mein blutverschmiertes Gesicht. Neben mir erhob sich taumelnd der Erste Offizier. Sein Gesicht war verzerrt und leichenblaß.
Ich achtete nicht auf die erregten, überall aufklingenden Rufe, sondern stürzte an die Mikrophone.
»L. I.«, schrie ich hinein, »ist das Boot noch klar? Maschine, sofort Meldung abgeben.«
»Wassereinbruch im achteren Torpedoraum«, gab der Chef-Ingenieur ruhig durch. »Lecksicherungskommandos unterwegs. Trimmzellen 8, 13 und 14 sind leckgeschlagen. Das achtere Steuerbord-Tiefenruder klemmt.«
»Trimmen Sie den Hering aus«, rief ich ruhiger zurück. »Maschine, wie sieht es bei Ihnen aus?«
»Keine Schäden, Sir«, berichtete der diensthabende Ingenieur. »Geringfügiger Wassereinbruch kann abgedichtet werden. Fahrt kann gehalten werden.«
»Gehen Sie auf reduzierte Marschfahrt fünfzig Meilen. L. I., auf vierzig Meter Tiefe abtauchen. Lassen Sie den Kahn nicht absacken!«
Die Meldungen aus den anderen Abteilungen kamen ohne Verzögerung. Die übrigen Besatzungsmitglieder waren völlig verstört, doch sie reagierten einwandfrei. Aus den Meldungen ergab sich, daß die Schäden nur achtern aufgetreten waren, da sich die Druckwelle dort am stärksten ausgewirkt hatte.
Ich setzte mich auf den Drehsessel des Kommandanten und blickte die Männer an. Einige von ihnen grinsten schon wieder.
»Das …, das war aber verflucht nahe, Sir!« äußerte der I. O. »Der Sprengkopf hatte immerhin eine Energieentwicklung von sechshundert Tonnen TNT. Wenn wir nicht im ›weichen‹ Wasser dicht unter der Oberfläche gewesen wären, hätte es uns zerrissen.«
»Was denken Sie wohl, weshalb ich vor dem Schuß aufgetaucht bin?« entgegnete
Weitere Kostenlose Bücher