Kommandosache HC-9
immer nicht darüber klar war, was die Manöver zu bedeuten hatten, traute ich dem Frieden nicht mehr. In mir kam ein ungutes Gefühl auf, zumal ich mich daran erinnerte, daß ich nur ein Pseudo-Kommandant war. Natürlich war ich verantwortlich für das Boot, aber ich hatte auch meine weitreichenden Sondervollmachten als Captain der GWA in der Tasche.
Wir waren nur noch knapp fünfzig Meter unterhalb der Wasseroberfläche. Unter uns kam der schwarze Stahlrumpf mit steil nach oben gerichtetem Bug angeschossen.
Unser L. I. brachte den Kreuzer wieder in die waagerechte Lage. Kurz danach klang seine Stimme auf:
»L. I. an Kommandant. Boot befindet sich auf Antennentiefe. Frage: Soll Richtstrahler ausgefahren werden?«
Ich zögerte einige Augenblicke. Plötzlich vernahm ich die pochenden Schläge, die durch den ganzen Rumpf liefen.
»Was ist das?« erkundigte sich der Erste. »Das ist keine Asdic-Ortung. Das klingt anders.«
Ein seltsames Gefühl ergriff mich! Eine dringende Warnung, die mich immer mahnte, wenn irgend etwas gefährlich war.
Ich zögerte keine Sekunde mehr.
»Heck-Torpedoraum, Achtung!« brüllte ich in die Mikrophone. »Rohr eins klar zum Schuß.«
»Rohr eins klar«, wurde gemeldet. »Fernsteuergerät zur Zielkurseinweisung läuft. Robotsteuerung in Torpedokopf läuft.«
»Rohr eins … Los …!«
Weit hinten, im achteren Torpedoraum, zischte es kurz auf. Zusammen mit einem quirlenden Preßluftstrom schoß der zehn Meter lange Torpedo aus dem Ausstoßrohr. Auf den Heckbildflächen des Radarbreitstrahlers erschien er als blitzender Strich, der unter der Entwicklung einer Leuchterscheinung und aufwallender Wassermassen erst nach achtern und dann plötzlich nach unten schoß.
Der Torpedo war mit einem Feststoffraketentriebwerk ausgerüstet, das auch unter Wasser arbeitete, da der zur Verbrennung notwendige Sauerstoff im Treibsatz enthalten war.
Diese Torpedos erreichten eine Geschwindigkeit von einhundertsiebzig Knoten und liefen vier Meilen weit. Fehlschüsse waren so gut wie unmöglich. Die vollautomatischen Robotzielgehirne waren jahrelang erprobt und immer wieder verbessert worden.
Der Aal verschwand. Unser Kreuzer jagte weiter.
Das seltsame Pochen hatte sich zu einem kreischenden Geräusch verstärkt, das den gesamten Bootskörper erzittern ließ.
Wir hielten uns krampfhaft an den Halteschlingen fest, die überall im Boot angebracht waren. Die Sichtgläser der Instrumente führten einen seltsamen Tanz auf. In diesem Augenblick drang die Stimme des Leitenden Ingenieurs aus allen Lautsprechern.
»Sir«, schrie er, »wir werden offenbar mit einem Ultraschall-Strahler angegriffen. Ich kenne das bohrende Heulen aus den letzten Manövern, bei denen wir ebenfalls Versuche mit einem Unterwasserschallstrahler durchführten. Wenn der Torpedo nicht sitzt, dann …«
Der L. I. beendete den Satz nicht mehr. Im nächsten Sekundenbruchteil wurde ich mit größter Wucht auf den Boden der Zentrale geschleudert.
Der I. O. fiel schwer auf meine Beine. Dicht vor mir schrie jemand gellend auf.
Der U-Kreuzer war von der verheerenden Druckwelle erfaßt worden, die durch die Detonation des Atomsprengkopfs des Torpedos erzeugt worden war.
Das Licht begann zu flackern, doch die Bildfläche des Objekttasters arbeitete einwandfrei weiter.
Ich sah den grellweißen Feuerschein, der tief unter uns in der nachtschwarzen See aufglutete. Ich bemerkte auch die blutrot leuchtenden Wasserdampfmassen, die infolge der hohen, thermischen Wirkungsgrade der Kernspaltung dort unten brodelten.
Die Explosion fand in einer Wassertiefe von dreihundertvierzig Meter statt. Das war das
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